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Wasserfrüchte

Ein Clochard kam an einem heißen Sommertag gemächlich über den Bürkliplatz in Zürich.

Es war Markttag. Die Händler hatten ihre Waren begehrlich auf den Verkaufsständen ausgebreitet. Schön und farbenfroh sah es aus, es ermunterte zum Kauf. Da entdeckte er einen Stand mit Wassermelonen. Die Farben ihrer glatten Schale variierten zwischen dunkelgrün und hellgrün, gestreift. Ihre Formen waren rund bis länglich. Manche wogen nur wenig. Doch am Boden, rechts vom Stand, lagen drei riesige Wassermelonen. Phantastische Exemplare!

Der Clochard schätzte sie auf etwa zwanzig Kilogramm.

Auch aufgeschnittene, halbierte Melonenschnitze, mit intensiv rotem, süßem Fruchtfleisch lagen zum Verkauf bereit. Sie ließen ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen.

Wie mürbe sie aussahen! Er liebte Wassermelonen. Immer wieder drang derselbe Satz des Marktschreiers an sein Ohr: »Leute, kauft Melonen, Melonen, die besten Sommerfrüchte für heiße Tage, mit 93 Prozent Wasser. Kauft Melonen!«

Die Hitze schien dem Clochard unerträglich. Er spürte, wie ausgedörrt seine Kehle war. Durst quälte ihn.

Da packte es ihn. Er verspürte den unbändigen Drang, wenigstens einmal an den geviertelten duftenden Melonenschnitzen zu riechen. Mit den Ellbogen drängelte er sich durch die Kunden vor, an den Stand. Sie wichen erschreckt zurück. Tief beugte der Mann seine Nase hinunter, bis zu den Melonenteilen. Genüsslich schloss er die Augen und sog ihren süßen Duft ein.

»Hör mal, mein Freund«, schrie da der Melonenverkäufer aufgebracht, »du vertreibst mir meine Kunden, was soll dein unmögliches Verhalten! Kauf dir eine Melone oder verschwinde! Hast du verstanden?«

Erschrocken wich der Clochard zurück.

Der Händler machte eine Handbewegung gegen ihn, wie wenn man eine lästige Fliege verscheucht. »Hast du Geld oder nicht?« Da griff der Angesprochene mit stummer Gebärde in seine abgetragene Hose und zog die Hosentaschen heraus.

Die Taschen waren leer! Der Händler wiederholte seine abschätzige Handbewegung gegen ihn. Wortlos zog der Clochard nochmals an seinen Hosentaschen. Plötzlich klimperte es und ein Rappen fiel auf den Boden. Er drehte sich kurz auf dem Pflaster um. Rasch stellte er seinen Fuß auf das Geldstück und hob es auf. Freudig rief er: »Endlich hab ich dich wiedergefunden! Mein Glücksrappen!« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.

Der Verkäufer des Melonenstandes dachte an die vielen großen Münzen und Scheine in seiner Kasse. Hatten sie ihn je einmal glücklich gemacht? Ein Lächeln in sein Gesicht gezaubert? War dieser Glücksrappen etwa ein Hinweis für ihn, etwas menschlicher zu sein?

Zu seiner eigenen Überraschung hörte er sich rufen: »He, du, mit deinem Glücksräppler! Komm her, ich will dir etwas schenken!«

Der Clochard traute dem Frieden nicht. Vorsichtig kam er näher.

»Komm! Ich will dir wirklich etwas geben.« Der Verkäufer nahm einen großen Plastiksack und füllte ihn randvoll mit Melonenvierteln, diesen gab er dem Landstreicher. Als er ihm in die Augen schaute, sah er darin ein Leuchten, wie bei einem Kind, das man reich beschenkt.

Schnell nahm der Clochard den Sack und lief eiligen Schrittes davon.

»Was für ein beglückendes Gefühl ist es doch, Freude zu bereiten«, dachte der Melonenhändler. »Ich hatte es fast schon vergessen.«

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