Читать книгу Die mündlichen Anleitungen des Mahamudra - Geshe Kelsang Gyatso - Страница 28
ОглавлениеDIE KANÄLE
In diesem Zusammenhang sind die Kanäle jene Kanäle in unserem Körper, die Gefäße für die weißen und roten Tropfen sind sowie für die sich bewegenden Winde, die die Geistesarten tragen. Es gibt drei Hauptkanäle, den Zentralkanal und den rechten und linken Kanal. Der Zentralkanal wird auch «Dhuti» genannt und ist der wesentliche Kanal des Körpers.
Wir denken über das Folgende nach:
Der Zentralkanal, der nur so breit wie ein Strohhalm ist, liegt genau zwischen der linken und rechten Körperhälfte, allerdings etwas näher am Rücken als vorne. Er verläuft, wie die Säule des Körpers, in einer geraden Linie vom Scheitel des Kopfes hinab zur Spitze des Geschlechtsorgans.
Er hat folgende Merkmale: Er ist außen hellblau und innen ölig-rot. Er ist gerade, weich und biegsam, und er ist klar und durchscheinend.
Rechts vom Zentralkanal ist der rechte Kanal, der rotfarbig ist und in einer geraden Linie vom Scheitel bis zur Spitze des Geschlechtsorgans verläuft.
Links vom Zentralkanal ist der linke Kanal, der weißfarbig ist und in einer geraden Linie vom Scheitel bis zur Spitze des Geschlechtsorgans verläuft.
Für unsere gegenwärtigen Zwecke ist es nicht nötig, über die vier Kanal-Räder, die sechs Kanal-Räder und so weiter zu meditieren. Vor allem müssen wir immer wieder über die oben erwähnten Merkmale des Zentralkanals nachdenken und uns darin schulen, ein klares allgemeines Bild des Zentralkanals wahrzunehmen.
DIE TROPFEN
Die Tropfen verweilen innerhalb der Kanäle, sind von Natur aus feucht und flüssig und dienen dazu, Glückseligkeit zu erzeugen, wenn sie schmelzen. Es gibt zwei Arten: weiße Tropfen und rote Tropfen.
Wenn die weißen Tropfen schmelzen, die die Essenz des Spermas sind, dienen sie dazu, bei Männern Glückseligkeit zu erzeugen. Wenn die roten Tropfen schmelzen, die die reine Essenz des Blutes sind, dienen sie dazu, bei Frauen Glückseligkeit zu erzeugen. Durch die Kraft der Vereinigung von Mann und Frau tritt das innere Feuer oder Tummo, das die Essenz von Blut und die Natur von Feuer oder Hitze ist, und das sich jeweils in ihrem Nabel befindet, in die Kanäle ein. Dies führt dazu, dass die weißen Tropfen in den Kanälen schmelzen und Glückseligkeit im Mann erzeugen, und dazu, dass die roten Tropfen in den Kanälen schmelzen und Glückseligkeit in der Frau erzeugen.
Bei denjenigen, die Verwirklichungen der Vollendungsstufe erlangt haben, treten die Winde des rechten und linken Kanals durch die Kraft der Meditation in den Zentralkanal ein, verweilen und lösen sich auf. Dadurch wird das innere Feuer im Nabel innerhalb des Zentralkanals lodern, was dazu führt, dass die Tropfen innerhalb des Zentralkanals schmelzen und Glückseligkeit erzeugen. Diese Glückseligkeit wird «große Glückseligkeit» genannt. Dies ist im Mahamudra die Glückseligkeit der Vereinigung von Glückseligkeit und Leerheit. Eine solche große Glückseligkeit wird im Urtext des Mahamudra als die Essenz des Höchsten Yoga Tantra bezeichnet.
Es gibt drei Arten von Tropfen: grob, subtil und sehr subtil. Von der ersten Art sind die Tropfen innerhalb des rechten und linken Kanals, von der zweiten die allgemeinen Tropfen innerhalb des Zentralkanals und die dritte Art bezeichnet den besonderen Tropfen in der Mitte des Zentralkanals im Herzen, der «der unzerstörbare Tropfen» genannt wird.
Die Tropfen werden auch «Bodhichittas» genannt. In diesem Zusammenhang ist Bodhichitta große Glückseligkeit, weil große Glückseligkeit die Hauptursache des Bodhi oder der Erleuchtung ist. Im Hinblick auf die Tropfen wird der Ursache, dem Schmelzen der Tropfen, der Name ihrer Auswirkung, große Glückseligkeit, gegeben.
DIE WINDE
In diesem Zusammenhang verweilen die Winde innerhalb der Kanäle, sie sind von Natur aus leicht und beweglich und dienen den Geistesarten als Träger. Es gibt zehn innere Winde, fünf Ursprungswinde und fünf Zweigwinde. Diese sollten mithilfe des Buches Das klare Licht der Glückseligkeit verstanden werden.
Die Winde innerhalb der Kanäle sind subtile Winde und ohne sie könnten Geistesarten nicht funktionieren. Es ist die Funktion dieser Winde, den Geist zu seinem Objekt zu bewegen. Denkt unser Geist zum Beispiel an den Mond am Himmel, dann erreicht dieser Geist den Mond durch die Kraft des Windes, der ihn trägt. Unser Geist selbst ist wie jemand der Augen hat, aber keine Beine, und unsere inneren Winde sind wie Blinde, die Beine haben.
Indem wir uns auf den Yoga des Windes verlassen, wird unser Geist rein, sobald die inneren Winde in unseren Kanälen rein werden. Und wenn unser Geist vollkommen rein ist, sind wir erleuchtet. Üben wir Tantra in einer reinen Weise, ist es nicht schwer, Erleuchtung zu erlangen. Dies wird durch die wahren Geschichten von Gyalwa Ensäpa und vielen seiner Schüler bezeugt, die den Zustand der Vereinigung der Buddhaschaft mit Leichtigkeit innerhalb eines kurzen Lebens erlangten.
Die Kanäle, Tropfen und inneren Winde werden der «Vajrakörper» genannt. Obwohl sie nicht unser eigentlicher Körper sind, sind sie Teile unseres Körpers und werden deshalb «Körper» genannt. Hier bedeutet «Vajra» «große Glückseligkeit». Da die Kanäle, Tropfen und Winde die Ursachen sind, durch die große Glückseligkeit erzeugt wird, erhält die Ursache den Namen der Auswirkung, indem man sie «Vajra» nennt.
Da die inneren Winde, die im rechten und linken Kanal fließen, Träger des Geistes des Festhaltens am Selbst sind, sind sie Objekte, die aufgegeben werden müssen. Wir geben sie auf, indem wir sie durch Meditation in den Zentralkanal auflösen, bis sie verschwinden. Die inneren Winde des Zentralkanals werden «Weisheitswinde» genannt, da sie als Träger für die Weisheit der großen Glückseligkeit dienen.
Damit endet eine kurze Einführung zu den Kanälen, Tropfen und Winden.
Wie dringen wir in die Kanäle, Tropfen und Winde, den Vajrakörper ein? Hier ist damit die Meditation über den Zentralkanal, den unzerstörbaren Tropfen und den unzerstörbaren Wind gemeint.
Dies wird in drei Teilen erklärt:
1. Über den Zentralkanal meditieren, der Yoga des Zentralkanals
2. Über den unzerstörbaren Tropfen meditieren, der Yoga des Tropfens
3. Über den unzerstörbaren Wind meditieren, der Yoga des Windes