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KAPITEL 2
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Jeremy würde einem Leoparden in die Fresse hauen für eine Zigarette. Heute war sein fünfter »erster rauchfreier Tag« in Folge, und dieser lief nicht wesentlich besser als die vorherigen vier. Zwölf Stunden waren es, zwölf Stunden, seit er aufgewacht war, und nicht ein einziger Zug. Er würde Rattengift essen, seine Hand in einen Mixer stecken, sogar nach Idaho ziehen … für eine Zigarette. »Du bist ein großer Fisch in einem kleinen Teich«, sagte er zu Caleb, der neben ihm saß, während sie in Jeremys Cabrio den Highway entlang rasten.
»Was soll das denn heißen?«
Jeremy hatte gedacht, dass Caleb seine Pläne, Scud innerhalb der nächsten Monate zu verlassen, scheißegal wären. Er war hier aufgewachsen und hatte Tausende Freunde in der Stadt, aber Jeremy war nur fürs College hergekommen. Sie hatten sich vor einem Jahr bei einem Bowlingkurs kennengelernt und spielten mittlerweile zusammen im selben Team, obwohl sie beide grottenschlecht waren. Als Jeremy seine Absicht bekannt gegeben hatte, sich eine neue Stadt zur Heimat machen zu wollen, hatte Caleb mehr zu jammern angefangen, als er erwartet hätte.
»Das heißt, der einzige Grund, warum du gern hier lebst, ist der, dass du minimal mehr charismatisch als der Rest der Idioten hier bist, was dir wiederum die Aufmerksamkeit aller Idiotinnen verschafft.«
Caleb legte den Kopf schief. Jeremys Argument war ihm unbegreiflich. »Okay, aber nach dieser Logik hätte ich eine Entschuldigung dafür, die Stadt zu verlassen, weil ich ein großer Fisch bin. Aber du, du bist kein großer Fisch, noch nicht mal im kleinen Teich, also, warum denkst du darüber nach … in einen größeren Teich umzuziehen?«
»Wovon, zum Teufel, redest du?«
»Keine Ahnung. Es war deine Analogie, du Vollpfosten.«
Jeremy hielt inne, um nach den richtigen Worten zu suchen. Worüber sie gerade sprachen, war zwar unwichtig, aber er befürchtete, er würde ziemlich dumm aussehen, wenn er den Gedanken fallen ließe, ohne ihn zu erklären.
»Okay«, sagte er, »ich meinte nicht, dass Scud ein kleiner Teich ist. Scud ist ein größerer Teich. Also, normal groß. Ich meinte, die Bowlingbahn ist ein kleiner Teich. Du magst dein Leben, weil in diesem kleinen … in deinem kleinen Nest … der Fischschwarm im … in dem kleinen Abschnitt des großen Flusses–«
»Die Analogie ist tot. Lass die Analogie sterben.«
»Ich pfeife auf die Bowlingbahn. Das ist der springende Punkt. Und ich hab keine Freunde in der Stadt. Ich bin hergezogen, um zum College zu gehen, und wenn ich das hinschmeiße, dann habe ich einfach keinen Bock darauf, weiter hier rumzuhängen. Es ist eine beschissene Stadt. Ich will irgendwo hin, wo es nicht dauernd Einbrüche gibt oder Diebstähle oder … einen Serienmörder, der nachts die Straßen unsicher macht.«
Jeremy sprach über den Killer, der seinen Spitznamen durch das Töten von Strippern in Tallahassee bekommen hatte, bevor er dann Florida verlassen und das Land mit einer brutalen Welle von Blut, Gedärmen und Nippel-Pasteten überzogen hatte. Irgendwie war der Name »Tallahassee Slasher« kleben geblieben, was zu ein paar ziemlich verwirrenden Schlagzeilen führte.
»Gottverdammt, Alter, hör dir mal zu«, sagte Caleb, während er sich eine Zigarette anzündete, die für Jeremy so aussah, als wäre sie von Wolfgang Puck gemacht worden. »Sie ist nur vorübergehend hier. Vor zwei Wochen war sie noch in Wyoming, Himmel noch mal; keine Stadt ist zu langweilig für einen Serienmörder.«
»Warte, SIE?«
»Der Stripper-Killer.«
»Woher weißt du, dass der eine Frau ist?«
»Ein Kerl, der loszieht und knackärschige Weiber abschlachtet? Das wäre ja so was von abgefuckt. Nein, das muss so 'ne eifersüchtige, hässliche Tussi sein. Eine, die in der Highschool kein Date abbekommen konnte, weil alle Kerle auf die Cheerleader standen. Du weißt schon, so was. Das ist Kriminalpsychologie für Anfänger. Suche nach der Schicht, die vom Verbrechen profitiert.«
»Du hast Kriminalpsychologie für Anfänger belegt?«
»Nein, ich hab nicht beschissene Kriminalpsychologie belegt, aber ich zieh mir verdammte Anwaltsserien rein. Wer gibt 'nen Scheiß drauf, was irgendein College-Professor labert? Der Stripper-Killer ist trotzdem eine Frau, lass dir das gesagt sein. Lass uns darum wetten. Wenn man sie findet und sie eine Frau ist, dann musst du in Scud bleiben.«
»Nein. Ich hau ab. Keine Wetten.«
»Tja, es ist eine Frau. Ich bin mir verdammt sicher. Vielleicht sehen wir sie ja heute Nacht. Ich werde sie finden, sie dir zeigen, und dann musst du bleiben.«
»Alter, einem leibhaftigen Serienmörder zu begegnen, wird mich nicht davon überzeugen, in der Stadt bleiben zu wollen.«
»Gut. Und was würde?«
»Keine Ahnung. Eine feste Freundin? Vielleicht eine Karriere?«
Caleb lachte laut auf. »Dein Problem ist nicht die Stadt. Du bist am Arsch, egal wohin du gehst.«
Jeremy zeigte seinem Freund den Mittelfinger. »Ja, ja. Anscheinend fällt dir nichts ein, für das es sich lohnen würde, in Scud zu bleiben. Warum also sollte ich mich mit dem ganzen Verbrechen und der Scheiße abfinden? Was ist die gute Seite?«
»Ein Haufen geiler Weiber im Klub, Mann.«
»Stripperinnen? Das ist das Beste, was dir einfällt? Weißt du, entgegen der hiesigen Meinung gibt es auch in anderen Städten Stripklubs.«
»Keine wie das Stan's, Mann. Hey, du hast gesagt, du willst 'ne feste Freundin.«
»Ja, aber doch keine Stripperin. Das sind keine Freundinnen. Du siehst ihnen dabei zu, wie sie ihre Klamotten ausziehen, und dann gehst du nach Hause und denkst an sie, während du mit dir selber spielst. Du gehst nicht mit ihnen aus.«
»Sprich für dich, Alter. Ich bin schon mit Stripperinnen ausgegangen.«
»Oh, ich streite ja nicht ab, dass es physikalisch möglich ist, mit einer Stripperin auszugehen, aber ich habe das Wort fest betont. Eine Stripperin ist keine feste Freundin.«
»Wer will schon immer dieselbe Tussi?« Caleb grapschte nach einem unsichtbaren Hintern in seinem Schoß und ließ ihn auf und ab hüpfen.
Jeremy gab auf. Calebs Argumentation war unlogisch. Er würde sich nicht überzeugen lassen, und das Einzige, worauf sich Jeremy im Moment konzentrieren konnte, war, wie sehr er eine verdammte Zigarette haben wollte. Er hätte einen professionellen Athleten geohrfeigt. Er hätte einen Stuhl in den Verkehr geworfen, seiner Großmutter den Mittelfinger gezeigt …
Er fuhr das Auto auf den großen unbefestigten Parkplatz vom One-Night Stan's. Das Neonschild leuchtete über ihnen. ONE-NIGHT STAN'S TITTY BAR stand darauf, und darunter war ein riesengroßes Paar Titten.
Die beiden kletterten aus dem Wagen. Während sie über den Parkplatz zum Haupteingang gingen, versicherte Caleb Jeremy, dass er wie ein großer Fisch in einem kleinen Teich trinken würde.