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Bruch-Erfahrungen

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Drei Bereiche kommen hier zur Sprache: Eine Frau bezieht sich auf ihr Coming-out, das für sie keine Heimkehr zu sich selbst in beglückendem Sinne war, denn die Tragödie ihrer Kindheit scheint sich in vermeintlich sicheren Frauenräumen zu wiederholen: «Meine Mutter war nicht die einzige Frau, die mein Coming-out als Einladung zur Selbstbedienung auffasste.» Die Auseinandersetzung mit Gewalt, ganz besonders mit Frauengewalt, ist für sie «ein zentraler Punkt meiner Religiosität – oder kurz die Frage, wie ich in dieser Welt leben kann. Bei allem was mir zu sehr nach Heile-Welt und Kuscheldecke-Spiritualität aussieht, kriege ich das Gruseln.» Diese Frau entlarvt mit ihrem Coming-out vielschichtig gleich mehrere Mythen: jene von der heilen Familie genauso wie jene von heiler Lesbenwelt. Sie wehrt sich gegen eine «Wir»-Vereinnahmung und fordert uns stattdessen heraus, immer noch genauer hinzusehen, wo Frauen ausgegrenzt werden.

Einige haben die traditionellen Bilder von Gott und vom Religiösen hinter sich gelassen. Sie suchen eine neue Sprache, stimmigere Rituale, die ihrem Frausein und den Brüchen, aber auch den Ganzheitserfahrungen in ihrem Leben und in der Welt gerechter zu werden vermögen. Für sie ist der Weg des Coming-out verbunden mit einem Abschied vom Männergott: «Mein Coming-out hat meine patriarchal geprägte Spiritualität absolut in Frage gestellt. Weibliche Spiritualität ist für mich lebendiger, weil Leben, Lust und Leidenschaft sein dürfen.»

Coming-out hat eine prophetische Dimension. Diese klagt in unserer Gesellschaft und Kirche die Sünde der Homophobie und des Heterosexismus an und fordert Lesben, Schwule und Bisexuelle dazu auf, ihre Liebesfähigkeit nicht zu verleugnen. Für Frauen, die sich einer christlichen Gemeinschaft zugehörig fühlen, ist es schwierig, zwischen ihrem Christin- und Lesbesein zu balancieren; beinahe unlösbar scheint der Konflikt bei Frauen und Männern in (katholischer) kirchlicher Anstellung zu sein: «Ich muss mir gut überlegen, wo und wem ich mich öffentlich zeigen kann, ohne mich selber zu gefährden, zum Beispiel meine Stelle in der Kirche zu verlieren. In der Kirche, wo Menschenwürde und Liebe im Mittelpunkt stehen sollten, wird meine Würde verletzt, weil ich mich nicht so zeigen darf, wie ich bin. So bin ich gezwungen, meine Spiritualität abzuspalten.» In diesem Beitrag wird sehr deutlich, wie die Kirche sich selber ihrer Seele beraubt, indem sie Menschen daran hindert, aus der Fülle ihrer Existenz zu schöpfen. |24|

Ein weiterer Beitrag beschreibt die Folgen dessen, was die kirchliche Lehre zur gleichgeschlechtlichen Liebe Einzelnen antut: «Das Coming-out war für mich zu Beginn eine der grössten spirituellen Erprobungen. Ich sah mich konfrontiert mit der gängigen Meinung, Homosexualität und Glaube bzw. Spiritualität seien nicht vereinbar. Ein Leben ohne Ausrichtung auf das Göttliche konnte ich mir jedoch nicht vorstellen, es ist mein Lebenselixier. Dann eher mein Leben ‹freiwillig› beenden.» Diese Frau hatte selber schon so viel eigenen Boden, dass sie ihrer inneren Führung mehr vertraute als «den selbsternannten Sprachrohren Gottes: Da war es für mich sehr wichtig, dass die spirituelle Führung in meinem Leben weiterging.»

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