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A wie ANTI-AGING

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Oder: Was macht ein König in der Midlife-Crisis?

Anti-Aging, Botox und Chemisches Peeling sind das ABC, aus dem die postmodernen Heilserwartungen derer buchstabiert sind, die sich’s leisten können. Sie sind die Signatur einer Gesellschaft, die ihre Kinder zu kleinen Erwachsenen stilisiert und Erwachsene als dauervitale Berufsjugendliche zeigt. Von diesem Phänomen ausgehend lenkt Ägidius Zsifkovics den Blick auf die Heiligen Drei Könige als Sinnbild der Vergänglichkeit des Menschen und seiner Suche nach dem Sinn.

Man muss nicht unbedingt die Kirche als moralische Instanz bemühen, um die Verirrungen des modernen Menschen zu benennen. Selbst die Popkultur übt Kritik am grassierenden Jugendwahn. Beispiel einer solchen Kritik, wie sie die biblischen Propheten nicht schärfer hätten formulieren können, ist der Song „Warum sind wir hier?“ der Popgruppe Ganz Schön Feist. Die jungen Musiker stellen darin folgende Fragen:

„Sind wir hier, um in einer Wohnung zu wohnen,

Die Schuhe auszuziehn‘ und den Teppich zu schonen?

Sind wir hier, um zum Erhalt der Menschheit beizutragen,

Kinder zu zeugen und sie dann zu schlagen?

Sind wir hier, um mit Sägespänen Tiere auszustopfen,

Tiere mit ´nem Hammer an die Wand zu klopfen?

Sind wir hier, um uns Fett in die Lippen zu spritzen,

Das Fett aus dem Arsch, auf dem wir sitzen?

Warum sind wir hier? Warum sind wir hier?“

Die titelgebende Frage – „Warum sind wir hier?“ – wird in diesem Song ganze 24 Mal wiederholt. Sie wird zwischendurch sogar als „Mutter aller Fragen“ bezeichnet, und sie ist es wirklich. Dass sie mit gesellschaftlichen Praktiken des Präparierens und Konservierens – von Tieren wie von Menschen – in Verbindung gebracht wird, ist ebenso wenig ein Zufall wie ihr Konnex zum untätigen „Auf dem Arsch“-Sitzen. Denn wo die menschliche Sinnfrage nicht ausreichend beantwortet wird, beginnt der Mensch und mit ihm die ganze Gesellschaft krank zu werden und auch in seinem Vermögen zu gesunder, weltverbessernder Aktion zu stagnieren.

Warum also sind wir hier?

Die Kirche feiert am 6. Januar, dem Dreikönigsfest, das Fest der Erscheinung (Epiphanie) des Herrn. Christus, der als Sohn Gottes das Menschsein angenommen hat, offenbart im Evangelium an drei Stellen seine Herrlichkeit: Einmal in der Huldigung der Weisen vor dem Kind in der Krippe, dann in der Stimme des Vaters bei der Taufe Christi im Jordan und zuletzt durch das Weinwunder auf der Hochzeit zu Kana. In der Kunstgeschichte wird aber gerade die Huldigung der Weisen bzw. Könige auf oft sehr interessante Weise dargestellt. Auf spätmittelalterlichen Tafelgemälden fällt auf, dass die drei Weisen in drei unterschiedlichen Lebensaltern gezeigt werden.

Dabei ist der junge König am weitesten von der Krippe entfernt platziert; meist exotisch-prachtvoll gekleidet, ist er in der Krippenszenerie noch mit den Reittieren beschäftigt. Er ist anpackend dargestellt, widmet sich den praktischen Dingen des Lebens, lebt ganz für das Tun. Das ist der junge, wilde und ungestüme Macher-König.

Der König in der Lebensmitte dagegen wirkt in den Darstellungen oft nachdenklicher, mehr in sich gekehrt; er schaut nach dem Sinn aus, wirkt um Orientierung und Ziel bemüht. Das ist der König in der Midlife-Crisis.

Der alte König hingegen kniet vor dem Kind in der Krippe; die Krone als Zeichen seiner irdischen Güter und Prioritäten hat er abgelegt und die Goldschatulle geöffnet. Er betet an, lässt sich selbst los und hat dadurch alles gefunden. Das ist der weise König. Und er ist auch ein „weißer“ König. Sein weißes, schütteres Haar ist Zeichen eines durchlebten Reifeprozesses, der nicht versteckt zu werden braucht. Der Faktor Zeit ist wesentlich und kostbar in seiner Biografie. Und so illustriert die nachlassende Pigmentierung seines Haares auch einen Prozess nachlassender Illusionen und gewonnener Einsichten. Haarfärbepräparate, Implantate oder operativ gestraffte Tränensäcke machen beim weisen König einfach keinen Sinn.

Dieses Krippen-Bild will verdeutlichen, dass das Leben des Menschen eine Hinreise zu Gott ist. Das ist die entscheidende Bewegung unseres Lebens. Im Grunde geht jeder Mensch, bewusst oder unbewusst, diesen Weg der Gottsuche in seinem Leben nach. Die Tiefenpsychologie und die Lebenserfahrung älterer Menschen bestätigen das.

In jungen Jahren gleichen wir dem jungen König in der Darstellung: Wir sind noch weit weg von dem Kind in der Krippe. Zu stark sind wir von unseren Lebensumständen und Lebenserwartungen geprägt. Geld, Karriere, Status und Prestige, teure Unterhaltungselektronik, exotische Reisen, gute Kleidung und schöne Autos – die Reittiere unserer Zeit! – erscheinen uns als erstrebenswerte und glückverheißende Güter im Leben. Gott als Stern und Wegweiser haben wir in dieser Lebensphase meist nicht im Auge, ja er berührt uns kaum.

Später gleichen wir dem König in der Lebensmitte: Nach oft turbulenten Jahren der Jugend, Ausbildung, Berufswahl, Familiengründung und des Hausbaues schleicht sich Unbehagen ein. Wir beginnen zu bemerken, dass all das, wofür wir hart gearbeitet haben, doch nicht ganz ausreicht für ein glückliches und erfülltes Leben. Bei vielen läutet jetzt der Midlife-Crisis-Alarm. Wir beginnen zu fragen, zu hinter-fragen, und suchen nach einem Stern, der Orientierung und Sinn im Leben gibt und uns an ein Ziel führt. Ein Prozess, der typisch ist für Menschen in den mittleren Lebensjahren.

Zuletzt gleichen wir dem alten König, der vor dem Kind in der Krippe kniet – das Leben hat ihn offener, großzügiger, bereiter gemacht, etwas von sich zu geben und anderen zu helfen. Im Kind in der Krippe betet er den Ursprung und das Ziel menschlichen Daseins an. Er hat endgültig gefunden. Diese Erfahrung ist stärker als jeder Altersgeiz und lässt den weisen König die Hände öffnen, weil er weiß, dass man mit vollen Händen nicht beten kann.

Der Volksmund sagt auf unübertrefflich kluge Weise: „Junge Sünder, alte Beter!“ und zeichnet damit dieses Bild der drei Könige vor der Krippe. Der Volksmund kennt aber auch die umgekehrte Variante: „Junge Beter, alte Sünder!“ Und er warnt damit vor jungen Fanatikern, deren Glaube und Gottesbeziehung nicht die gesunde Frucht eines Reifeprozesses sind, sondern Spiegelbild eines übersteigerten geistlichen Ehrgeizes sein können. Einem solchen Ehrgeiz fehlt oft die wahre geistliche Substanz. Junge „Himmelsstürmer“, die davon betroffen sind, entwickeln gegenüber ihren Mitmenschen eine herablassende, unbarmherzige Haltung, die sie mit zunehmenden Jahren zu „alten Sündern“ werden lässt. Und wenn sich erst die eigenen jahrzehntelang ausgeblendeten Defizite und Begierden solcher Menschen zu Wort melden, ist der Absturz in die Unerlöstheit keine Seltenheit.

Im Weg der Weisen, der drei Könige aus dem Osten, ist der natürliche Weg der Gottsuche eines jeden Menschen vorgezeichnet. Es ist auch unser Weg. Dieser Weg der Hingabe braucht Zeit, kennt Um- und Irrwege, hat aber ein sicheres Ziel. In ihm kommt unser Herz zur Ruhe.

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