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Wie erfreut man sie aufgenommen hatte, begeistert von der ersten weiblichen Kriminalpolizistin im Stadtpolizeikommando, überzeugt von ihren guten Referenzen und, wie der Kommandoleiter um ein Kompliment bemüht formuliert hatte, angetan von ihrer charmanten Erscheinung. Seit drei Jahren brauchte sie nicht mehr nach Linz zu pendeln, sondern hatte einen Posten in ihrer neuen Heimatstadt inne. Christina hatte die erste Aufregung ihrer Kollegen ziemlich nüchtern und unbeeindruckt über sich ergehen lassen. Sie hatte sich seit dem Beginn ihrer Tätigkeit bei der Polizei immer nach der Qualität ihrer Arbeit, nach ihren erbrachten Leistungen bewerten lassen wollen, und nicht, weil sie sportlich, schlank und apart war. In ihren ersten Jahren bei der Polizei war sie zum Teil sogar ziemlich schroff gegenüber männlichen Kollegen gewesen, die sie mit Komplimenten oder süßlichem Gerede auf die Rolle der braven und folgsamen Politesse festlegen wollten. Diese Schroffheit war von einer routinierten Kühle und Distanz abgelöst worden. Christina wusste sehr wohl, dass dieses Verhalten ihr nicht besonders viele Freunde einbrachte, aber ihr waren ein professionelles Arbeitsklima und klare dienstliche Strukturen allemal sympathischer als vertrauensselige Verbrüderung. Und das Bedürfnis nach einem umfangreichen Freundeskreis war in ihr niemals ausgeprägt gewesen. Der Vorteil einer solchen Haltung war, dass man sie mit entsprechendem Respekt behandelte, der Nachteil war, dass man ihr immer wieder die wenig interessanten Fälle, die zähe Routinearbeit, die Arbeit, die zwar gemacht werden musste, aber für die niemand so recht Begeisterung aufbringen konnte, zuschob.

Auch der Umstand, dass sie die Ehefrau von Wilhelm Kayserling war, steigerte bei manchen Kollegen nicht gerade ihre Sympathiewerte. Christina hatte bald Kantinentratsch vernommen, wonach sie, die Gattin des wohlhabenden Unternehmers, es gar nicht nötig habe, zu arbeiten. Sie wolle sich nicht mit einem schicken Auto, einer eleganten Stadtwohnung und einem Wochenendhaus im Grünen zufrieden geben, wolle auch keine Kinder haben, sondern wolle unbedingt Karriere machen, wichtig sein, fühle sich großartig mit einer Schusswaffe im Wandtresor. Dass sie ihren Beruf gern ausübte und einen Sinn darin sah, der Gerechtigkeit zu Geltung zu verhelfen, kam offenbar so manchen Kollegen nicht in den Sinn.

Christina hatte bei der Heirat den Nachnamen ihres Mannes angenommen. Manche sahen darin ihren Hang bestätigt, sich wichtig zu machen, denn natürlich kannte man in der Stadt den Unternehmer Kayserling, in dessen Logistikfirma immerhin fünfzig Angestellte ihr tägliches Brot verdienten. Christina hatte gar nicht versucht, zu erklären, dass sie ihren Mädchennamen nie besonders gemocht hatte, dass es ihr einfach besser gefiel, Christina Kayserling und nicht mehr Christina Bohnstingl zu heißen. Sie tat, so gut es ging, ihre Arbeit und ließ es dabei bewenden.

Sie blickte auf die Zeitanzeige auf dem Computerbildschirm, rührte den mittlerweile kalten Tee, nippte daran, stellte die Tasse wieder ab und begann den nächsten Bericht zu tippen. Die Schreibarbeit musste auch verrichtet werden. Da sie erst spät aus dem Büro rauskommen würde, hatte sie sich auch kein Programm für die Gestaltung des Abends überlegt. Ansonsten ging sie, wenn ihr Mann wieder einmal auf Reisen war, ganz gerne alleine aus, mal in eine Ausstellung, mal ins Kino oder in ein Konzert, immer wieder zu Vorträgen in der Buchhandlung am Stadtplatz. Heute aber würde sie nach dem Dienst höchstens noch ein wenig lesen. Da lag nämlich noch ein durchaus interessantes und flüssig geschriebenes Buch über keltische Mythen und Naturgottheiten auf ihrem Nachtkästchen. Warum sollte sich eine im Berufsleben gelegentlich herbe Kriminalpolizistin in ihrer Freizeit nicht für esoterische Literatur interessieren?

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