Читать книгу ESCAPER Stories / Band 1 - Günther Frühmorgen - Страница 14

Supermarkt

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Der Supermarkt mit dem Parkplatz. Ziemlich voll. Wie lange hat mich der cosmosschwarze Chrysler schon verfolgt? Ein Chrysler Imperial 5.4 Liter. Ich sah ihn die ganze Zeit im Rückspiegel. Ich drehe drei Runden und parke meinen Wagen abrupt links in eine Lücke zwischen einem tiefseeblauen Pontiac und einem fahlgelben Ford. Steige aus. Der cosmosschwarze Chrysler blubbert langsam an mir vorbei. Ein schwarzhaariges Girl am Steuer. Sie glitzert mich an mit Fischaugen.

Oh boy, diese Asphaltmähne. Was für eine Schicksa. Yeah, damit Sie´s gleich wissen. Ich bin Privatdetektiv und gehe auf einem Parkplatz herum. Auf dem Parkplatz irgendeines billigen Supermarkts in einer billigen Stadt irgendwo in den USA.

Damn! Was hupt der Kerl hier – ich wäre schon nicht über seine Kühlerhaube gefallen.

Ein Freund von mir hat sich einen Timer an die Hupe bauen lassen. Nach einer halben Stunde geht die los. Wenn er dann gemütlich aus dem Supermarkt kommt, braucht er nur dorthin zu gehen, wo eine Traube von Leuten um seinen hupenden Wagen steht.

Alles babyblau da oben. Die Wolken haben sich verzogen. Es ist Juni. Eine gute Zeit in Washington. Leere Luft.

Ich beobachte das Fischaugengirl. Sie hat den Imperial ziemlich schräg geparkt. Sauschlampig, könnte man auch sagen. Sie steigt aus. Steht da in diesem Jeanskleid, das ziemlich eng an ihr dran ist. Aber das ist es nicht was mich beunruhigt. Eher, daß sie etwa 26 ist. Plus ungefähr 47 Tage, plus die vier, fünf Nächte, die sie ein für allemal versaut haben.

Sie stakst zum Supermarkt. Tut, als ob sie nirgendwohin müßte. Als ob es ihr nur Spaß macht, das Kleid auszubeulen mit ihren Formen. Ich habe sie im Auge. Beobachten heißt jemanden kontrollieren. Ereignisse im Ausgang beeinflussen. Moderne Physik. Jede Katze weiß das. Würden sie sonst vor den Mauslöchern sitzen?

Okay, eigentlich arbeite ich für die CIA. Nebenbei als Private Eye habe ich den Auftrag, eine Biene mit dem kurvigen Namen Susan Sanders zu beobachten. Ich nehme nur delikateste Fälle an. Nur Seitensprunggeschichten. Wobei ich hier nicht die Ehemänner observiere, sondern die Bienen. Das ist mein Trick. Ich würde niemals einen Auftrag von einem Ehemann annehmen, um seine Frau zu beschatten. Tatsächlich könnte sich herausstellen, dass es, ahem, meine Arme sind, in denen sie liegt.

Sie sehen, ich bin eiskalter Profi. Ich schließe alle Eventualitäten von vornherein aus.

Ich bewege mich parallel zu ihr, lasse immer einen Packen Autos zwischen uns. Damn. Dieses Gefühl. Ich spüre meinen Nacken heiß werden. Der Asphalt unter meinen Füßen wird weich, schwimmt auf und ab. Dann hebt sich der Boden. Ich stehe auf einer Rolltreppe.

Irgendwie irrst Du im Supermarkt rum wie im Leben. Lauter bunte Reklameschilder, und Du weißt, dass Du doch nirgends einen Kuß umsonst kriegst. Und nun kommt die Schwarzlockige von links. Ist sie hinter mir her? Hey? Ihr Blick schlittert lässig die Regale entlang. Ich schnappe mir sofort einen Wagen, der da rumsteht. Sie soll nicht sehen, dass ich nur Photobatterien will. Unglaublich, was die Leute alles so kaufen. Pampers, Sardinen, Toast – und noch dazu der verkehrte. Ah – da beugt sie sich, steckt das Händchen, das sonst nur heiße Sachen machen kann, in dampfendes Trockeneis. Sie packt sich voll mit icecream. Vanille-Eis - eindeutig Vanille-Eis. Meine Droge. Ich tue alles dafür. Was die da macht, ist hyperprovokativ. Sowas machen nur Vollprofis. Damn.

Klar weiß ich wie ich sie abhänge. Abrupt schlage ich einen Haken zur Milchabteilung. Da stehen in der Regel ausschließlich Männer, die diese oder jene Milchtüte eine halbe Stunde in der Hand hin und her wiegen. Hängt ein Marilyn Monroe-Poster daneben, sage ich, und sie werden es eine Stunde lang tun.

Okay, das war easy. Nebenbei hab ich unauffällig die Pampers und das sonstige Zeug in andere Wägen verteilt. Presto an die Kasse. That´s right, M´am. Ich habe nur Photobatterien. Ich blicke mich nochmals um. Das Fischaugen-girl bin ich los. So macht man das.

"Excuse me, sir," sagt er neben mir. "Security. Kommen Sie mal mit."

"Bestimmt nicht, Mister," sage ich. Grapsche meine Photobatterien. Schiebe meinen Hut in den Nacken. Okay, ich habe keinen Hut.

"Du brauchst erst ein kleines Loch in Dein Trommelfell, hah?" sagt er. Ich spüre den kalten Lauf seines .38ers an meinem Ohr.

Sein Office mieft wie ein Container, in den 100 GIs letztes Wochenende ihre getragenen Socken hineingeworfen haben. Kaffeeflecken auf dem Boden. Eine Puppe, prall auf einem Plastikstuhl. Schwarze Haare hochgesteckt wie ein Bienenkorb.

"Das ist er!" sagt sie.

"Moment mal," sage ich.

"Easy!" Er drückt mich an die Wand, schließt die Tür.

"Hey!" sage ich.

"Okay - du hast diese Lady hier verfolgt." Er wuchtet sich quietschend auf seinen Drehstuhl. "Sagt sie. Wir werden das nun in aller Ruhe besprechen."

"Blödsinn," sage ich. "Völlig daneben! Hören Sie, Lady, ich habe Sie bestimmt nicht im Visier gehabt. Es ist so, ahem, ich habe vielleicht versucht, Preisschilder aus der Ferne zu entziffern."

"Stimmt," sagt er. "Unser Mann hier schielt ziemlich durch seine dicken Gläser."

"Hah!" sagt sie. "Wovon rede ich? Tatsache ist, daß er mich schon verfolgt, seit ich beim Tanken war. Und er hat nach meinem Busen gegrapscht. Davon rede ich, Mister!" Sie spricht mit kantigem deutschem Akzent, aber so unweit ihrer Bluse kommt das ziemlich sexy raus.

"Stimmt," sagt er. "Das Fraulein hier hat einen großen Busen. Besonders wenn sie sich so hinsetzt wie jetzt, hier auf unserer guten alten Erde!"

"Hey!" sage ich. "Bevor wir hier nun feststellen müssen wer Habichtsaugen hat und in welcher Exposition ein großer Busen den Äquatorumfang unserer Erde vergrößert – "

"Ich habe mich gerade zu den gefrorenen Heringschwänzen hinabgebeugt," fängt sie an zu schrillen, "da spüre ich diese Hand unter meinem Arm. Und der da steht neben mir und schiebt mir seine Hand hierher!" Sie hält Alamo-Schlüssel schützend an ihre Bluse.

"Oh yeah? Ich schätze, daß wir das nun genauer erörtern – right, Miss Ellen." Er schielt auf die gespannten Ausbeulungen ihrer Bluse.

"Hah!" sage ich. "Das war reiner Reflex vielleicht."

"Du – du grapscht nach big tits aus Reflex?" Er schiebt sich über den Schreibtisch zu mir her. Auf dem Schreibtisch ist nichts als ein Telefon und sein stierer Blick.

"Instinktmäßig greife ich mal nach eingefrorenen Früchten," sage ich. "Muß ja was essen, ab und zu, officer. Right?"

"Er war schon bis hier - mit Vanille-Eis an den Fingern!" Sie schrillt wieder und fängt an, ihre Bluse aufzuknöpfen.

"All right!" sagt er. "Alles klar. Ich glaube, ich hab´s verstanden, Miss. Sie können jetzt gehen. Ich kümmere mich schon um das Früchtchen hier."

Ich gebe ihr artig eine kalte Hand. "Nichts für ungut - "

"Idiot!" Sie walzt hinaus. Die Jalousien an der Tür schlackern.

"Okay - !" sagt er. "Ist es Dir recht, wenn Du 50 Dollar hier als Spende fürs Waisenhaus hinterlässt und abziehst?"

"Okay," sage ich.

Sein ausgestreckter Arm hängt wie ein Kran über dem Schreibtisch, die Pranke offen nach oben. Ich gehe ans Fenster. Draußen ist der Parkplatz.

"Meinst Du, ich warte bis sich ein Schmetterling da draufsetzt?" Er wackelt mit den Fingern. "Natürlich – ich liebe Schmetterlinge."

"Meine Schwester auch," sage ich. Ich sehe den cosmosschwarzen Imperial tatsächlich noch da hinten stehen. Und weiter drüben eine Traube von Leuten um einen Wagen. Seine Hupe ist losgegangen.

"Deine Schwester?" Er rollt die Hand ein.

"Du kennst sie?" sage ich. Lasse die Jalousien runterrasseln. Drehe mich ruckartig zu ihm um. "Woher?"

"Why – no!" Er ist erschrocken. Sitzt auf dem Stuhl und zeigt seine Weichteile.

"Du kennst sie bestimmt!" sage ich. "Sie ist diese Sexbombe."

"Oh – yeah?" Er hat Spucke auf den Lippen. "She hot?"

"Heiß?" sage ich. Stütze mich mit den Fäusten auf den Schreibtisch. "Man! So heiß wie der Asphalt da unten im Juli."

"Blond?" sagt er.

"Überall," sage ich.

"Extrovertiert?" sagt er.

"Ich kann ihr Deine Telefonnummer geben," sage ich. Cool. "Erstmal."

Er rappelt die Schublade auf. Kramt in Zeug. Kritzelt. Kritzelt Kringel auf eine Visitenkarte. "Auch meine Privatnummer," sagt er. "Ich bin erreichbar - 24 Stunden am Tag."

"Schreib ihr noch was Poetisches drauf," sage ich. "Du bist doch poetisch veranlagt, oder?"

"Right," sagt er. Packt die Pranke wieder auf die Card. "Ich schreibe was? Hm – I do like it hot. Bud. - Okay?"

"Hübsch." Ich schiebe seine Karte in meine Hemdtasche. Rücke meinen Hut zurecht. Okay, ich habe keinen.

"Ab!" sagt er. "Heute noch! - Vamos, vamos!"

An der Tür. Ich drehe mich noch mal um.

"Schreib dir mal eine Nummer auf," sage ich.

"Sure," sagt er. "Also?"

"Du kriegst die Nummer von Police Captain Perkins," sage ich.

"Hah?" macht er.

"Police Captain Perkins ist chief beim Washington Police Department," sage ich. "Du rufst ihn an und sagst, es tut dir furchtbar leid. Denn Perky kann ganz gemeine cops jede Sekunde überall hinschicken. Ich meine überallhin, wo große Busen den Äquator überdehnen."

"Versteh ich nicht," sagt er. "Come again?"

"Okay," sage ich. "Aber du verstehst, daß er krankhaft eifersüchtig ist, mein Schwager."

"Dein – deine Schwester – ihr Mann?" stammelt er.

"Misshandlungen!" sage ich. "Ganz brutale. Auf Parkplätzen so wie diesem hier. Nachts, wenn du solo zu deinem Auto watschelst. Keiner sieht es. Du liest es in keiner Zeitung. Die werden sich hüten. Die legen sich sich bestimmt nicht mit Crazy Perky an. Die nicht. Die sind ja nicht meschuggeh."

"Hey - !" stockt er. "Woher soll ich wissen, daß Deine Schwester – "

"Du kennst sie doch, Bud," sage ich. "Du hast gesagt, du findest, daß sie hot ist - hast du gesagt. Und dann schreibst Du ihr noch Kärtchen – I do like it hot – Bud. Was soll Crazy Perky da denken?"

"Ich?" Er schluckt. "Jetzt langt´s aber, okay?"

"Ich hab hier diese Karte von Dir, die Crazy Perky in der Handtasche meiner Schwester finden wird – heute noch, vamos, vamos."

Er hat die Patschpranken platt auf dem Schreibtisch. Wieder Spucke auf seinen Lippen. Schweißhärchen um die Stirn.

"Da kommt ein Schmetterling geflogen," sage ich. "Ein Schmetterling mit schönen grünen Flügeln."

Er arbeitet. Arbeitet schwer in seinem Kopf. Dann zieht er einen Clip mit Dollarscheinen aus der Hosentasche.

Als ich meinen Dodge anlasse, blubbert der cosmosschwarze Imperial hinter mir vorbei. Ich sehe sie im Rückspiegel. Bilde mir ein, daß sie rübersieht und grinst. Okay. Nicht mit mir, Dolphinbaby. Sie hat also tatsächlich auf mich gewartet. Ich ecke meinen Dodge raus, sehe sie gemächlich vorn abbiegen.

Dolphinbaby rollt nun die Highway runter, raus Richtung Philadelphia. Es ist mühsam, auf Distanz zu bleiben. Sie lässt sich von jedem überholen. Ich tuckere hinterher. Ständig wuchten sich Trucks zwischen mich und sie. Dann biegt sie in ein Best Western Motel ein.

Okay. Okay. All right. Ich folge ihr jetzt eben nicht. Und ich werde den Teufel tun und Dir nun groß erklären, warum ich mich bei diesem Motel so schnell nicht mehr blicken lassen möchte.

Klar, Du hast es gemerkt. Da läuft was. Das Fischaugengirl. Sie lassen mich beschatten. Sie – das ist die CIA. Ich arbeite für die CIA. Hab ich Dir schon gesagt. Aber - hey, Du würdest ihnen auf den Leim gehen. So läuft das nicht. Viiiel zu offensichtlich. Primo war die Puppe zu auffällig. Dann wissen die, daß ich ein Autonarr bin und ganz sicher jeden Imperial anhechle. Und sie haben eine ziemliche Ahnung, daß bei diesem Best Western Motel für Happy Henry ein großes STOP–Zeichen aufleuchtet. Also, das alles war ein Fake. Die wollen nur, daß ich weiß, daß sie mich beobachten. Daß ich meinen Job mache. Daß ich Ellen dahinschubse wohin sie soll. Ohne es zu merken.

Ich rolle in den Hof. Rangiere zur Rampe. Sie kommen aus dem offenen Rolltor. Ich steige aus. Klappe dem Dodge die Türen hinten auf.

"Hi, Henry," sagt einer. "Bist spät dran. Und ich fürchte, das ist wieder mal nur Vanille-Eis auf Deiner Uniform?"

Sein Freund grinst. "Oh – ist das unser neuer Slogan: UPS - wir liefern für Sie weltweit - mit Vanille-Geschmack!"

ESCAPER Stories / Band 1

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