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2 Vom Fachwissen zur Fallkompetenz in der Logopädie. Zur Bedeutung der Kasuistik in der therapeutischen Praxis Andrea Haid, Ute Schräpler & Jürgen Steiner 1 Zur Bedeutung der Kasuistik in der therapeutischen Praxis

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Begriffsklärung

Kasuistik ist die Versachlichung des Prozesses, Menschen mit einem Anliegen bzw. einem Problem zu begleiten. In der Logopädie sind dies Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckprobleme. Der Fall ist demnach nicht eine Person, sondern die Gesamtheit des Problemzusammenhangs bzw. ein Vorfall zur professionellen Bearbeitung. Die Herangehensweise an einen Fall ist methodisch der Hermeneutik zuzuordnen. Es geht darum, den Weg vom Phänomen in seinem Kontext über das Verstehen in der Rückschau und im Jetzt zum Sinn zu beschreiten (vgl. Wernet 2006).

Das Wort Einzelfall ist nicht zufällig doppeldeutig: Einerseits handelt es sich um einen Vorgang, in dem sich Ratsuchende einer helfenden Profession anvertrauen, wie z. B. in der Medizin, in der Psychotherapie, in der Juristik, in der Pflege oder in der Logopädie, und andererseits bedeutet Einzelfall die Ausnahme von der Regel.

Bei Bildung von Komposita entstehen Begriffe wie Fallanalyse, Fallrekonstruktion, Fallbeschreibung, Fallbesprechung, Fallvorstellung, Fallarbeit, Fallführung, Falldokumentation, Fallstudie oder Fallvignette, die alle in medizinischen und in therapeutischen Berufen und somit auch in der Logopädie bedeutsam sind.

Die in diesem Buch dargestellte Kasuistik bzw. Fallarbeit bezieht sich auf die Systematik der Bearbeitung von Fällen in der Praxis. Die Aspekte der fallorientierten Ausbildung und die Methodik der Therapieforschung anhand von Einzelfällen sollen nicht zum Gegenstand werden, da das vorliegende Werk als Lehr- und Praxisbuch zu verstehen ist. Im ersten Beitrag werden theoretische Bezüge für die praktische Herangehensweise an einen Fall in der Logopädie dargestellt. Sie münden in einem Kaskadenmodell, auf das in den darauffolgenden Fällen von den Autoren Bezug genommen wird.

Einzigartigkeit und Leitplanken

Logopädisch tätig zu sein heißt, Menschen auf der personellen Ebene zu begleiten. Auf der sachlichen Ebene kann von der Bearbeitung von Fällen gesprochen werden. Dabei ist einerseits jeder Fall einzigartig, andererseits gibt es ein zu erwartendes, konsensfähiges Vorgehen, das über Studien sowie Experten- und KollegInnenmeinungen abgesichert ist und definierten Schritten folgt. Das Fachgebiet der Logopädie mit Interventionen bei Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen mit entsprechend vielen Handlungsfeldern, auch in Randbereichen und über die gesamte Lebensspanne, ist sehr breit. Deshalb kann die Logopädin zwar beim »klassischen Fall« auf ein prototypisches Vorgehen Bezug nehmen, in vielen Fällen agiert sie aber mit eher schwachen Leitplanken, d. h. die Orientierung im Fall ist durch Komplexität, Individualität und Einzigartigkeit erschwert. Die Recherche der Studienlage als Suche nach Evidenz ist in vielen konkreten Fällen des Berufsalltags wenig gewinnbringend. Anhand folgender drei Beispiele wird dies deutlich:

• Eine Patientin mit einer Alt-Singstimme singt im Abendprogramm in einem Chor. Gleichzeitig nimmt sie sprechend die Rolle der Moderatorin des Abends wahr. Am Abend wird sie über den Wechsel von Sing- zur Sprechstimme heiser.

• In der Akut-Rehabilitation wird ein 73-jähriger Patient nach einem neuerlichen Infarkt angekündigt; neuropsychologische Probleme wie Aufmerksamkeit und Orientierung dominieren das klinische Bild.

• Ein 18-jähriger junger Mann meldet sich mit einer Mutationsfistelstimme in der logopädischen Praxis. Eine Therapie vor drei Monaten bei einem Psychologen war erfolglos.

Definition Fallarbeit in der Logopädie

Professionelles logopädisches Handeln ist ein Prozess auf der Grundlage von Fachwissen. Es ist modellbasiert und damit in komplexen, heterogenen Ausgangslagen begründet. Durch eine Vielzahl von Handlungsoptionen können Unsicherheiten reduziert und fallgerechte, personenzentrierte Angebote, die für eine Lösungsorientierung passend sind, unterbreitet werden.

Menschenbild

Das persönliche Menschenbild leitet das Handeln in der Therapie. Es prägt Haltungen, Erwartungen, Aktionen und Erinnerungen. Die heilpädagogische Sicht nimmt darauf Bezug, was Menschen wollen. Das Selbst lässt sich über die Grundbedürfnisse beschreiben (vgl. Kitwood 2013, Grawe 1998 sowie 2004, Largo 2017, Steiner 2018). Jeder Mensch ist bestrebt,

• etwas wert zu sein (Anerkennung),

• dazuzugehören (Kontakt),

• etwas Sinnvolles zu tun (Selbstentfaltung, Aktivität) und

• angesprochen zu werden (Gespräch).

Der Fall ist der Fall des Betroffenen

Die Betroffenen sind Eigner ihres Falles. Das bedeutet, dass jeder einzelne Schritt zur Bearbeitung, von der Anamnese bis zur Evaluation, nicht nur die Zustimmung und Transparenz des Vorgehens, sondern den aktiven Einbezug des jeweiligen Patienten im Sinne einer partizipativen Zusammenarbeit bedarf. Für das Verstehen braucht es den Einblick in dessen Biografie. Die Lebensgeschichte (Familie, Beruf, Bildung, Heimat) und die Krankheitsgeschichte mit den entsprechenden Erinnerungen und Vorstellungen sollten in der Therapie gehört werden. Es kann entweder eine Chronologie der Ereignisse im Zentrum der Schilderung stehen oder wiederkehrende Themen in punktuellen Situationen.

Der Ausgangspunkt der logopädischen Fallpraxis ist das Verstehen der Lebenshistorie, der Lebenslage und der Lebensperspektive. Die aktuelle Lebenslage kann entwickelt werden, einmal durch eine persönliche Gestaltung, der Selbststeuerung, aber auch durch äußere Lebensumstände und Rahmenbedingungen, die als Fremdsteuerung subsumiert wird. Die logopädische Begleitung der betroffenen Person kann hier verortet werden ( Abb. 2.1).


Abb. 2.1: Lebenskontext und Therapie (inspiriert nach Wendt 2018)

Dieses Verstehen ist der Ausgangspunkt für die Einleitung eines Verfahrens mit konkreten Schritten unter Wahrung von Zuständigkeiten, rechtlichen Bedingungen und ethischen Grundsätzen. Für logopädische Entscheidungen braucht es neben dem fachlichen Spezialwissen ein Grundlagen-, Interaktions- und Organisationswissen (vgl. Messmer 2017). Teilweise können rechtliche, gesellschaftlich-politische, institutionelle und teambezogene Vorgaben ein fach- und fallgerechtes Vorgehen fördernd, aber auch hemmend beeinflussen. Fachliche Qualitätsvorstellungen, die durch gesellschaftspolitische, institutionelle und teambezogene Vorgaben beschränkt sind, stellen dabei eine besondere Herausforderung dar.

Wenn die fachlichen Qualitätsvorstellungen durch gesellschaftspolitische, institutionelle und teambezogene Vorgaben beschränkt werden, ist eine Klärung oder Auseinandersetzung notwendig.

Das Leitmotiv der Fallbearbeitung sollte immer die Perspektive der Betroffenen sein. Dabei dürfen Organisationsinteressen in Frage gestellt werden.

Fallverstehen und Ethik

Menschen haben das Potential, für sich selbst zu entscheiden (Autonomie). Respekt, Würde, Hoffnung und Erwartung der Entwicklung, der Einbezug und die Selbststeuerung leiten sich hieraus ab. Die Logopädin versteht sich als Anwältin der Betroffenen und sichert bzw. wahrt die Autonomie (Baumgartner 2008). Sie wehrt Gefährdungen der Autonomie insbesondere dann ab, wenn die Betroffenen diese Abwehr nicht oder nur schlecht selbst realisieren können. Damit sind zum Beispiel gemeint:

• unabgesicherte oder stigmatisierende Zuschreibungen in Berichten bzw. ablenkende, irrelevante und ausschmückende Details;

• Ausschluss von Informationen während oder nach der Therapie (z. B. verdeckte oder nicht bekannt gegebene Notizen mit negativen Wertungen);

• Verletzung der Pflicht zur Vertraulichkeit.

Logopädische Berichte sind demnach fokussiert, parteinehmend und schützend (ASHA 2016). Sie bleiben nah an den Schilderungen der Betroffenen hinsichtlich der Informationen über Auslöser bzw. kritische Ereignisse oder psychosomatische Belastungen und meiden interpretative Hinzufügungen ohne datengesicherte Grundlage. Sie würdigen zurückliegende Bearbeitungen des Problems durch die Betroffenen. Der Leser des Berichts erhält neben den fachlichen Informationen ein Bild über die Lebenszusammenhänge mit Beispielen, wie sich das Problem darstellt. Die Betroffenen werden zur Einsichtnahme eingeladen. Diese Vorgaben gelten für Berichte wie auch für mündliche Fallbesprechungen.

Universalien der Fallbearbeitung

Die Herangehensweise an einen Fall in beratenden Berufen ist professionsübergreifend vergleichbar. Man könnte von Universalien der Fallarbeit sprechen. Vor jeder Entscheidung im therapeutischen Setting gilt folgendes zu beachten:

• schriftliche Dokumente wie Berichte aus der eigenen und aus fremden Professionen oder auch den Auftrag einzusehen, zusammenzufassen und Fragen für das Gespräch mit den Ratsuchenden zu sammeln,

• eigene Erfahrungen in ähnlichen Fällen als Vorbereitung zu aktivieren bzw. gegebenenfalls erweitert Intervisions-Kolleginnen zu fragen oder neuere Studienergebnisse im Sinne externer Evidenz einzuholen,

• vorbereitet zu sein für das Klienten-, Patienten- bzw. Elterngespräch, in dem die Informationen abgeglichen, aktualisiert und ergänzt werden.

Dieser Start in den Fall wird in Abb. 2.2 dargestellt.

Informationen einholen, auf Erfahrung rekurrieren und im Gespräch das Anliegen konkretisieren können mehr oder weniger zeitgleich erfolgen oder auch als zeitliches Nacheinander geschehen. Beispielsweise bringt der Klient im Erstkontakt alle schriftlichen Hintergrundinformationen und den Auftrag mit und bespricht diesen mit der Therapeutin. Sofern weder schriftliche Hintergrundinformationen noch ein klarer Auftrag vorliegen, ist das Gespräch der Ausgangspunkt.


Abb. 2.2: Start in die Fallarbeit

Komplexitätsstufen

Jeder Einzelfall bewegt sich, wie schon gesagt, zwischen den Polen von Allgemeinem und Besonderem. In manchen Fällen kann die Logopädin hinsichtlich Entscheidungen und Handlungen auf Routinen zurückgreifen, in Anderen handelt es sich um therapeutisches Neuland. Natürlich ist es dabei ein Unterschied, ob die Logopädin am Berufsanfang steht oder mehrjährig in verschiedenen Handlungsfeldern tätig war. Es lassen sich drei Fallstufen unterscheiden:

• Routinefall: Unter Rückgriff auf Handlungsempfehlungen oder auf die bisherige Erfahrung ist der Einstieg in die Fallarbeit mit einer klaren Problemdefinition möglich.

• Komplexer Fall: Handlungsempfehlungen aus der Literatur, aus Leitlinien oder anderen Quellen treffen nicht zu, und der Rückgriff auf Erfahrung ist nur teils möglich. Für den Einstieg in die Fallarbeit bedarf es der Recherche und der Intervision.

• Hochkomplexer Fall: Handlungsoptionen sind ohne ausführlichere Konsultation anderer Fachpersonen nicht ableitbar, da sich Probleme aus unterschiedlichen Bereichen überlagern; die eigene Erfahrung kann nicht mit Intervision angereichert werden. Der Einstieg in die Fallarbeit wird von einem Supervisor begleitet.

Die Bemühungen des Faches Logopädie um Evidenz und um die Entwicklung von Leitfäden sind zwingend im Prozess der Professionalisierung, wobei die Praktikerin jedoch der Einzigartigkeit ihres Falls folgt. Neben einer wissenschaftlich fundierten Fachkompetenz braucht es eine situative Fallkompetenz, um individuelle Lösungen zu entwickeln. Die Logopädin handelt, indem sie subjektives Geschick und intersubjektives Wissen zusammenbringt. Dass ein Mangel an Routine die Logopädin verunsichert, ist offensichtlich, aber auch ein sehr hohes Maß an Routine birgt ein Risiko: Handelnde neigen dazu, ihre Aktionen so zu gestalten, dass sie den geringsten Widerstand erwarten dürfen. Messmer (2017) hat dies als Wind-Tunnel-Effekt der Profession bezeichnet.

Situative Kompetenz

Mit situativer Fallkompetenz ist die Anwendung der Fachkompetenz zur situationsgerechten, schlüssigen und zielführenden therapeutischen Aktion im jeweiligen Fokus der Kontexterfassung, Diagnose, Zielbestimmung, Intervention und Beratung, Dokumentation, Evaluation und Modifikation gemeint. Reflexion und Kommunikation sind dabei die ständigen Prozessbegleiter. Eine klare Problemdefinition über die Erfassung von Kontext und Status ist die Voraussetzung jeder Intervention. Die situative Fallkompetenz sollte stets mit der generalisierten Fachkompetenz verknüpft und abgeglichen werden. Aus diesem Grund werden sie in der nachfolgenden Grafik ( Abb. 2.3) gemeinsam dargestellt.


Abb. 2.3: Fachkompetenz und Fallkompetenz

Doppelte Unsicherheit

Im Therapieprozess gibt es zur fallbezogenen Problembearbeitung einen prinzipiellen Therapieplan, der dann situativ für die aktuelle Therapieeinheit angepasst und umgesetzt wird. In jedem Fall muss die Logopädin singulären Einflussfaktoren Rechnung tragen. Das bedeutet, dass die prinzipielle Vorgehensweise mit Besonderheiten und Unsicherheiten behaftet ist. In den verschiedenen Fachdisziplinen ist die Unsicherheit der Entscheidung unterschiedlich brisant. In der Pflege beispielsweise kann sich das geplante Vorgehen sehr schnell ändern, und Fachpersonen müssen Notfallsituationen gerecht werden. Neben der situativen ist dann zusätzlich eine intuitive Kompetenz gefragt (vgl. Schrems 2016). Die Unsicherheit der Vorgehensweise und das Zurückgreifen auf intuitive Kompetenz muss durchaus auch in therapeutischen Berufen als Handlungsmöglichkeit angesehen werden, da Entscheidungen vor dem Hintergrund der Auswahl zwischen Optionen immer wieder neu zu überdenken und zu treffen sind. Die situative Fallkompetenz ist dabei entscheidend. Einfühlendes Verstehen und ordnende Analyse sind zwei Seiten einer Medaille.

Unkenntnis managen

Kösel (2017) plädiert dafür, der Intuition im Prozess Raum zu geben, und begründet dies mit einem Mangel an Wissen, das sich fünffach zeigt. Aufgrund der Komplexität, Intransparenz und Verwobenheit sind Daten oder Fakten:

1) fehlend,

2) im Übermaß vorhanden,

3) widersprüchlich,

4) unverständlich und/oder

5) nicht vertrauenswürdig.

Die Intuition ist somit beim logopädischen Handeln erwünscht und teilweise zwingend notwendig, setzt jedoch gleichzeitig eine entsprechende Fall- und eine Fachkompetenz voraus.

Hohe Individualität

Es gibt eine weitere Unsicherheit des planvollen Vorgehens: Die Problemdefinition und die Problembearbeitung im bisherigen Verlauf beruht letztlich auf Daten und Texten. Mit Daten sind beispielsweise diagnostische Informationen, mit Texten sind Berichte in schriftlicher Form und mündliche Schilderungen der Ratsuchenden bzw. der Kolleginnen und Kollegen im interprofessionellen Team gemeint. Hier kann sich eine Reihe von Fehlern ergeben. Schilderungen vergangener Ereignisse sind zum Beispiel grundsätzlich mit einem Explorations- bzw. Rückschaufehler behaftet, und schriftlich Festgeschriebenes kann an Aktualität verlieren oder ungerechtfertigte Zuschreibungen enthalten. Der Terminus Rückschaufehler kommt aus der Forensik (Kriminalistik) und spielt auch in der Psychotherapie eine Rolle: Erinnerungen entfernen sich über innere Bewertungen (»Es muss für mich wohl so gewesen sein«) und äußere Erzählungen (»Doch, es war genau so«) teils massiv vom tatsächlichen Ereignis (vgl. Hermanutz 2017). Eine Grundskepsis in life-story-telling-Situationen und auch im Studium von Berichten ist demnach die Partnerin eines großzügigen Vertrauensvorschusses.

Handelnde dürfen sich also auf einen Präzedenzfall beziehen und haben gleichzeitig zu berücksichtigen, dass jeder Fall als Besonderheit zu gelten hat: Logopädinnen treffen auf Menschen

• in unterschiedlichen aktuellen Kontexten und Rollenanforderungen,

• mit verschiedenen Lern-, Beziehungs-, Resilienz- und Coping-Biografien,

• deren Problem von Phänomenen, weiteren Problemen und Kompensationen überlagert sind und

• die in verschiedenen Professionen unter einem fokussierten Blickwinkel exploriert werden.

Das Gegengewicht zum Explorations- und Rückschaufehler sind Beobachtung, Reflexion und Kommunikation.

Dynamisch-dialogische Beobachtung

Einen Fall bearbeiten heißt, mit den Betroffenen als Partner in einen Prozess einzutreten, der spiralförmig die Stationen

• Beobachten,

• Bedeutung bzw. Sinn geben,

• diese im Dialog absichern und Aktionen ableiten

immer neu abarbeitet.

Durch das spiralförmige Vorgehen ist es unangemessen, im Sinne von Vollständigkeit und Gültigkeit, perfektionistische Ansprüche an die Beobachtung zu stellen.

Durch das dialogische Prinzip kommt es zu einer doppelten Korrektur: Betroffene filtern ihre Beobachtungen vor dem Hintergrund ihrer Biografie, und die Therapeutin filtert die Beobachtungen vor dem Hintergrund ihres Vorwissens und ihrer Erfahrungen ( Abb. 2.4). Mit dem Wissen um die doppelte Korrektur dürfen die Beteiligten Vertrauen in den Prozess geben.


Abb. 2.4: Problembearbeitung durch das dialogische Prinzip

Die Beobachtung kann sich an folgenden Fragen ausrichten: Ist das Wahrgenommene eindeutig? Bekannt? Neu? Relevant? Womit verbunden?

Im Dialog darf somit kritisch hinterfragt, mutig vorgeprescht, beharrlich nachgefragt, verhandelt und zusammengefasst werden. Die therapeutische Verantwortung besteht darin, über das Vordergründige hinauszusehen und hinauszudenken (vgl. Schrems 2016):

• Was ist die Perspektive der Betroffenen (thinking inside)?

• Welche Kontextfaktoren bestimmen die Wahrnehmung (thinking about)?

• Welche Art von Perspektivenwechsel wäre denkbar (thinking outside)?

Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen können Betroffene und Therapeutin gemeinsam Ziele definieren und die Interventionen planen.

Systematische Fallarbeit in der Logopädie

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