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2.1.1 Die Mehrsprachigkeit im GER

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Im einleitenden Teil des GER wird erstmals Mehrsprachigkeit nicht nur gefordert, sondern auch umrissen sowie ein Definitionsversuch unternommen. Das Sprachenlernen wird nicht mehr als additiver Erwerbsprozess mehrerer Sprachen betrachtet, sondern es steht die Vermittlung kultureller und interkultureller Kompetenzen als integrierter Bestandteil des Sprachenlernens im Mittelpunkt. Das Kennenlernen und das Verständnis für andere Kulturen, deren Gemeinsamkeiten mit der eigenen Herkunftskultur, aber auch deren Besonderheiten, verhilft einerseits zur Fähigkeit, die eigene Kultur zu hinterfragen und aus einer anderen Perspektive zu sehen, und gleichzeitig Ungewohntes, Neues und Fremdes einer anderen Kultur in diesen Wachstumsprozess zu integrieren.

Es folgt eine erste Definition von Mehrsprachigkeit (Europarat GER 2001: 17): Dabei wird zunächst zwischen Vielsprachigkeit und Mehrsprachigkeit unterschieden. Vielsprachigkeit greift auf institutioneller Ebene, wie z.B. an Schulen, die ein vielsprachiges Angebot ausarbeiten können, um die Kompetenzen der Lernenden im Bereich Mehrsprachigkeit zu fördern. Mit Mehrsprachigkeit ist die individuelle Erfahrung, der Umgang des Einzelnen mit den Sprachen seines Repertoires und die Erfahrungen der kulturellen Erweiterung, die damit einhergeht, gemeint. Sprachen bilden im Gehirn keine klar voneinander getrennten Einheiten, sondern fächern sich in einer gemeinsamen mehrsprachigen Kompetenz auf. Daher wird von einem parallelen Lernen von Sprachen zugunsten eines synergetisch verstandenen abgesehen. Es sollen sich so gemeinsame, sprachübergreifende Kompetenzen bilden, auf die je nach Bedarf und Kontext zurückgegriffen werden kann. Im Sinne eines lebenslangen Lernprozesses wird Abstand genommen von dem Ideal eines auf muttersprachlichem Niveau zwei- oder dreisprachigen Menschen zugunsten eines Verständnisses von Sprachenlernen, das auch darauf abzielt, sich je nach Bedarf auf den Erwerb von Teilkompetenzen zu beschränken.

So soll die Entwicklung eines sprachlichen Repertoires unterstützt werden, das beim Erwerb weiterer Sprachen oder Teilkompetenzen eine spracherwerbsfördernde und im Idealfall beschleunigende Funktion einnimmt. Die Begriffe „mehrsprachige Kompetenz“ und „sprachliches Repertoire“ werden in diesem Zusammenhang zwar öfter erwähnt, jedoch bleibt eine genauere Definition dieser Begriffe und ihrer Funktion für den Erwerb weiterer Sprachen aus (ibid.: 18f.). Da der Referenzrahmen keine eingehendere Bedeutungserklärung dieser Begrifflichkeiten liefert, fällt es schwer, sich ein vollständiges Bild von der Funktionsweise und der Auswirkung mehrsprachiger Kompetenzen auf den Spracherwerbsprozess zu verschaffen. Es wird lediglich davon gesprochen, dass beim Sprachenlernen die Möglichkeit gegeben werden sollte, diese mehrsprachige Kompetenz zu entwickeln, wobei der Sprachmittlung in all ihren Formen hier eine besondere Wichtigkeit eingeräumt wird. Es werden auch keine Deskriptoren zur Mehrsprachigkeit angeführt. Es fehlt also ein grundlegender Aspekt, der unverzichtbar ist, will man Mehrsprachigkeit im Unterricht implementieren. Was bleibt, ist lediglich eine allgemeine Definition mehrsprachiger Kompetenzen ohne deren Deskriptoren. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der GER zwar ansatzweise einige Grundbegriffe der Mehrsprachigkeit ausformuliert hat, dass aber definitorische Unbestimmtheit vorherrscht und es versäumt wurde, den Bereich Mehrsprachigkeit in seinem Facettenreichtum zu erfassen und zu erläutern (GER Kapitel 6).

Einen wichtigen Beitrag hingegen leistet der GER in Bezug auf funktionale Mehrsprachigkeit, indem abgesehen wird von der Vorstellung einer idealen muttersprachlichen Kompetenz in einer Zweitsprache zugunsten der Ausbildung eines möglichst breitgefächerten Repertoires an situationsgebundenen Sprachfertigkeiten in mehreren Sprachen, die je nach Bedarf im Prozess des lebenslangen Lernens ausgebaut und erweitert werden können (ibid.: 132-134). Diese bereichsspezifischen und situationsgebundenen Sprachkompetenzen können gezielt im Unterricht vermittelt oder durch den Sprachgebrauch in Alltagssituationen erworben werden. Die funktionale Mehrsprachigkeit hat allerdings noch nicht ihren Weg in die Bildungsinstitutionen gefunden und es wäre wünschenswert, dass Schulen sich baldmöglichst auf diese neuen gesellschaftlichen Anforderungen einstellen.

Kompetenzentwicklung und Mehrsprachigkeit

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