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New York, New York!
ОглавлениеObama verbrachte zwei Jahre am Occidental College und beschloss dann 1981 – auch diesmal dank eines Stipendiums (und der Unterstützung durch seine Großeltern) – zur Columbia University in New York zu wechseln. Dort erwartete ihn ein weiterer Kulturschock. Der Unterricht war ausgezeichnet und er schaffte es mühelos, 1983 sein Studium der Politikwissenschaften mit dem Titel Bachelor of Arts abzuschließen. Doch irgendetwas quälte ihn und er fühlte sich allein. Er hatte aufgehört, Drogen zu nehmen, lief jeden Tag fünf Kilometer und las außerdem viel: vor allem die Bibel, aber auch Mahatma Gandhi, Martin Luther King, Friedrich Nietzsche, Herman Melville, die afroamerikanische Nobelpreisträgerin Toni Morrison und unzählige andere.
Er wohnte in der Nähe des heruntergekommenen Viertels Harlem, das im Leben Dietrich Bonhoeffers eine so wichtige Rolle spielte. Manchmal hörte er sich die Predigten von Jesse Jackson an, dem politischen Erben Martin Luther Kings, und ganz besonders auch die von Al Sharpton, ebenfalls ein bedeutender schwarzer Bürgerrechtler sowie Pastor der Abyssinian Baptist Church. Barack Obama fühlte sich wie von der melancholischen Sanftheit der Gospellieder getragen, doch er verspürte ein Gefühl der Zugehörigkeit und der Nichtzugehörigkeit zugleich. Und so wurde jenes Gefühl immer stärker, welches bereits in Los Angeles in ihm aufgekommen war: „Ich brauchte eine Community, die tiefer ging als die übliche Verzweiflung (...) Ein Ort, wo ich heimisch werden und mich ernsthaft engagieren konnte.“15
Obama machte ein hervorragendes Examen und bekam daraufhin viele verlockende Jobangebote, von denen er das von der Business International Corporation annahm. Seine Aufgabe war es, von seinem New Yorker Büro aus Wirtschaftsmeldungen der Nachrichtenagenturen aus aller Welt zu prüfen. Er hatte nun etwas mehr Geld auf dem Konto, zog in eine bessere Wohnung und konnte sich ein Auto leisten. Doch sein Herz war unruhig. Um es zu beruhigen, arbeitete er ehrenamtlich in den Stadtteilen Harlem und Brooklyn, in denen die Kirchen sich engagierten. Doch das reichte nicht, um sein Gewissen zu besänftigen: „Wenn ich nachts im Bett lag, [sah ich] Bilder der Bürgerrechtsbewegung: Mitglieder des SNCC (Student Nonviolent Coordinating Committee), den gewaltlosen Widerstand, die Sit-Ins, die Eintragung der Schwarzen in die Wahlregister. Für mich waren diese Bilder wie ein Gebet. Sie zeigten mir (...), dass ich nicht allein war in meinen Kämpfen (...).“16
Dieser Kampf forderte jedoch auf der persönlichen Ebene einen sehr hohen Tribut. Ein Jahr lang führte er eine Beziehung mit einer jungen weißen Frau, bis er eines Tages ihre Einladung annahm, sie in ihrem Haus auf dem Land zu besuchen: „Mir wurde bewusst, dass ich in ihre Welt ziehen müsste, wenn wir zusammen leben wollten.“ Mit anderen Worten: Ein vollständig in die weiße Gesellschaft assimilierter Schwarzer werden, die Geschichte seines Volkes vergessen (oder leugnen). Doch dazu war er nicht bereit und er beendete die Beziehung. Die Trennung war für beide sehr schmerzhaft.