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SÜSSEN OHNE ZUCKER:
DIE SÜSSSTOFFE DER RÖMISCHEN KÜCHE

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In Tab. 1 vermisst der moderne Betrachter den Zucker. Er war dem antiken Koch noch unbekannt. Zwar wusste man schon seit den Feldzügen Alexanders des Großen in Asien, dass die Inder – wie sich der Geograph Strabon um die Zeitenwende ausdrückt – ihren „Honig“ aus einer Rohrpflanze gewinnen konnten, ohne dass sie dafür auf die Hilfe der Bienen angewiesen seien (Strabon 15, 1, 20). Dieser „Honig“ (griechisch bzw. lateinisch saccharon bzw. saccarum) war natürlich der Saft des Zuckerrohrs, der Grundstoff des Rohrzuckers. Rohrzucker wurde auch in römischer Zeit bereits aus Indien importiert; er diente in Rom aber nur medizinischen Zwecken. In der europäischen Küche hat er erst im Mittelalter Einzug gehalten.33

Dass Strabon den Rohrzucker mit dem Honig verglich, zeigt schon: Honig war in der klassisch-antiken Küche das Hauptmittel zum Süßen von Gerichten. Entsprechend liegt er auf Platz 5 der Tab. 1. Er wurde aber auch zum Konservieren von Obst, Gemüse und Fleisch gebraucht. Vermischt mit Wein, ergab er außerdem ein beliebtes Getränk: den Honigwein (mulsum), der seinerseits aber wieder als Würzmittel dienen konnte (Tab. 1, 38). In Anbetracht dessen, was wir über die kontrastliebende römische Würztechnik sagten, wird dabei nicht verwundern, dass er sehr gern – als Getränk wie als Würzprodukt – mit Pfeffer vermischt wurde. Man nannte ihn dann conditum oder „Würzwein“. Gleich das erste Rezept im ganzen sogenannten Apiciuskochbuch (Abb. 5) gibt die Anleitung für die Produktion eines solchen „wunderbaren Würzweins“ (conditum paradoxum).34

Neben purem oder mit Wein vermischtem Honig waren weitere Süßstoffe der römischen Küche auch noch Datteln bzw. Dattelwein oder Dattelsirup; Feigen und Feigensirup; Pflaumen und Rosinen; und süße Weine, wie der Rosinenwein (passum) – ein auch zum Würzen viel verwendetes Getränk, das aus im Freien getrockneten Trauben gepresst wurde (Tab. 1, 17, 20 f., 23, 31, 34, 44 und 80). Die moderne Entsprechung wären der Strohwein oder die Trockenbeerenauslese.35

Für die römische Küche besonders wichtig ist schließlich eine Gruppe zum Süßen verwendeter Präparate, die man als „Mostsüßstoffe“ bezeichnen könnte. Das sind Traubenmoste, deren Süße bzw. Zuckergehalt durch verschieden starkes Einkochen erhöht wurde. Ihr Verwendungszweck war vielseitig: sie wurden getrunken; zum Verschneiden von Wein gebraucht; als Konservierungsmittel für Früchte eingesetzt; und eben zum Süßen von Gerichten benützt.36

In den überlieferten Nachrichten über die Fabrikation und die Namen der Mostsüßstoffe herrscht leider einige Verwirrung. Unsere Tab. 2 stellt die einschlägigen Quellen und ihre widersprüchlichen Angaben zusammen. Die Präparate danach im modernen Haushalt zuzubereiten, ist zwar kein Problem. Probleme ergeben sich aber, wenn ein erhaltenes Kochrezept die Verwendung eines Stoffes fordert, dessen Herstellung die Quellen widersprüchlich beschreiben. Dann bleibt nichts anderes übrig, als sich für eine bestimmte überlieferte Zubereitungsart (wie zum Beispiel für „sapa à la Columella und Varro“ – siehe Tab. 2) zu entscheiden.

Tab. 2 Namen und Definitionen der römischen Mostsüßstoffe

Name des Produkts: Definition bei: Nach dieser Definition hergestellt durch:
caroenum Isidor, Origines 20, 3, 15; Palladius 11, 18 Einkochen auf zwei Drittel des Volumens
defrutum (auch defretum/ defrictum/ defritum) Plinius, Naturalis historia 14, 80 Einkochen auf die Hälfte des Volumens
Columella 12, 21, 1; Varro bei Nonius 551 M. Einkochen auf ein Drittel des Volumens
Palladius 11, 18 Einkochen bis zur Dickflüssigkeit
sapa (auch hepsema/ mellacium/ siraeum) Columella 12, 19, 1; Varro bei Nonius 551 M. Einkochen auf die Hälfte des Volumens
Geoponica 8, 32; Isidor, Origines 20, 3, 16; Palladius 11, 18; Plinius, Naturalis historia 14, 80 Einkochen auf ein Drittel des Volumens
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