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Unterwegs in Nepal

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Kathmandu, 5. September 72. Mit einer zufälligen Reisebekanntschaft, einem sehr freundlichen Amerikaner, bin ich in Nepal angekommen. Ich fühle mich wirklich wie auf einer Abenteuerreise, auch, weil mein Geld quasi ausgegeben ist. Wir finden sofort in einem großen Haus außerhalb von Kathmandu ein Zimmer.

Es wird hauptsächlich von Amerikanern bewohnt, die seit langem schon in Nepal leben. Es ist ein schöner, sauberer Ort, mit einem großen Garten. Überall in dem kleinen Dorf Swayambhu gibt es Restaurants und tibetische Häuser. Auf dem Berggipfel sind Tempel, sowohl für Hindus, als auch Buddhisten, in denen die beiden Religionen friedlich nebeneinander existieren. Tag und Nacht werden die Glöckchen geläutet, überall sind Votivlampen und es duftet nach Weihrauch. Schwärme von Affen springen von einem Tempel zum anderen. Der Zugang zum Berg führt über eine große Treppe aus weißem Stein, wie bei einem langen Pilgergang, und es ist zudem Brauch, verschiedene Runden mit Verbeugungen um die Tempel herum zu machen. Ich verneige mich immer wieder vor den verschiedenen Buddhas der Vergangenheit, der Gegenwart, der Zukunft...

15. September 72. Das Nepal-Abenteuer ist faszinierend. Die Amerikaner, die in unserem Haus leben, sind alte Füchse des Orients, Experten in allem. Sie haben sich die Lehren der verschiedenen Meister, sei es der indischen oder tibetischen, zunutze gemacht. Sie schaffen es zu leben, indem sie Geschäfte organisieren, wie Teppichhandel und verschiedene Dinge. Sie haben Geld und sie behandeln einander gut. Es sind Luxus-Hippies, und in Nepal leben sie wie reiche Leute.

Im Weißen Haus, so heißt der Ort, in dem wir leben, organisieren sie oft große Parties, zu denen viele Westliche kommen, die in der Stadt leben. Es ist eine Menge Haschisch im Umlauf, man ist immer in einem etwas irrealen Zustand, aber sehr mystisch. Einige dieser Leute sind sehr schön, intensiv und ich sehe sie voller Bewunderung an. Ihnen gegenüber fühle ich mich wie ein kleines Mädchen, eine Anfängerin. Aber sie akzeptieren mich in ihrem Kreis. Tagsüber esse ich in den kleinen tibetischen Lokalen dort in der Nähe. Ich fühle mich heimisch. Die Tibeter sind immer freundlich und liebenswert. Ich entdecke auch die Anwesenheit einer großen italienischen Kolonie, einige sind Freunde von Freunden: im Unterschied zu den Amerikanern sind sie Aufschneider, ohne Geld, und einige hängen an harten Drogen.

20. September 72. Ich probiere alles aus. Zum ersten Mal, seit ich unterwegs bin, fühle ich mich in der Zauberhöhle. Hier gibt es wirklich alles und ich versuche, alles auszuprobieren. Jeden Morgen stehe ich früh auf, Erinnerung an Babajis Lehre, und in der Morgendämmerung steige ich die langen Treppen zu den Tempeln hoch, auf den Gipfel des Berges. Von da oben ist die Sicht auf das noch schlafende Kathmandu, in einen rosa Nebelschleier gehüllt, schön und beeindruckend. Dann frühstücke ich mit den Freak-Freunden in einem der örtlichen Restaurants und mache einen schönen Spaziergang hinunter zur Stadt.

Kathmandu ist anziehend, am Tor zu mehreren Zivilisationen, hier treffen sich Indien, Nepal und Tibet. Die Nepalesen sind ruhig, lächelnd, farbenprächtig; auch hier stehen die Tempel der Hindus und Buddhisten friedlich nebeneinander. Ich besuche sie alle, laufe durch die Straßen des vollen Basars, ich gehe Mittagessen, wo ich gerade bin, es gibt so viele Lokale und sie sind sehr preiswert. Abends bin ich mit den amerikanischen Freunden zusammen und versuche auch ein bisschen etwas von dieser Kultur in mich aufzunehmen. Sie sind versnobt und überheblich, sie waren die ersten, die den Orient entdeckten und einen Weg fanden, profitable Geschäfte zu machen, es ist, als hätten sie schon immer alles gewusst.

Manchmal gehen wir zum Tanzen in eine Diskothek in der Stadt, eine Mischung aus Orient und Westen, Musik von den Rolling Stones und tibetische Trompeten. Ich vergnüge mich, habe Spaß, rauche Haschisch, tanze ausgelassen und fühle mich frei.

25. September 72. Letzte Nacht habe ich zu viel geraucht und es ging mir schlecht. Ich muss aufpassen, dass ich es nicht übertreibe, denn sonst ist es kein ganzes Vergnügen mehr. Ich bin zur indischen Botschaft gegangen, um ein neues Visum zu beantragen, aber für den Augenblick haben sie keinerlei Absichten, es mir zu geben. Sie haben nach Neu Delhi geschrieben und Erkundigungen nach mir eingeholt.

Abdullah, ein marokkanischer Junge, Schauspieler im 'Living Theatre', macht mir den Hof. Aber er gefällt mir nicht, ich habe sogar ein bisschen Angst vor ihm. Er ist ganz in Schwarz gekleidet, mit ungeheuren Augen. Er ist faszinierend, weil er so katzenhaft ist, von der Qualität eines Balletttänzers, biegsam, hexenmeisterhaft. Neulich abends sah ich ihm voller Bewunderung beim Tanzen zu. Aber ich habe keine Lust auf Sex. Oft schaue ich mir das Foto von Babaji an, das neben meinem Bett steht, rein, weiß, strahlend und denke, dass ich gerne Brahmachari werden würde wie er. In diesen Momenten habe ich kein Bedürfnis nach einer körperlichen Beziehung.

2. Oktober 72. Ich habe kein Geld mehr und das ist jetzt ein echtes Abenteuer für mich. Oft habe ich mich gefragt, wie es die Leute aus dem Westen machen, die den Mut haben, sich in das Wagnis zu stürzen: sie reisen auf gut Glück, oft sitzen sie ohne einen Pfennig da. Und jetzt passiert es mir selbst.

Ich spüre, dass es eine Prüfung für mein Vertrauen in den Weg ist, den ich eingeschlagen habe, dass ich durchhalten muss. Es widerstrebt mit, meine Eltern um Geld zu bitten, die meine Entscheidung absolut nicht mit mir teilen, und es scheint mir auch nicht richtig. Heute hatte ich nicht keinen Penny in der Tasche und die Mittagszeit rückte näher. Ganz zufällig hat mich jemand eingeladen. Ich bin ohne Fahrschein mit dem Bus gefahren, dem Hausbesitzer muss ich auch noch die Miete bezahlen. Endlich habe ich jemanden gefunden, der mir etwas geliehen hat.

25. Oktober 72. Eine lange Zeitspanne liegt hinter mir, in der ich unterwegs war, Haschisch rauchte und mit allen redete. Ich bin müde.

Gestern Abend fühlte ich mich richtig verstört. Als ich nach Hause kam, war Licht in meinem Zimmer. Piero saß auf meinem Bett, rasiert und mit glänzenden Augen. Ich bat ihn, mich mitzunehmen, raus aus der Stadt, zu den tibetischen Lamas. Ich sagte ihm, dass ich von dieser Art Leben enttäuscht sei. Er stimmt mir zu, es scheint, als habe er sich entschlossen, Mönch zu werden.


Lama Yeshe: Ich fand mich vor ihm sitzend, lachend, wie er,

ohne zu wissen, warum...

Das Abenteuer einer Transformation

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