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3 - Ein verlockendes Angebot

Der Modedesigner Jo Tess war mit seinen drei Damen auf die Anlegermesse in seiner Heimatstadt Düsseldorf gegangen. Er hatte in einer Lotterie einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag gewonnen.

Auf dieser Messe gab es alle Möglichkeiten, Geld zu investieren. Es wurden Anlagen jeglicher Art präsentiert: Aktien, Schuldverschreibungen, Beteiligungen aller Art, Fonds, Immobilien, Schürfrechte und was es nicht alles gab. Selbst Anteile für Weltraumtourismus konnte man erwerben. Natürlich sorgte Jo nicht nur durch seine weibliche Begleitung für Aufsehen und Aufmerksamkeit, vielmehr war er durch die Medien den Händlern, Maklern, Beratern und Verkäufern bestens bekannt. Aber sein Gesichtsausdruck verriet den eifrigen Geschäftsmännern sehr schnell, wie groß sein Desinteresse an ihren Angeboten war.

„Das ist ja alles ziemlich öde und nichts Handfestes“, bemerkte Dunja. Sie war eine gertenschlanke Schönheit mit langen dunklen Haaren. Jo hatte sie in Ungarn in der armseligen Schneiderei ihrer Mutter kennengelernt und auf Bitten von Mutter und Tochter mit zu sich nach Deutschland genommen. Sie war trotz ihrer gerade achtzehn Jahre Jos rechte Hand und Assistentin. Dunja lernte sehr schnell und war überaus wissbegierig.

„Ja“, lachte Jo, „diese Werte kannst Du nicht wie bei dem Diamantenhändler in Budapest anlegen, indem Du sie Dir um den Hals legst! Die hier sind öde, aber sie bringen Rendite, was die schönen Glitzersteinchen an Deinem Hals selten tun!“

„Leider“, trauerte jetzt auch Christina. Sie war der zweite Teenager und zusammen mit Dunja verhalfen sie allen jungen und junggebliebenen Männern zu Schweißausbrüchen und alle jungen und junggebliebenen Damen versetzten sie in Unruhe. Sie war nicht minder schlank und ihre lange blonde Mähne flog immer wie eine Fahne umher, wenn sie sich bewegte. Die beiden waren Jos Topmodels und durch seine neueste Kreation auf allen Bildschirmen und Displays weltweit präsent.

An einem Stand blieb Jo jedoch stehen und ließ sich geduldig das Angebot erklären. Seine Körperhaltung hatte sich verändert und er wirkte jetzt wie ein sprungbereiter Tiger, der auf die Beute lauerte. Jo war neugierig geworden und seine Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen verengt. Er wollte immer mehr Informationen und zwar bis ins Detail. Es handelte sich um eine Beteiligung an einem supermodernen Sporthotel, das am Rande des Bodensees gebaut werden sollte. Jo forderte immer noch mehr Informationen und der eifrige Verkäufer witterte wohl schon das große Geschäft, denn es war auch der letzte Tag der Messe. Jedenfalls war es für ihn erforderlich, kurz den Stand zu verlassen, um weiteres Material für den Interessenten aus seinem Auto heranzuschaffen.

Jo nutzte die Gelegenheit und schlich immer wieder um das Papiermodell des Hotels auf einer Papplandschaft herum. Seine Damen beobachteten ihn schweigend. Als langjähriger Behördenmitarbeiter, vor seinem Lotteriegewinn, bemerkte Jo, dass das Papiergebäude nicht richtig auf seinem Untergrund stand. Ordnungsliebend wollte er das Gebäude gerade platzieren, aber es ließ sich nicht korrekt hinstellen. Jo hob vorsichtig das ganze Papiermodel hoch und stutzte. Die gesamte Grundfläche des Gebäudes war grün gefärbt. Lediglich ein kleiner Fleck, fast mittig in der Fläche, war schwarz. Darauf befanden sich eine Ziffer und ein Name. Jetzt war Jo alarmiert und er fotografierte den schwarzen Fleck ganz schnell mit seinem Handy und hatte gerade das Papiergebäude wieder zurechtgestellt, als der Verkäufer zurückkehrte.

Das weitere Gespräch dauerte nicht mehr sehr lange und Jo verabschiedete sich, mit dem Hinweis auf die bereits fortgeschrittene Zeit, recht zügig und sie verließen den Stand.

Die beiden Teenager gingen voraus und Swetlana, eine sehr gutaussehende brünette Mittzwanzigerin, hakte sich bei Jo ein.

Sie schaute ihn von der Seite an und sagte: „Du kaust doch an etwas ganz heftig! Komm, lass mich mitkauen! Spuck schon aus, wo was drückt, bevor Du platzt!“

Jo blickte sie schräg von der Seite an und fragte: „Bin ich schon so ein offenes Buch?“

„Nur für Insider – nur für Insider!“, lachte Swetlana ihren Chef an und warf ihre lange Mähne zurück.

Jo verdrehte die Augen und die Reisegesellschaft hatte es jetzt eilig, in Jos Reich zu kommen und dort an einen Computer. Irgendetwas hatte sein Bauchgefühl getroffen und davon hatte er eine Menge – also Gefühl, nicht Bauch. Er war trotz seines Alters topfit und wirkte durchaus gut trainiert.

Jo feierte immer seinen 50. Geburtstag und nur eine Frau aus seinem Team wusste, zum wievielten Mal. Aber die hatte absolute eiserne Schweigepflicht!

Dinner am Abgrund

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