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Einsichten aus der Peripherie

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2015 wurde eine Tagung an der Hochschule Magdeburg-Stendal ausgerichtet und unter den Titel „(Über)Leben in der Provinz. Sozial- und kulturwissenschaftliche Betrachtungen der Peripherie von Jugendkultur(forschung)“ gestellt. Diese Tagung3 – gemeinsam ausgerichtet u. a. mit der Respekt!-Stiftung, die auch die in diesem Band dokumentierte Studie „WIR. Heimat – Land – Jugendkultur“ (Ollendorf/Borkowski/Mey) mitinitiiert hat, – hatte zum Ziel, Schlaglichter auf das weitgehend vergessene oder eben in der Jugendforschung peripher verhandelte Thema zu werfen (vgl. Leser/Mey 2017). Diagnostiziert wurde, was auch ein paar Jahre später noch gültig ist: Jugend, vor allem Jugendkulturen (die wie Land und Jugend im Plural zu denken sind, vgl. Farin 2011, Hitzler/Niederbacher 2010; zusammenfassend Böder u. a. 2019, Mey/Pfaff 2015) werden überwiegend als urbanes Phänomen verhandelt. Dies zeigt sich sehr deutlich daran, dass jugendkulturelle Ausdrucksweisen und Praxen spätestens seit den beginnenden 1980er-Jahren weitgehend als „städtische Revolten“ beschrieben wurden: „Züri brennt“, die Hausbesetzungen in Berlin, der „Kampf“ gegen die Startbahn-West in Frankfurt oder die „Hafenstraße“ in Hamburg. Solche Bewegungen haben die „Landkommunen“ aus den 1970er-Jahren überstrahlt, die als „Aussteiger“-Milieus ebenso als markanter Gegentrend zu beschreiben wären wie die Wandervögel – gegründet in Berlin Steglitz –, die gerne als erste Jugendbewegung angeführt werden und als Gegenkultur zur Verstädterung und Industrialisierung zu lesen sind (Bucher/Pohl 1986).

Das überbordende Narrativ der großstädtischen Jugend überschreibt dabei nicht nur diese bedeutsamen „Gegenerzählungen“, sondern missachtet auch, dass das größte Metal-Spektakel „Wacken“ auf den Stoppelfeldern in einem Dorf in Schleswig-Holstein abgehalten wird und die Relevanz des Provinziellen deutlich macht. Auch im Falle des deutschen Hip-Hop ist evident, dass der v. a. durch mediale Dominanz auffällige Gangsta-Rap zwar als Stimme aus den Metropolen-Betonsilos (etwa der „Block“ im Märkischen Viertel, vgl. Dietrich/Seeliger 2012) gelten kann, die Kultur aber insgesamt lange zuvor im eher kleinstädtischen Süden Deutschlands (so Heidelberg) in Erscheinung trat. Anzumerken ist aber, dass, wenn auch „Provinzen“ – also ländliche Regionen, Kleinstädte oder gar Dörfer als Orte der Jugendkultur – kaum Aufmerksamkeit innerhalb der sozialwissenschaftlichen Forschung erhalten haben, andere Formate durchaus den Blick öffnen: seien es Dokumentarfilme (wie ostPunk von Boehlke/Fiebeler 2006, Wacken 3D von Heitker 2014 oder Fernab. Subkultur in der Provinz von Petzoldt 2014) sowie Themenausstellungen wie Break through to the other side im Schlossmuseum Jever (Schmerenbeck 2007), The Beat goes on im Museum Industriekultur Osnabrück (Keller/Wolf 2013) oder Jugendkultur in Stendal: 1950–1990 im Altmärkischen Museum (Mey 2018a).4

WIR. Heimat - Land - Jugendkultur

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