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Schlussbemerkung
ОглавлениеIm vorliegenden Beitrag wurde versucht, einen knappen Überblick über einen als Migrations- bzw. Mobilitätsgeschichte Tirols in der Frühen Neuzeit nur überaus grob umrissenen Themenkomplex zu vermitteln. Einzelaspekte konnten dabei lediglich gestreift werden. Offensichtlich wurde dennoch, dass es sich um ein vielfältiges und keineswegs randständiges Thema handelt. Das historische Tirol fungierte sowohl als Destination als auch als Ausgangsregion für unterschiedlich motivierte Wanderungsbewegungen, die in verschiedenen Quellen ihren Niederschlag fanden. Die Berücksichtigung dieser beiden Perspektiven erscheint zentral für die Migrationsgeschichte einer Region. Die sicherheitspolizeilichen Maßregeln und wirtschaftlichen Bedenken gegenüber äußeren Einflüssen werden durch den Eindruck einer überaus mobilen Gesellschaft konterkariert. Tiroler Migrant*innen, die in ganz Europa spätestens ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Bekanntheit erlangten, waren wesentlich an der Konstruktion eines Bildes von Tirol als romantisiertem Sehnsuchtsort im 19. Jahrhundert beteiligt, das bis heute nachhallt. Dass dieses Bild zuweilen mit besonders ausgeprägter Sesshaftigkeit und Verwurzelung der Tiroler*innen mit ihrem Heimatland verbunden zu werden scheint, ist bemerkenswert.
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1 Hahn 2012, S. 9f. Vgl. dazu auch das mit „Migration – eine historische Normalität“ überschriebene Schlusskapitel von: Holenstein et al. 2018, S. 347–360. Zur zunehmenden Sesshaftwerdung im 20. Jahrhundert z. B. auch: Althammer 2017, S. 23f.
2 Hahn 2012, S. 16, 41, 86f. u. 123f. Die Stereotypenbildung und deren Ausnützung durch die Tiroler*innen selbst erwähnt zum Beispiel bereits Heine 1834, S. 70–72. Kürzlich aufgegriffen und auf die Herausbildung von „Typen“ in Wien umgelegt wurde dieses Motiv der sich außerhalb der Landesgrenzen selbst vermarktenden Tiroler*innen von: Wietschorke 2013. Zur Dominanz der agrarischen Arbeitsmigration in der frühen Neuzeit siehe z. B. Noflatscher 2002.
3 Eine Ausnahme ist etwa die Verheiratung adeliger Töchter ins Ausland: TLO 1573, Buch 3, Titel 34.
4 Schmeller 1836, S. 415f.
5 Robert Büchner hat sich in seinem Buch über Tiroler Wanderhändler eingehender mit den zeitgenössischen Begrifflichkeiten beschäftigt. Er berichtet beispielsweise davon, dass etwa auch Händler aus den Fürstbistümern Trient und Brixen mitunter als „Savoyer“ bezeichnet werden konnten, der Begriff also als Synonym für fremde Wanderhändler insgesamt verwendet wurde. Ganz ähnlich verhielt es sich mit den „Schotten“ oder auch den „welschen Krämern“: Büchner 2011, S. 72–83.
6 Die unlauteren Methoden, die bei – vor allem auswärtigen – Spezereihändlern befürchtet wurden, sind zum Beispiel beschrieben in der TLO 1573, Buch 6, Titel 12. Im Kern gleichlautend – das gilt ebenfalls für die im Folgenden zitierten Passagen – auch die Landesordnung von 1532: TLO 1532, Buch 6, Titel 12.
7 TLO 1573, Buch 6, Titel 13, §§ 1 u. 2.
8 Beim Begriff Riffianer handelt es sich nicht um eine Herkunftsbezeichnung mit Bezug auf das im Passeier gelegene Dorf Riffian. Im Tirolischen Idiotikon wird der Begriff, der so viel wie „Lotterbube“ oder „herumvagierender Spitzbube“ bedeute, etymologisch auf das italienische „ruffiano“, das mit „Kuppler“ oder „Zuhälter“ übersetzt werden kann, zurückgeführt: Schöpf und Hofer 1866, S. 177 u. 569.
9 TLO 1573, Buch 7, Titel 8.
10 Ebd., Titel 7. In der Landesordnung von 1532 werden „Zigeuner“ und „Riffianer“ in einem Artikel zusammengefasst: TLO 1532, Buch 7, Titel 8.
11 TLO 1573, Buch 7, Titel 4. In TLO 1532, Buch 7, Titel 5.
12 TLO 1573, Buch 7, Titel 4.
13 Vgl. zum Folgenden: Althammer 2017, S. 25–38.
14 Auf die grundlegende Unterscheidung zwischen „bedürftigen“ und „unwürdigen“ Armen und deren weitläufige Folgen verweist beispielsweise auch Jütte 2000, S. 1–10.
15 Althammer 2017, S. 29f. Zur Typologie von Armut verweist Althammer auf: Paugam 2008, S. 121–269.
16 Althammer 2017, S. 37.
17 TLA: Totenbuch Längenfeld, 05.10.1679 (MF 0797-11).
18 TLA: Totenbuch Längenfeld, 22.07.1765 (MF 0799-02). Laut Peter Stöger sei Grienauer bzw. Grünauer ein auch unter jenischen Familien Tirols verbreiteter Nachname: Stöger 2002, S. 180.
19 TLA: Totenbuch Längenfeld, 26.06.1772 (MF 0799-02).
20 Vgl. z. B. TLA: Taufbuch Längenfeld, 12.11.1712, 18.05.1716 u. 23.02.1718 (MF 0796-01); sowie 29.04.1814 (MF 0796-05).
21 TLA: Taufbuch Längenfeld, 18.05.1716 (MF 0796-01).
22 TLA: Taufbuch Flaurling, „Liber Vagantium“ (MF 0758-05); sowie Taufbuch Inzing, „Liber Vagorum Baptizatorum“ [S. 220–232] (MF 0755-05); sowie Taufbuch Hatting, „Liber Vagorum Baptizatorum“ (MF 0755-01). Das Taufbuch für Inzing wurde bis 1767, jenes für Hatting bis 1786 bzw. 1788, das für Oberhofen bis 1740 und das für Pfaffenhofen bis 1784 in Flaurling, dem Sitz der Pfarre, geführt. Auffallend ist, dass vereinzelt auch Kinder von auswärtigen Soldaten und deren Frauen in diesen Listen genannt werden. Eine Überprüfung, inwiefern diese Eltern „Vagabund*innen“ waren oder zumindest zeitgenössisch als solche betrachtet wurden, steht noch aus. Schließlich könnte auch das Fehlen eines festen Wohnsitzes vor Ort grundsätzlich die Ursache für die Einordung in diese Rubrik gewesen sein.
23 TLA: Taufbuch Ranggen, „Vagi & Illegitimi“ (MF 0753-04).
24 Büchner 2011, S. 15f. u. 72–83.
25 Ammerer 2003b, S. 84.
26 Büchner 2011, S. 251–258.
27 Ebd., S. 255f.
28 TLA: Beschwerde „Gewerbspartheyen“, 04.01.1823, Aktenserie LG Matrei, Fasz. 2, 1823, Abt. IV. Ausführlicher zu den Bemühungen der Stubaier Wirtsleute im Kampf gegen illegale Konkurrenz: Span 2017, S. 420–422.
29 TLA: VB Petersberg/Silz 1795, Bl. 32v.
30 TLA: VB Petersberg/Silz 1799, Bl. 177r–v.
31 TLA: VB Petersberg/Silz 1802, Bl. 59v–60r.
32 Neyer 1996, S. 61. Zahlenmaterial für das 19. Jahrhundert z. B. in: Deák 1974. Auch die jüngere Migrationsforschung zur Habsburgermonarchie beschäftigt sich vorrangig mit der Phase ab ca. 1850: Bethke 2020.
33 SLA: VB Oberamtsgericht Bruneck 1782/1783, Abschnitt 1782, Bl. 116r–117v (inkl. Beilagen).
34 Hahn 2012, S. 41; Rohrer 1796.
35 Rohrer 1796, S. 28.
36 Ebd., S. 29.
37 Ebd., S. 40–51.
38 Hahn 2012, S. 86. Vgl. auch Reith 2010, S. 1034f.
39 Noflatscher 2002, S. 18 u. 35–37.
40 Z. B. Spiss 2010; sowie Ulmer 1943; sowie Uhlig 1998.
41 Z. B. literarisch von Lang 1989 und Bereuter 2002 sowie im Film von Baier 2003.
42 Büchner 2011; sowie Hahn 2012, S. 41, 86f. u. 123f.; sowie Ammerer 2003a sowie 2003b, S. 84–91.
43 Ein Beispiel, anhand dessen die unterschiedlichen „Handelsmodelle“ vom einzelnen Hausierer bis zum Verleger und Spediteur in Personalunion – gut ersichtlich sind, ist der Stubaier Metallwarenhandel. Vgl. Span 2017, S. 359–409.
44 Vgl. z. B. Wadauer 2005.
45 Vgl. Span 2017, S. 51–54.
46 TLA: VB Petersberg/Silz 1802, Bl. 28v.
47 Ammerer 2003a, S. 203–209.
48 Ammerer 2003b, S. 86.
49 Siehe auch: Ammerer 2003a, S. 212.
50 Ebd., S. 212–220.
51 Heine 1834, S. 70–72.
52 Der Kaiserlich Königlich privilegirte Bothe von und für Tirol und Vorarlberg, Nr. 2, 05.01.1829, S. 8; Nr. 3, 08.01.1829, S. 12; Nr. 4, 12.01.1829, S. 16; Nr. 5, 15.01.1829, S. 20.
53 Heine 1834, S. 70–72. Zur Familie Rainer eingehend: Hupfauf 2016. Die von Heine festgestellte Vermarktung von Volkskultur durch Tiroler*innen im 19. Jahrhundert fand auch Eingang in: Hügel 2003, S. 84f.
54 Prosch 1789.
55 Mitterer 1992.