Читать книгу Und dennoch ... - Gisela Raeber - Страница 9

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Olaf

Olaf hatte sich eine Einheimische angelacht. Es war nicht das erste Mal, und wieder wich er einer Auseinandersetzung aus.

„Warum? Warum?” fragte Nel ein ums andere Mal. „Was findest du bei ihr, das ich dir nicht geben kann? Liebst du mich nicht mehr? Bin ich langweilig? Musst du eine emotionale Lücke füllen oder dein Ego bestätigt sehen? Soll ich ausziehen?“

Auf all diese Fragen gab Olaf keine Antwort. Stattdessen verschwand er hinter seinen Akten und Berichten.

Olaf war zehn Jahre älter als sie. Er hatte immer sehr an seiner Mutter gehangen, die schon früh Witwe wurde. Sicherlich fühlte er sich für sie verantwortlich, hatte wohl auch ein schlechtes Gewissen, da er seit langem im Ausland lebte und nur selten seine Mutter in Deutschland besuchen konnte. Auch deshalb hatte es schon öfter Auseinandersetzungen gegeben.

Beruflich war Olaf sehr zuverlässig und engagiert. Er liebte Afrika und passte sich dank seiner eigenen Genügsamkeit und Flexibilität dem Kontinent und seinen Herausforderungen sehr gut an. Die Arbeit bedeutete ihm alles und musste immer mehr als perfekt verrichtet werden. Das führte dazu, daß er nur sehr wenig Zeit zu Hause verbrachte, und wenn er da war, war er mit sich selbst beschäftigt, in sich gekehrt und eigenbrötlerisch. Immer seltener unternahmen sie Dinge gemeinsam.

Als extrem introvertierter Mensch konnte er seine Gefühle nicht zeigen, wollte es wohl auch nicht. Das lastete auf Nel. Sie fühlte sich oft wie ein Möbelstück, das man mehr oder weniger benutzt oder nach Bedarf hin und her schiebt.

Sie meinte, es passe eigentlich gar nicht ins Bild, daß er ständig Frauen um sich herum brauchte und so von einer Liebschaft in die andere flatterte. Er hatte vielleicht Nel gegenüber zeitweise ein schlechtes Gewissen, aber entweder störte es ihn nicht oder er ignorierte es einfach. Er versuchte auch nie, sich zu rechtfertigen.

Das Thema konnte einfach nicht diskutiert werden. Nel, die gerne reinen Tisch machte, fühlte sich frustriert.

Die Situation bescherte ihr schlaflose Nächte, und eines Morgens entschloss sie sich zu einen Streifzug durch den Wald aufzubrechen. Der würde ihr gut tun und vielleicht helfen Ordnung in ihre wirren Gedanken zu bringen.

In der Nacht hatte es leicht geregnet. Vereinzelte Dampfschwaden stiegen vom Boden auf und lockere weiße Nebelfetzen glitten wie Gespenster durch die Baumwipfel. Nel schnupperte, sog die würzige Luft ein. „Es riecht grün.” dachte sie. Sie ordnete undefinierbare Gerüche nach Farben ein. Bald würde die Sonne den zarten Dunst zerreißen, ihre Strahlen zwischen den Zweigen hindurchfallen, und alles würde gelb riechen.

Nels hohe Schuhe sanken in dem lockeren, humusreichen Boden ein. Ihre Gedanken verloren sich im gedämpften Licht. Vogelgezwitscher und vereinzeltes Kreischen bezeugten, daß der Wald bereits seit langem erwacht war. Friede überkam sie.

"Die Natur macht sich keine Sorgen. Weshalb mache ich mir welche?“ fragte sie sich. „Die Welt ist so schön, und ich bin jung. Es wird schon wieder weitergehen.“

Sie dachte daran, wie leicht die Trennung von Klaus gewesen war. Ob sie von Olaf auch so leicht loskäme?

Er hatte ihr geholfen, in Afrika Fuß zu fassen, sie vertraute ihm. Sie mochte ihn. Er hatte diese fürsorgliche Art, war großzügig und nahm Nel absolut nichts übel.

Aber die Liebe hatte sie bei ihm auch nicht gefunden. Und es lag sicherlich nicht daran, daß er voll in seinem Beruf aufging. Was sie verband war die Leidenschaft zu diesem Land. Nähme man die weg, wären sie sich fast Fremde.

Nel sah ein, daß es ein Fehler wäre, die Beziehung weiterhin aufrechtzuerhalten. Sie fühlte sich stark für einen Neuanfang.

Und dennoch ...

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