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D wie DINNER CANCELLING

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Oder: „Vergelt’s Gott, Hochwürden, vergelt’s Gott, aber ich muss schon speiben!“

Das Angebot an Diätbüchern in den Buchläden ist auch Ausdruck einer Gesellschaft, die materiell im Überfluss lebt und ihre Sinnsuche in Gesundheits-, Schlankheits- und Schönheitskulte verlegt hat. Auch kirchliche Kost wird auf die Diätlisten der säkularisierten Gesellschaft verbannt. Was tun, wenn zum christlichen Gastmahl zwar alle eingeladen sind, aber keiner zum Essen erscheint? Ägidius Zsifkovics erinnert seine Amtskollegen bei einer Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz in Brüssel daran, dass das Evangelium nie ein Mastprogramm war, sondern die Anleitung, Salz im Teig des Lebens zu sein. Es ist das Gastmahl im größten aller Säle, der nie voll ist und in den immer irgendjemand eingeladen werden möchte. Voraussetzung: Gastgeber, die nicht nur einladen, sondern selbst einladend wirken.

Die Situation, in welcher der christliche Glaube, die Kirche, ihre Priester, Bischöfe und alle, die im Verkündigungsdienst stehen, sich heute befinden, könnte wohl kaum prägnanter auf den Punkt gebracht werden als mit dem Gleichnis vom Festmahl, das wir im Lukas-Evangelium finden. Darin ist die Rede von jemandem, der zu einem großen Festmahl einlädt und seinen Diener ausschickt, um die Einladung persönlich zu überbringen. Doch keiner der Geladenen folgt der Einladung. Alle haben eine Entschuldigung. Alle bleiben zu Hause.

Hier an diesem Ort, nahe bei den Institutionen der EU und den politischen Schaltstellen des Vereinten Europa, bekommen wir ein kontinentales Gefühl für die Enttäuschung des erfolglosen Dieners im Evangelium. Die Kirche in Österreich und in ganz Europa lädt ein – und immer mehr Menschen, auch wichtige gesellschaftliche Entscheidungsträger, folgen der Einladung nicht! Ohne Pathos und Wehleidigkeit können wir es sagen: So sehr das Christentum eine der Wurzeln Europas ist, so sehr erleben wir als Kirche täglich, wie es im politischen und gesellschaftlichen Kontext Österreichs, aber auch im europäischen Projekt zunehmend zum Fremdkörper zu werden scheint. Wir erleben eine Marginalisierung christlicher Identität, ja sogar regelrechte kirchliche Rückzugsgefechte in ethischen Fragen – seien es die skandalösen Methoden der Fortpflanzungsmedizin, die verbrauchende Embryonenforschung oder die rechtliche Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe, die im christlichen Verständnis nun mal an Nachkommenschaft geknüpft ist und einen unveräußerlichen Wert als Keimzelle der Gesellschaft besitzt. Ja und es scheint sogar so, als ob nicht nur anderweitige Verpflichtungen die Geladenen abhalten würden, sondern ein kategorisches Unverständnis für das Festmahl an sich vorliege. Mehr und mehr wird den Christen in der europäischen Gesellschaft signalisiert: Eure Werte sind nicht unsere Werte!

Diese Situation erinnert mich ein wenig an den burgenländischen Mesner vom Land, dem sein Pfarrer eine echte Freude machen wollte und ihn zu einem Festschmaus in den Pfarrhof einlud. Der Pfarrer hat dem guten Mann immer wieder nachgelegt, eine Scheibe Schweinsbraten mit Krautsalat hier, eine Blunze dort, zuletzt noch die burgenländische Mehlspeis, bis sich der Mesner, der aus Gehorsam schon weit über den Hunger hinaus gegessen hatte, schließlich nicht mehr erwehren konnte und zum Pfarrer im Tonfall größter Ehrerbietung sagte: „Vergelt’s Gott, Hochwürden, vergelt’s Gott, aber ich muss schon speiben.“

Auch die Kirche will den Menschen zur Freude führen, jener Freude, die vor 2000 Jahren den Hirten auf den Feldern von Bethlehem verkündet wurde. Doch wir verkaufen kein Fast Food, sondern bieten den Menschen gewichtige Antworten auf existentielle Fragen an. Haben wir sie dabei überfordert? Sind wir mit unserem Speiseplan zu aufdringlich gewesen? Haben wir die anspruchsvolle Speise so schlecht zubereitet, dass die Menschen die hochwertige geistliche Nahrung des Evangeliums gar nicht in sich aufnehmen können? Haben wir als Institution wirklich so viel Wein getrunken, wie man uns gerne vorwirft, während wir den Menschen das Wasser gepredigt haben?

Vieles davon mag zutreffen. Und doch ist es nicht die volle Erklärung für die Ablehnung und die Gleichgültigkeit, die dem Christentum heute widerfährt. Waren nicht schon Jesus, seine Jünger, Petrus und Paulus und die ersten Gemeinden von all dem betroffen? Dass das Christentum später als Staatsreligion den Ehebund mit der weltlichen Macht eingegangen ist, die Christus zu ihrem Logo machte, hat den „Skandal“ des Christentums nur über Jahrhunderte hinweg zugedeckt. Das eigentliche Ärgernis des Christentums mit seinem „Wider die Welt!“ ist damals wie heute unverändert gegeben.

Wir kennen aber die Antwort des Hausherrn im Evangelium, die auf die Absage der Geladenen folgt: „Geh hinaus und führe die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Lahmen herein!“ Der Herr selbst lehrt uns hier die Methode der Neuevangelisierung: Jesus schickt uns immer wieder aus, um zu seinem himmlischen Gastmahl einzuladen. Egal, wie ernüchternd die Absagen auch sein mögen. Die Säkularisierung verlangt von der Kirche, die eigene Präsenz in der Gesellschaft neu zu überdenken – und zu erkennen, dass die vielen und ständig neuen Formen der Armut der tätigen Nächstenliebe unbekannte Räume eröffnen! Die Authentizität der Neuevangelisierung trägt das Antlitz der Armen – auch und gerade in Europa! Darin liegt die Chance einer Entflechtung von alten gesellschaftlichen Mustern hin zum Ureigensten des Christentums: zum Evangelium!

„Es ist aber noch Raum da!“, sagt der Diener, nachdem er bereits die Armen und Kranken in den Festsaal geholt hat. Dieser sich festen Abmessungen entziehende Raum ist die Kirche selbst. Die Kirche ist, wie die Weltbischofssynode von 2012 festgehalten hat, „der Raum, den Christus in der Geschichte anbietet, um ihm begegnen zu können.“ Ihr hat er sein Wort und seine Sakramente anvertraut. In diesem Raum ist in besonderem Maße Platz auch für die, die draußen stehen, an den „Zäunen“, die Fernen, die wir wieder vermehrt zum Mahl rufen müssen – auch und gerade in Europa! Dabei soll uns bewusst sein, dass sich unser persönlicher Glaube als Christen und als Bischöfe ganz in der Beziehung entscheidet, die wir selbst mit der Person Christi aufbauen, der uns selbst als seinen Dienern als erster entgegengeht: Neuevangelisierung beginnt bei uns selber und bei der eigenen Bekehrung. Aus dieser eigenen Bekehrung heraus werden wir glaubhafte Gastgeber sein, denen die Menschen folgen und vertrauen können.

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