Читать книгу Innozenz - Gion Mathias Cavelty - Страница 13
VIII
ОглавлениеInnozenz tauschte seine fein gewebte Kutte gegen ein Gewand aus grobem grauem Tuch. Es verfügte über eine Kapuze und eine Einstecktasche auf Höhe der linken Brust. Dort hinein kroch ich in einem günstigen Moment unbemerkt; hier würde ich seinem Herzen ganz nah sein.
Ja – dieses Herz zog mich unwiderstehlich an. Es und ich, wir waren gleich. Wir waren Brüder. Und ich wollte nie mehr getrennt von ihm sein.
Innozenz’ Herz war das ursprüngliche Herz, wie ich das ursprüngliche Buch war.
Es pulsierte für alle Welt unsichtbar in einem gar köstlichen Behältnis, ähnlich einem Kokon aus göttlichem Licht, das nichts anderes war als ein Dom der absoluten Unbesudeltheit. Seine Kuppel wurde von drei lodernden Flammen gekrönt. Ein dreifaches Alpha und ein einfaches Omega umkreisten den Sitz der Uridee des reinen Herzens satellitengleich. Lichtintarsien schienen auf und verschwanden wieder; unendliche Variationen von Akanthusblattmotiven, Rosen- und Lorbeerbändern, Kelchen mit Hostien, Tauben mit Olivenzweigen im Schnabel; alles aus Licht. Gestützt wurde der Kokon durch die 144 Säulen der Tugend, bestehend ebenfalls aus Licht.
Ja, genau so las ich es; genau so musste es sein!
Falls mich Innozenz irgendwann entdecken würde, würde ich mich ihm demütig als Inquisitoren-Notizbuch anbieten, im uneingeschränkten Vertrauen, dass er mich nicht verstoßen würde.