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2.3.2 Savoir s’engager – ein unberücksichtigter Kompetenzbereich

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Die Mobilisierung mehrsprachiger Ressourcen entlang eben dieses kompetenzorientierten Lernens ist die große Herausforderung der Mehrsprachigkeitsdidaktik heute. Genaue Vorstellungen darüber, wie ein solcher Unterricht geplant und gestaltet werden soll, gibt es bislang jedoch nicht. Hier soll die vorliegende Studie Abhilfe schaffen: Anhand eines konkreten Unterrichtsverfahrens wurde mehrsprachiger kompetenzorientierter Unterricht im Klassenzimmer durchgeführt und evaluiert. Durch ein empirisch angelegtes Forschungsdesign wurde erforscht, welche MKK sich im Verlauf des Projektes entfalten und inwiefern sie im Unterricht erhoben werden können. In einem Abstraktionsprozess werden Deskriptoren ausformuliert, die sich nicht ausschließlich auf Best-practice-Beispiele und Erfahrungswerte stützen, sondern empirisch erforscht und in Form eines Modells übersichtlich dargestellt werden. Sie können daher alle der Kategorie der praxeologischen Deskriptoren zugeschrieben werden, jenen Deskriptoren also, die unmittelbar für den Unterricht nutzbar gemacht werden können. Anhand der fünf Savoirs werden durch die Datenanalyse Kompetenzbereiche identifiziert und die gewonnenen Deskriptoren zugeordnet.

Es ist explizites Ziel, in diese Modellierung, im Gegensatz zum FREPA, auch das Savoir s’engager miteinzubeziehen. In Byrams Modell von 1997 ist das Savoir s’engager von zentraler Wichtigkeit. Es steht im Zentrum des Modells und wird von den anderen Savoirs umgeben. Es ist daher nur schwer verständlich, weshalb dieses Savoir vom FREPA und folglich auch vom MSCS ausgeklammert bleibt:


Abb. 2.2.

Dieses Savoir integriert die politische Erziehung in den Unterricht, weil jeglicher Erziehung eine politische Dimension innewohnt. Kulturkritische Bewusstheit wird deklariertes Bildungsziel des Fremdsprachenunterrichts. Byram selbst bezeichnet diese Fähigkeit als “an ability to evaluate critically on the basis of explicit criteria perspectives, practices and products in one’s own and other cultures and countries“ (Byram 1997: 53) und unterscheidet drei Teilbereiche:

1 Die Fähigkeit, implizite und explizite Wertehaltungen der eigenen und fremder Kulturen in Texten und Aussagen zu identifizieren.

2 Die Fähigkeit, eine evaluative Analyse von Dokumenten und Gegebenheiten aufgrund präziser Perspektiven und Kriterien vorzunehmen.

3 Die Fähigkeit der Interaktion und Mediation im interkulturellen Austausch anhand spezifischer Kriterien sowie die Befähigung zur Aushandlung und Akzeptanz aufgrund des erworbenen Wissens, Fähigkeiten und Haltungen. (ibid. 53)

Da im Alltag das Savoir s’engager die Umsetzung aller anderen Savoirs impliziert und somit auch den Weg vom schulischen Handeln in das lebensweltliche Handeln bahnt, soll es nicht vom schulischen Alltag ausgeklammert bleiben. Das Savoir s’engager kann als Kernkompetenzbereich nicht einfach aufgebrochen und, in einige wenige Teilbereiche beschränkt, auf die anderen Savoirs, insbesondere das Savoir être, eingegliedert werden, wie dies im FREPA vielfach geschieht. Es muss in seiner Wichtigkeit anerkannt werden und ebenso wie das Savoir apprendre als eine transversale Valenz angesehen werden. Es ist, wie aus der obenstehenden Graphik hervorgeht, propädeutisch für alle Formen des mehrsprachigen und transkulturellen Lernens, denn erst durch das Savoir s’engager wird das Desiderat eingelöst, dass schulische Bildung dem Anspruch gerecht werden muss, den Heranwachsenden zur Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Diskurs zu befähigen, sie also zu demokratiefähigen und selbstbestimmten BürgerInnen zu erziehen (vgl. Hallet: 2016: 19), also „in der Teilhabe an Politik, Gesellschaft und Kultur und in der Gestaltung der eigenen Lebenswelt diesem Anspruch gemäß zu leben und als mündige BürgerInnen selbstbestimmend zu handeln“ (Klieme et. al.: 2003: 63).

Kompetenzentwicklung und Mehrsprachigkeit

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