Читать книгу Lipstick Traces - Greil Marcus - Страница 28
DA MAN
Оглавлениеihn inzwischen mit den Leuten identifizierte, die über das nötige Geld und die richtigen Firmen-Connections verfügten, um an die raffiniertesten und ausgefallensten Hilfsmittel zu gelangen, wurde der Rock ’n’ Roll zum alten Hut; eine zeitgenössische Parodie ließ einen Rockstar von seiner Plattenfirma fordern, dass sie die Aufnahme seines nächsten Albums im Weltraum finanzierte, was aber nicht wie eine Parodie wirkte. Rockmusik wurde zu einem x-beliebigen gesellschaftlichen Faktor, wie die Fahrt eines Pendlers oder der Bau einer Autobahn. Er wurde eine Angewohnheit, eine Struktur, unsichtbare Unterdrückung.
Die Sixties, schon zu ihrer Zeit eine mythische Ära, beruhten auf dem Glauben, da alles wahr sei, sei alles möglich. Unter Rockstars reduzierte sich diese utopische Ideologie in den siebziger Jahren auf einen betuchten Solipsismus. Von dem barfüßigen Solipsismus des Überlebens in Vernichtungslagern aus betrachtet, war sogar eine Widerstandsphantasie – die von Natur aus fast eine Phantasie der Kollektivität, der Solidarität sein musste – utopisch; indem sie auf der Sensibilität des Individuums als Quelle aller Werte bestanden, machten Rockstars Solipsismus zur Utopie. Wie Filmstars hatten sie so viel Geld verdient, dass sie das, was auf der Welt passierte, weder berührte noch interessierte, und ihre Vorträge über ein sorgloses und fast problemfreies Leben sprachen ein breites Publikum an. Veränderung war nicht notwendig; »Veränderung« klang mittlerweile wie ein altmodisches Sechziger-Jahre-Wort. Das in der Gesellschaft generell herrschende Chaos verlangte nach einer beständigen und beruhigenden Musik; in der Pop-Welt stand die Zeit still. Jahrelang, scheinbar jahrzehntelang, konnte man das Radio anstellen und sicher sein, James Taylors »Fire and Rain« zu hören, Led Zeppelins »Stairway to Heaven«, »Behind Blue Eyes« von den Who, Rod Stewarts »Maggie May«. Das ging in Ordnung; es waren gute Songs.