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Die Quelle der Variation der Lebewesen kann nicht durch irgendeine Gesetzmäßigkeit beschrieben werden.

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Kommen wir dazu nochmals auf den Ausdruck der „natürlichen Selektion“ zurück. DARWINS „Gesetz“ der natürlichen Auslese – das survival of the fittest – war und ist in Bezug auf die Entstehung des evolutionär Neuen äußerst vage. (Die Gründe dafür wurden bereits geschildert.) Das zeigt sich bei DARWIN schon darin, dass er keine klaren Vorstellungen über die Quelle der Variabilität hatte. Aus späterer Sicht waren seine (lamarckistischen) Vorstellungen sogar schlicht falsch, aber das ist nicht der entscheidende Punkt. Entscheidend ist vielmehr, dass die Quelle der Variation der Lebewesen nicht durch irgendeine Gesetzmäßigkeit beschrieben werden konnte. Das hat sich bis heute nicht geändert (s. u.). Anfang des 20. Jahrhunderts wurden zwar die Mutationen als Quelle für Veränderungen der Lebewesen entdeckt, aber das Auftreten bestimmter Mutationen folgt bis auf spezielle Ausnahmen (vgl. BORGER 2019) keinerlei Gesetzmäßigkeit und erst recht nicht ein dadurch bedingtes mutmaßliches Auftreten von Neuheiten14 (vgl. POSER 2012, 59 und s. u.).

Populationsgenetisch und quantitativ gesetzmäßig beschreibbar sind Veränderungen von Häufigkeiten von Allelen (Allelfrequenzveränderungen), aber darin besteht nicht das Erklärungsziel für Makroevolution wie eingangs charakterisiert. Das survival of the fittest erklärt nicht deren arrival. Das wird von vielen Kritikern der Selektionstheorie zurecht moniert. Als Beispiel sei MÜLLER (2003, 5; in Übersetzung) zitiert:

„Nur wenige Prozesse … werden durch die kanonische neodarwinistische Theorie abgedeckt. Diese betrifft hauptsächlich die Häufigkeit von Genen in Populationen und die Faktoren, die für ihre Variation und Fixierung verantwortlich sind. Obwohl sie sich auf phänotypischer Ebene mit der Änderung existierender Teile befasst, zielt die Theorie weder auf die Erklärung des Ursprungs der Teile noch auf die Erklärung ihrer morphologischen Organisation noch der Innovation ab. In der Welt des Neodarwinismus war der motivierende Faktor für morphologische Veränderung natürliche Selektion, die für die Änderung und den Verlust von Teilen verantwortlich gemacht werden kann. Selektion besitzt aber keine innovative Fähigkeit: sie eliminiert oder erhält, was existiert. Die generativen und Ordnungsaspekte der morphologischen Evolution fehlen daher der Evolutionstheorie.“

Damit sagt MÜLLER de facto, dass die Evolutionstheorie in ihrem Kernbereich, nämlich der These einer rein natürlichen Entstehung biologischer Neuheiten, ohne naturwissenschaftliche Erklärungen auskommen muss.

MÜLLER erhält seine Kritik bis heute aufrecht und fordert daher mit anderen Wissenschaftlern eine „Erweiterte Evolutionäre Synthese“ (EES, s. u.), die in wesentlichen Punkten über die bisherige „Moderne Synthese“ (MS) hinausgeht. Er schreibt, dass Populationsgenetik zwar in Erklärungen privilegiert sei, jedoch eine Fülle evolutionärer Phänomene ausgeschlossen bleibe, so werde zwar die Variation der organismischen Strukturen, ihre Physiologie, Entwicklung und ihr Verhalten beschrieben, nicht aber ihre Entstehung (MÜLLER 2017, 315). „Der MS fehlt in der Tat eine Theorie der Organisation, die die charakteristischen Merkmale phänotypischer Evolution wie Neuheiten, Modularität, Homologie, Homoplasie oder den Ursprung der Baupläne erklären kann, die die evolutionären Linien definieren“ (MÜLLER 2017, 416). Was gesetzhaft beschrieben werden kann, betrifft nicht das evolutionär Neue. Mit der EES soll diese Lücke geschlossen werden.


Abb. 3: Warum betreiben gerade z. B. Fledermäuse und Delfine eine ausgefeilte Echoortung? (Bilder: © Valeriy Kirsanov, Peter Schinck, AdobeStock)

Schöpfung ohne Schöpfer?

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