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5. KAPITEL »Vernetztes Denken« VON PROF. DR. HANNS HUB UND MICHAEL T. WURSTER
ОглавлениеUnternehmer und Manager werden nicht ausgebildet, sie werden in der Praxis geformt. Der Weg in die Führungspositionen erfordert es geradezu, dass man praktische Erfahrungen in Unternehmen sammelt und lernt zu begreifen, inwiefern die Dinge miteinander vernetzt sind. Nur wer versteht, auf welche Art und Weise Gegebenheiten miteinander verflochten sind, ist auch in der Lage, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Demnach muss bereits im Studium eine gezielte Vernetzung der unterschiedlichen Fächer stattfinden. Dieses Kapitel ist deshalb ein Plädoyer für vernetztes Denken und so liegt es nahe, dass sich hier gleich zwei Autoren miteinander vernetzen: der ehemalige Präsident der Deutschen Management-Gesellschaft und sein Nachfolger.
Vor einigen Monaten an einer Hochschule in Deutschland: Wir betreten den Vorlesungssaal und blicken in die Runde. Obwohl es erst früh am Morgen ist, scheint der Vorlesungssaal vollständig gefüllt zu sein. 160 Studenten klappen ihre Laptops vor sich auf. Während manche der jungen Akademiker gezwungen sind, Stühle aus anderen Räumen zu holen, lehnen sich andere entspannt zurück und genießen ihren morgendlichen Kaffee. Mehrere Tutoren und Mitarbeiter der Hochschule laufen durch die Gänge. Sie verteilen USB-Sticks und Arbeitsblätter. Die Spannung steigt.
Mit dem, was gleich passieren wird, rechnet zu diesem Zeitpunkt vermutlich noch niemand. Und so ergreift Prof. Dr. Hub das Wort. »Guten Morgen, liebe Studierende. Ich begrüße Sie herzlich zu dieser Veranstaltung. Da Sie BWL studieren, gehe ich davon aus, dass einige von Ihnen den Traum haben, eines Tages auf einem Chefsessel zu sitzen.« Schon nach diesen ersten Worten sahen wir einige der Anwesenden mit stolzem Blick nicken.
Und weiter ging es mit: »Dieser Tag hat heute begonnen. Wir werden Sie heute bereits zu Unternehmern machen! Die soeben ausgeteilten USB-Sticks beinhalten ein Geschenk Ihrer Hochschule. Das darauf enthaltene Programm nennt sich CHANCE1. Es wurde unter meiner wissenschaftlichen Leitung entwickelt und von der Bundesregierung gefördert. CHANCE hat bereits viele Studierende vor Ihnen zu Unternehmern gemacht. Heute sind Sie am Zug.
Ich werde Ihnen jetzt eine kleine Einführung geben, danach werden Sie Ihr eigenes Unternehmen leiten. Sie werden sich mit verschiedenen Fragestellungen des unternehmerischen Alltags befassen. Welche Auswirkungen hat die Motivation der Mitarbeiter auf die Qualität der Produkte? Welche Rückkopplungen sind zu erwarten, wenn der Werbeetat gekürzt werden muss? Wie kalkuliere ich meine Preise? Sie werden, oder vielmehr Sie müssen, anhand der monatlichen aktualisierten Kennzahlen aus Ihrer Buchhaltung die Reaktionen auf Ihre Entscheidungen beurteilen. Das Team, das es schafft, in diesem Vorlesungssaal Marktführer zu werden, soll mit einem tollen Preis belohnt werden. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit Ihrem eigenen Betrieb!«
Wenige Minuten nach der Einführung durch Prof. Dr. Hub sind alle Teilnehmer bereits tief in die digitale Welt eingetaucht. Aus den Laptops hört man das Klingeln der Telefone, Kunden beschweren sich wegen Schäden an der Ware. Die erste Kündigung lässt auch nicht lange auf sich warten.
Eine halbe Stunde später kommt die erste Gruppe nach vorne: »Wir sind pleite. Die Bank hat uns den Hahn zugedreht. Wir haben das Marketingbudget zu niedrig angesetzt und vergessen unsere Mitarbeiter zu schulen. Können wir noch mal von vorne anfangen? Dieses Mal wird es anders laufen!«
Der Blick in ihren Augen zeigt, dass sie alles andere als enttäuscht sind. Im Gegenteil, Sie sind begeistert und wollen kämpfen. Sie wollen noch einmal neu beginnen. Natürlich kann man noch einmal von vorne anfangen. Das ist ja das Geniale an einem Unternehmenssimulator. Die Gruppe hat in den wenigen ersten Minuten bereits unheimlich viel gelernt. Ja, es mag sein, dass sie pleitegegangen sind, aber diese Fehler werden sie nie wieder machen. Zu diesem Zeitpunkt konnte niemand von uns ahnen, dass diese Gruppe am Ende des Tages sogar das erfolgreichste Unternehmen aufbauen würde.
Sie halten CHANCE für ein einfaches Computerspiel? Das stimmt nur zu einem Bruchteil. Ja, es macht genauso viel Spaß wie ein Computerspiel. Aber wenn Sie einen Blick auf die Prozesse im Hintergrund der Software werfen, werden Sie verstehen, was Vernetzung wirklich bedeutet, und Sie werden erkennen, was ein Unternehmen erfolgreich macht.