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KAPITEL 9
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Wenn große Menschengruppen nach ihren schlimmsten Ängsten befragt werden, dann belegen Tod und öffentliche Vorträge üblicherweise die oberen Ränge der Ergebnisliste. Danach kommen viele kleinere aber weitverbreitete Ängste, wie die vor Spinnen, Clowns, Versagen, Intimität, dem versehentlichen Waschen eines ausschließlich für die Reinigung gedachten Jacketts und Menschen mit Hasenscharten. Zwei Ängste, die typischerweise nicht auf der Liste stehen, sind die Angst vor Erfolg und die Angst, die Genitalien von Drogendealern an eine Autobatterie angeschlossen zu bekommen. Eine dieser Ängste plagte Jeremy momentan. Während Caleb darauf bestand, dass es die Erste sei, war Jeremy ziemlich sicher, dass es die Zweite war. »Da könnte 'ne Million Dollar drin sein«, sagte Caleb. »Eine Million Dollar schmutzigen Geldes, das wir kein bisschen weniger verdienen als die Leute, die es haben, und alles, was wir tun müssen, ist da reingehen und es nehmen. Und du willst wegfahren, ohne das überhaupt zu untersuchen? Wie viele Muschis hast du eigentlich?«
Sie befanden sich am fraglichen Ort, der nordöstlichen Ecke des Sunset Parks mit der langweiligen kleinen Fontäne und der Statue von Hector Slammo. Zehn Schritte vom Auto entfernt lag der Wartungsschuppen, in dem irgendein Kerl namens Jack eine unbestimmte Geldsumme aus unbestimmten Gründen abholen sollte.
»Ich weiß nicht, Mann. Ich hab ein schlechtes Gefühl bei der Sache.«
»Verdammt, Alter. Höchstens dreißig beschissene Sekunden. Du rennst zum Schuppen, du schnappst dir, was immer du findest, du rennst zurück.«
»Und wenn da sechs Kerle mit Tattoos und einem Schneidbrenner drin sind?«
»Keine Ahnung, dann sagst du: Sorry, ich wollte bloß irgendwo scheißen gehen.«
Jeremy seufzte verstimmt. Caleb hatte die Diskussion bereits gewonnen, aber er wollte ihm nicht die Befriedigung geben.
»Ich glaub nicht, dass ich das schaffe.«
»Schön. Ich mach's, wenn du unbedingt ein kleiner Feigling sein willst. Du fährst. Ich bin Jack.«
Caleb stieg aus dem Auto aus und holte tief Luft. Er sah Jeremy dabei zu, wie er vom Beifahrer- in den Fahrersitz kletterte, und zögerte den Gang zum Wartungsschuppen heraus, solange er gerade konnte, ohne wie ein Weichei zu wirken. Was ungefähr sieben Sekunden dauerte. Länger wäre auffällig gewesen.
Er überbrückte die Strecke zwischen Auto und Schuppen und öffnete eine Schiebetür an der Seite des kleinen Gebäudes. Im Innern war es höllisch dunkel, aber zumindest schien der Schuppen bar menschlichen Lebens zu sein.
Er hielt den Atem an, als er eintrat. Der Geruch von Schimmel und Gott-weiß-was-sonst traf ihn hart. Er fegte Spinnweben zur Seite, trat auf Kondome voller Teenagerwichse und nutzte sein Handy als Taschenlampe, um nach der geringsten Spur des Geldes Ausschau halten zu können. Er sah nur rostige Werkzeuge, halbgefüllte Dosen eingetrockneter Farbe und die verdammten Kondome. Er langte über seinen Kopf, tastete die Holzregale an der Wand ab und sagte sich selbst, dass irgendwo in diesem Müll ein Umschlag vollgestopft mit Hundertdollarscheinen sein musste. Genug für eine Anzahlung auf ein neues Auto oder um sich ein Dutzend neuer Tattoos stechen zu lassen. Seine Finger ertasteten etwas, aber als er es ins Licht seines Telefons hielt, erkannte er, dass es nur ein paar Blätter besudelten Klopapiers waren.
Er verzog das Gesicht und warf das Papier auf den Boden, wo es auf einer orangefarbenen Reisetasche landete. Einer orangefarbenen Reisetasche, die gerade neu genug war, um zwischen dem anderen ekligen Zeug, das im Schuppen angehäuft war, fehl am Platz zu wirken. Einer orangefarbenen Reisetasche, die gerade fehl am Platz genug war, dass Caleb sie mit dem Fuß unter dem Regal herausschob, darauf bedacht, sich keine allzu großen Hoffnungen zu machen oder – viel schlimmer – das Klopapier noch mal zu berühren.
In dem Moment verlor Jeremy die Nerven. Während der letzten fünfzig oder sechzig Sekunden, die er allein im Auto verbracht hatte, hatte er versucht, seinen Kopf schnell genug zu drehen, um die vollen 360 Grad auf jedes Anzeichen einer nahenden Bedrohung abzusuchen. Er hatte auf Schüsse gelauscht, Schreie, Autobatterie-an-Hoden-Geräusche und auf alles andere, das ihn dazu veranlassen könnte, wie vom Teufel gejagt von diesem grauenhaften, gefährlichen Park zu verschwinden.
Nachdem diese fünfzig oder sechzig Sekunden vergangen waren, ergab es sich, dass Jeremy in den Rückspiegel schaute und ein paar Scheinwerfer bemerkte, die auf ihn zukamen. Ja, große Scheinwerfer, wie die an einem mit fünfundsechzig Uzi-bewehrten Kolumbianern vollgepackten Sattelschlepper.
»Scheiße.« Das Wort verließ Jeremys Mund kaum als Flüstern. Dann wurde er lauter. »Scheiße! Oh, Scheiße! Caleb!« Er öffnete das Fenster und schrie. »Caleb! Steig sofort wieder ein!«
Caleb drehte sich der Magen um. Er schnappte sich die erstaunlich schwere orangefarbene Reisetasche und rannte zum Auto, das sich schon in Bewegung setzte. Er schleuderte das Geld auf den Vordersitz und wollte selbst hineinspringen, verlor aber das Gleichgewicht und fiel mit dem Gesicht zuerst und den Beinen zur Seitentür heraushängend auf den Beifahrersitz.
Hätte Jeremy warten können, bis Caleb komplett im Auto war, bevor er losfuhr? Klar, bestimmt. Wenn es ihm nichts ausmachte, von Terroristen gefangen genommen und mit einem Schweißbrenner kastriert zu werden. Jeremys Meinung nach hätte sich die Situation schnell zu einer solchen entwickeln können, in der jede Sekunde zählte, und er gab den Umständen einen Zweifelsbonus.
Caleb schaffte es, seine Beine ins Auto zu schwingen. Er kniete auf dem Beifahrersitz, den Blick ins Wageninnere gerichtet, und bis er sich herumgedreht hatte und zur Windschutzscheibe hinausschaute, von wo sich ihnen ein Stoppschild mit alarmierender Geschwindigkeit näherte, blieb nicht mehr viel Zeit, Jeremy auf dieses Detail aufmerksam zu machen.
»Jeremy. Jer! Fuck!«
Jeremy sah das Stoppschild etwa im selben Moment, wie er das Auto die angrenzende Straße entlang auf sich zu rasen sah. Er trat voll auf die Bremse und riss das Lenkrad so weit er konnte nach rechts. Mit zwei Reifen rutschte er auf den Bürgersteig hinauf, verpasste den anderen Fahrer um Haaresbreite und schickte das eigene Auto beinahe in einer Endlosrolle das Abwärtsgefälle der Straße entlang.
Dank dieses Manövers schaffte Caleb es nicht, die Tür zu schließen. Stattdessen landete er mit seinem Kopf in Jeremys Schoß und seinem Bauch auf der Reisetasche, die zwischen ihnen lag. Calebs Priorität wäre zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich sein Sicherheitsgurt gewesen, aber Jeremy gab ihm keine Gelegenheit darüber nachzudenken, ehe er überkorrigierte.
Er riss das Lenkrad nach links. In seinem betrunkenen Zustand war er zu sehr darum bemüht, die Kontrolle über das Fahrzeug wiederzuerlangen, und so kippte er es stattdessen auf die anderen beiden Reifen. Als er dies tat, flog die Beifahrertür ganz auf und Caleb stürzte bei fünfzig Stundenkilometern aus dem Auto. Während er über die Straße rollte, klammerte er sich an der orangefarbenen Reisetasche fest.
In diesem Moment – viel früher als es ideal gewesen wäre – ging Jeremys Airbag auf. Dies erschreckte ihn höllisch und ließ ihn beide Hände vom Lenkrad nehmen, wodurch das Auto nun endlich vollständig außerhalb seiner Kontrolle war. Die Reifen zur Linken sanken auf die Straße zurück und gaben ihm die Möglichkeit, wieder zu steuern, auf welche er aber lange genug verzichtete, um frontal in die Seite eines Gebäudes zu rasen und seinen Kopf in die Vertiefung im Lenkrad zu knallen, die normalerweise den Airbag beheimatete.
Wären die beiden in diesem Moment nicht so desorientiert gewesen, hätten sie vielleicht bemerkt, dass der Trucker, vor dem sie geflohen waren, kurz am Stoppschild hinter ihnen hielt, dann nach links abbog und sein Leben weiterlebte.
Caleb lag mitten auf der Straße auf dem Rücken, mit der ziemlich schweren Reisetasche auf der Brust. Er wusste, dass er blutete und nicht hundertprozentig in Ordnung war, aber er war nicht ganz sicher, ob ihm nicht vielleicht ein paar Knochen aus der Haut ragten. Als er also auf die Füße kam, tat er dies langsam. Sobald er aufrecht stand und sich versichert hatte, dass nichts Wichtiges gebrochen war, lief er schreiend auf Jeremys Auto zu. »Was zum Teufel?«, rief er und, »Bist du völlig bescheuert?«, und sämtliche anderen Phrasen, die ein heißblütiger Mensch berechtigterweise unter solchen Umständen von sich gab.
Jeremy saß hinter dem Lenkrad und versuchte zu einem Urteil darüber zu gelangen, ob dies die Realität oder ein Traum war. Er kletterte vorsichtig aus dem Auto und sagte: »Jemand ist uns gefolgt.«
Dann sah er sich nach dem Truck um, aber es schien so, als hätte er den Verfolger abgeschüttelt.
»Bullshit!«, schrie Caleb. »Jemand ist vorbeigefahren und du machst einen auf scheiß Tommy Boy! Ich wusste es! Ich hätte fahren sollen!«
»Gottverdammt«, sagte Jeremy, während er die Front seines Autos begutachtete, die entweder in sich selbst zusammengefallen oder vom Aufprall mit dem Gebäude zerstört worden war – es war schwer zu sagen, was genau passiert war.
»Fuck!«, schrie er. Er schlug nach dem Seitenspiegel und beförderte ihn in hohem Bogen auf die Straße. »Ich kann mir das nicht leisten.«
»Tja, weißt du …«, sagte Caleb, nachdem er sich wieder unter Kontrolle hatte. »Es dürfte dich überraschen, was du dir alles leisten kannst.« Er warf die orangefarbene Reisetasche vor seinem Freund auf den Boden.