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Unbezwingbarer Geist des Protests

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Letzthin habe ich ein Fotobuch aus Südafrika gefunden: Am 9. August 1956 standen 20 000 Frauen vor dem Regierungsgebäude in Pretoria, um gegen das Passgesetz zu protestieren. Sie waren von überall her gekommen und standen nun dicht gedrängt in grossen Halbkreisen und warteten darauf, dass ihre Führerinnen die Petition ablieferten. Wie im Apartheidstaat üblich: Der Premierminister hat die Frauen nicht empfangen. Seither heisst dieser Tag «Frauentag», und für viele Frauen, die vorher nicht politisch waren, war es der Beginn des Kampfes um das Menschsein. So erzählt |27| es auch Helen Joseph, eine weisse Mittelstandsfrau, damals 51 Jahre alt, in ihrem Buch «Allein und doch nicht einsam». Als Protest haben die Frauen ihre Arme zum ANC-Gruss erhoben und so eine halbe Stunde still zusammengestanden. «Nach der Protestkundgebung gingen die Frauen – genau so ruhig und diszipliniert wie sie gekommen waren – die Treppe zur der Strasse hinunter; nur sangen sie jetzt. Und dann waren die Gartenterrassen wieder leer – nicht wirklich leer, denn etwas von dem unbezwingbaren Geist des Protests muss zurückgeblieben sein. Und vielleicht ist er immer noch da, auch wenn man ihn nicht sehen und nicht greifen kann.»5 So ist der Terrassenplatz vor dem verhassten Regierungsgebäude zu einem Ort der Spiritualität geworden. Ich kenne noch andere solche Orte, und sie machen mich jeweils andächtiger als Kapellen und Kirchen mit Kerzen und Weihrauch, Wandgemälden und Kanzeln. Es sind Orte, an denen Zeuginnen und Zeugen des Kampfes um die Gerechtigkeit gedacht wird. Das könnten Kirchen auch sein, wenn sie nur nicht von uns Menschen zu Orten des Rückzugs, der Feigheit, der Anpassung, zu Orten schwelgender, spiritueller Vernebelung gemacht worden wären.

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