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Und am Ende steht „die“ Frage von „Gehen oder Bleiben“ …

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Auch wenn die eingangs erwähnten Pluralitäten (also die Verschiedenheiten unter den Jugendlichen ebenso wie die Diversitäten der sehr verschiedenen ländlichen Regionen) betont werden, findet sich dann bei der Auseinandersetzung um „Jugend auf dem Land“ und der Klärung der (Un-) Zufriedenheiten am Ende meist eine Zuspitzung mit der als zentral erscheinenden Frage nach dem „Gehen oder Bleiben“. Bisweilen scheint sie aufgrund der – anders als in Städten existenten – Freizeitangebote, mehr aber noch mit Blick auf Sozialstruktur und den damit korrespondierenden Zukunftsaussichten, der einzige Dreh- und Angelpunkt der Debatten zu sein. Es bleibt zu reflektieren, wer aus welchem Grund diesen Fokus festlegt. Wenn es so ist, dass in der Jugendkulturforschung die Szenen und das Szenenleben urban verortet sind, dann scheint die Antwort auf diese Frage wohl „Ich bin dann mal weg“ lauten zu müssen: Denn jugendkulturelle Praxen scheinen aus dieser Perspektive in der Provinz fast undenkbar. Mit Blick auf berufliche und schulische Optionen und vor dem Hintergrund infrastruktureller Angebotspaletten wird die Frage in die Studien wohl nicht ebenso selten – von politischer Seite – hineindiktiert: verbunden mit der Hoffnung auf ein „Ich bleibe erst mal hier“, um das oft bemühte „Ausbluten der ländlichen Regionen“ zu verhindern und dem demografischen Wandel überhaupt begegnen zu können. Ob dies allerdings eine für die Jugendlichen relevante Frage ist, bleibt unklar. Aus der Perspektive der Jugendlichen sind andere Alltagsmomente wichtig, die sie mithin – da Individualisierung nicht vor den Dörfern Halt macht – nicht von ihren Altersgleichen in den Städten unterscheiden: die hohe Bedeutung sozialer Medien und damit einer schnellen Internetverbindung, die beide für ihre Interessen angemessene Angebote liefern und zum Treffen mit anderen, zum „aktiv“ sein, genutzt werden. Kurzum: Es kommt auf die Gelegenheiten im Hier und Jetzt an.

Der Fokus dieses Bandes auf die „Gelegenheitsstrukturen“ ist daher nur konsequent, um von dort die Frage aufzuwerfen, welche identitätsstiftenden Räume und Angebote für die Jugendlichen in ländlichen Regionen existieren oder welche sie selbst – teilweise gegen Widerstand – (mit-) gestalten können: nicht nur, um etwas zu tun, sondern um sich auch als „wirksam“ zu erleben. Provinzen müssen dabei gar nicht als die besseren Orte gedacht werden. Vielmehr gilt es, die je konkreten Gelegenheitsstrukturen zu betrachten und im Zuge dessen über Redefinitionen nachzudenken – beispielsweise inwieweit Ressourcenknappheit auch zu sehr spezifischen Innovationen führt, die eben „nur“ angesichts der spezifischen Opportunitäten möglich sind. Eine solche Frage hat den Aspekt der Glokalisierung (Robertson 1998) – also dem Zusammenspiel von Globalisierung und Lokalisierung – ernst zu nehmen und ebenso, dass städtische und ländliche Lebenswelten relational zu verstehen sind.

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