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Neue Begegnungen

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Delhi, 18. Mai 72. Ich fange an herumzureisen und mich ohne Angst zu bewegen, ich fühle mich wohl. Neulich, als ich auf den Zug wartete, legte ich, wie es die Inder tun, ein viereckiges Tuch auf den Boden und setzte mich friedlich hin, um zu warten, die Zeit nutzend, wie sie es tun, um das Leben zu betrachten und sich selbst. Die Züge sind ein Treffpunkt, heiter, vertraut, alle reden und erzählen sich alles. Mir gegenüber sind alle sehr neugierig, sie fragen mich, wo ich herkomme, wie es möglich ist, dass ich nach Indien gekommen sei, was ich suche. Sie bewundern mich dafür, dass ich den Westen, das Land des Wohlstandes, wo es das Glück des Materialismus gibt, aufgegeben habe, um hierher zu kommen und ihre Armut mit ihnen zu teilen. Sie fragen mich, ob ich den Seelenfrieden suche. Sie laden mich in ihre Häuser ein, bieten mir zu Essen an, ich erfahre ein großartiges Gefühl der Gastlichkeit und viel menschliche Wärme. Die Augen dieser Menschen sind warm und voller Liebe.

21. Mai 72. Seit einigen Tagen bin ich in Delhi. Die Stadt regt mich ein bisschen an. Im Crown Hotel, in der Altstadt von Delhi, treffe ich die Freunde wieder, Piero, Claudio, Shanti und einige neue, die gerade aus Italien angekommen sind. Das Hotel ist alt und schmutzig, sehr groß, drei Etagen, die Terrasse bildet das Endstück von Alt Delhi. Die Kreuzung von mehreren Straßen, hier vermischt sich eine große muslimische Moschee mit den Hindu-Tempeln. Es wirkt wie eine Tummelplatz der Zivilisation: Indien, Arabien, der Westen, China und Tibet, alles nicht weit weg. Die kleinen Straßen unten, ein ununterbrochenes Gewimmel von Menschen, Rikshas, Pferden, Kutschen, Kühen; die Autos kommen nicht bis hierher. Die Kühe sind heilig und sehr respektiert - der Verkehr stoppt, wenn sie mitten auf der Straße sind.

Die Westeuropäer haben ihr Lager auf der Terrasse aufgeschlagen und leben in den kleinen, heißen Zimmern, den Ventilator ständig eingeschaltet.

Genau wie in Bombay lebt man von Tee, Haschisch rauchen, von Fruchtsäften und Süßigkeiten aus Milch. Oft wird geduscht, um die Hitze zu überstehen. Ich fühle mich mittendrin in einer magischen Suche, trotz Schmutz und Unordnung. Die Leute hier sind alle wie ich auf der Suche nach etwas Echtem, Wahrem, bereit für das Abenteuer, für das Risiko, das Leiden, die Verdammnis, um den Weg zu finden. Viele haben sich von indischen oder tibetischen Meistern verzaubern lassen. Ich spreche über Babaji, über seine Schönheit, zeige Fotos. Shanti nimmt mich wie immer auf den Arm, er sagt, dass mich Babaji nur anziehe, weil er jung und schön sei. Er schlägt mir vor, mit ihm einen seiner Meister zu besuchen, Dr. Koshik: er ist ein normaler Mann, erklärt er mir, mit Frau und Familie, aber sehr weise und erleuchtet. Er ist ein Anhänger Krishnamurtis und nicht sehr dem Guru-Kult, dem Ausführen von Ritualen und Mantren zugetan. Ich entscheide mich, mitzugehen.

23. Mai 72. Shanti polemisiert weiter mit mir. Er fragt mich, was er mich denn lehre, Babaji? Ich habe Schwierigkeiten, ihm darauf zu antworten: das Mantra zu singen, sage ich, morgens früh aufzustehen. Dann erzähle ich eine Episode, die sich eines Tages in Vrindavan zutrug. Es war am späteren Morgen, der Tempel hatte sich geleert. Babaji hatte mich plötzlich zu sich gerufen. Allein mit ihm, das hat mich sofort nervös gemacht. Er sagte, ich solle mich hinsetzen und auch er blieb still sitzen. Ich nahm wahr, dass mein Geist in frenetische Bewegung geriet, unmöglich, ihn anzuhalten. Babaji sagte, ich solle OM NAMAH SHIVAY wiederholen. Ich versuchte es, aber selbst das schien mir schwierig, unecht. Dann plötzlich, für einige Bruchteile von Sekunden, stand mein Geist still und ich habe eine mir fremde Ruhe entdeckt. Babaji schenkte mir ein großes, breites Lächeln und stand auf. Von diesem Augenblick an dachte ich an diese Stille und habe von da an die Lehre begriffen, die er mir erteilt hat. Als ich Shanti diese Geschichte von dem Schweigen und der Stille erzählte, merkte ich, dass er beeindruckt war: in der Tat, er sagte, das ist es, was es zu lernen gibt, von allen Meistern.

Sonepat, 24. Mai 72. Mit Shanti und einer lebhaften Gruppe von Freunden sind wir in Sonopat bei Dr. Koshik. Der Arzt ist ein lieber Mann, mit einem schönen, buddhahaften Lächeln, leicht ironisch und mit einer inneren Glückseligkeit. Sein Haus und seine Familie sind sehr einfach und außergewöhnlich gastfreundlich. Wie überall in Indien: für die Gäste ist immer Platz, ganz gleich, wie viele es sind, es ist immer Essen im Überfluss da.

Mit ihm sitzt man vorwiegend in einer Art Meditation, man spricht auch über viele Dinge, aber friedlich und gelassen. Der Doktor bringt mir und meiner indischen Mission starkes Interesse entgegen, er stellt mich den Nachbarn vor. In seiner Nähe fühle ich großen Frieden. Ich zeige ihm die Fotos von Babaji und erzähle ihm von dem Leben im Tempel. Von Shanti weiß ich bereits, dass er nicht sehr an diese Methoden glaubt, aber ich spüre, dass er es respektiert. Er redet von den spirituellen Erfahrungen in seinem Leben, erzählt uns, wie er zu einer bestimmten Bewusstseinsform gelangt ist, einfach indem er stunden- und tagelang unter einem Baum gesessen hat, um den eigenen Geist zu beobachten, sein Selbst suchend, mit offenen Augen, bei vollem, klaren Bewusstsein. Nach einer Weile in seiner Nähe stelle ich fest, dass ich beginne, in der gleichen, subtilen Art zu lächeln. Ich fühle mich von dieser friedvollen Energie eingehüllt.

26. Mai 72. Ich bin wieder in Delhi, diesmal, um mit Piero und Claudio zuerst nach Rishikesh abzureisen und dann einen großen tibetischen Lama zu besuchen. Ich spüre, dass es gut für mich ist, andere Meister kennenzulernen, unterschiedliche Lehren, um so mit adäquaten, vergleichenden Maßstäben Babaji einschätzen zu können.

Rishikesh, 27. Mai 92. Wir sind in der Gruppe in Rishikesh angekommen. Rosa und ich haben im Zug Arm in Arm auf der gleichen Holzbank geschlafen.

Rishikesh ist schön, grün, an den kiesigen Ufern des Ganges gelegen. Wir sind in dem kleinen Ashram6 von Swami Prakash Bharti, mitten in einem Mangowald. Unsere Anwesenheit ist erheiternd, und wir kochen ein großes Reisgericht mit Tomaten für die Inder, womit wir sie sehr glücklich machen.

Der Swami hat große, ruhige Augen, braun, warmherzig. Er macht mit uns das Spiel "wer kann länger in die Augen eines anderen schauen, ohne dabei mit den Wimpern zu zucken". Er gewinnt immer. Seine Augen sind wie das Wasser eines stillen Sees. Neulich ist ein etwas ältlicher Sadhu angekommen, mit sehr langem, geknotetem Haar, er ist groß und braun, sehr mager und geht ganz langsam, in speziellen Sandalen aus Holz. Der Swami erklärt uns, dass er ein Jahr lang im Zustand des Samadhi7 gewesen war und die ganze Zeit über sei er in einer Höhle eingeschlossen gewesen, um zu meditieren, ohne zu essen, sogar den Atem, den Herzschlag anhaltend. Kann das möglich sein?

Rosa führt im Garten völlig nackt perfekte Yogastellungen vor. Der Swami feixt darüber, aber der andere Sadhu ist echt gleichgültig. Sie sind freundlich, sie bieten uns ständig etwas zu essen an und Tee, manchmal rauchen sie auch einen Joint.

Unaufhörlich duschen wir unter den Mangobäumen, um der Hitze zu widerstehen, und morgens gehen wir zum Fluss. Hier ist der Ganges wunderschön, der Strand weit und weiß, das Wasser sauber. Der Swami lehrt mich das indische Alphabet und Lieder. Er legt mir eine Rudraksha8 um den Hals und sagt, er sei mein Guru. Aber ich spüre, er ist es nicht. Ganz sicher bin ich mir noch nicht, ob es Babaji ist, aber ich denke immer an ihn und betrachte ständig sein Foto. Es gibt da etwas in der Ausstrahlung und Erscheinung Babajis, das ich jetzt nicht mehr Schönheit nenne, sondern Reinheit, es ist eine Reinheit, die kein anderer hat. Es ist die Energie, dessen bin ich mir bewusst, eines engelhaften Wesens.

Das Abenteuer einer Transformation

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