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Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD Berlin, den 12. Juli 1941
IV A 1 – B.Nr. 1 B/41 g.Rs. [Stempel: Geheime Reichssache!]
[Stempel: Lagezimmer]

32 Ausfertigungen, 21. Ausfertigung

Ereignismeldung UdSSR Nr. 20

I) Politische Übersicht:

a) Im Reich: Keine besonderen Meldungen.

b) Im Generalgouvernement:

Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Krakau meldet, daß Bandera-Gruppe etwa 30 Mitglieder nach Kiew in Marsch gesetzt hat mit dem Auftrag, dort auf schnellstem Wege ähnlich wie in Lemberg eine ukrainische Regierung zu bilden und sie durch den dortigen Sender bekanntzugeben. Die Einsatzgruppe C wurde verständigt. Am 10.7.41 hat der ukrainische Bürgermeister in Lublin eine Dankkundgebung für den Führer und die deutsche Wehrmacht veranstaltet, an der ca. 1200 Personen, u. a. auch der derzeitige Stadtkommandant General Cranz, teilnahmen. In seiner, in ukrainischer Sprache gehaltenen Rede brachte der Bürgermeister im Allgemeinen den Dank des ukrainischen Volkes für den Führer und die deutsche Wehrmacht zum Ausdruck. Es fehlten in der Ansprache jedoch auch nicht Andeutungen auf die angeblich bevorstehende Verselbständigung der Ukrainer. Abgesehen davon, daß die Opfer der OUN besondere Erwähnung fanden, erhob er zum Schluß der Rede einige Hochrufe auf die „freie selbständige Ukraine“, was unter den versammelten Ukrainern besonderen Beifall fand.

c) Übrige besetzte Gebiete: Es liegen keine besonderen Meldungen vor.

II) Meldungen der Einsatzgruppen und -kommandos:

Einsatzgruppe A: Standort Riga. Es liegen keine besonderen Meldungen vor.

Einsatzgruppe B: Standort Minsk.

Minsk, Hauptstadt der Weißruthenischen Sozialistischen Sowjetrepublik (1926: 131803 Einwohner, 1939: 237772 Einwohner). Minsk beherbergte eine bedeutende Industrie. Das Zentrum ist durch Bombenbrand völlig zerstört. Teilweise erhalten geblieben sind von den wichtigen Gebäuden: die Universität, das Haus der Roten Armee, die Oper und das Haus der Sowjets. In diesem Hause sind fast sämtliche Akten gefunden worden, die die staatliche Verwaltung der BSSR betreffen. Sie enthalten u. a. 1. Verzeichnis der Regierungsmitglieder der BSSR mit Anschriften und Familienangehörigen, 2. Verzeichnis der Mitglieder des Obersten Rates der BSSR und ihrer Familien, 3. Verzeichnis der wichtigsten Mitarbeiter des Volkskommissariats für die örtliche Industrie, 4. Verzeichnis der wichtigsten staatlichen Verwaltungen der BSSR, 5. die Hauptmitarbeiter des Zentralkomitees des Kommunistischen Jugendverbandes der BSSR. Ferner wurden sämtliche Mob-Akten für die BSSR aufgefunden. Wenig zerstört sind die Vorstädte mit dem Hauptteil der Industrie. Die Stadt ist ohne Licht und ohne Wasser. Die politischen und staatlichen Funktionäre sind geflohen. Die Stimmung unter der Bevölkerung ist sehr gedrückt, da viele obdachlos geworden sind und sich die Ernährungslage immer mehr zuspitzt. Auf Anordnung des Feldkommandanten sind zur Sicherung der rückwärtigen Verbindungen und zur Verhütung von Sabotageakten alle männlichen Bewohner im Alter von 18 bis 45 Jahren festgenommen worden. Die Zivilgefangenen werden z. Zt. durchgekämmt.1 Den Deutschen gegenüber ist die Haltung der Bevölkerung abwartend. Bei den Weißruthenen ist die Einstellung zu den Deutschen freundlicher. Bei der gesamten Bevölkerung besteht aber die Hoffnung, daß die Besatzung in kürzester Frist wieder ein geregeltes Leben ermöglichen wird. Nach letzter Meldung der Einsatzgruppe B wurden Holzhäuser im westlichen Teil von Minsk in Brand gesteckt. Die Häuser sind anscheinend von Juden angezündet worden, weil die Juden für weißrussische zurückkehrende Flüchtlinge ihre Häuser räumen sollten. Die Bevölkerung ist nunmehr in Pogromstimmung. Ihre Wut hat gegen die Juden gewisse Aktionen ausgelöst. Es sind für diese Tat eine Anzahl von Juden liquidiert worden.2

Einsatzgruppe C: Standort Rowno.

1)Aktionen: Am 5.7.41 wurden in Rudki als Vergeltung für die viehische Ermordung des ukrainischen Nationalistenführers Dr. Kirnyczny 15 Juden exekutiert. Seitens der ukrainischen Bevölkerung wurden die Synagoge und Judenhäuser in Brand gesteckt. In Stryj wurden 150 Ukrainer ermordet aufgefunden. Durch eingeleitete Fahndungsmaßnahmen ist es gelungen, 12 für die Ermordung der Ukrainer mitverantwortliche Kommunisten festzunehmen. Es handelt sich um 11 Juden und 1 Ukrainer, die unter Anteilnahme der gesamten Bevölkerung von Stryj erschossen wurden.3 In Lemberg wurde 1 sowjetrussischer Agent zusammen mit einem Polen festgenommen. Er hatte gefälschte Ausweispapiere im Besitz. Er hatte den Auftrag, nach Lublin zu fahren und dort Ermittlungen über die Stimmung im Generalgouvernement, Erkundung von Heeres- und Luftwaffenobjekten, Namen der führenden Offiziere und Aufenthaltsorte der Stäbe im Raume von Przemysl und Lublin durchzuführen. Ferner wurde ein ukrainisches Ehepaar, das seit April 1940 für das NKWD Agentendienste geleistet hat, festgenommen. Von diesem Ehepaar wurden eine Anzahl Männer und Frauen denunziert, die heute unauffindbar sind. In Brodki wurden 2 Ukrainer festgenommen. Sie leisteten für den NKWD Agentendienste und verrieten den Sowjets nationalgesinnte Ukrainer.

2) Einstellung bezw. Verhalten der polnischen Bevölkerung unter bolschewistischer Herrschaft: Die polnische Bevölkerung Lembergs und auch in dem Raum um Lemberg ist mit geringen Ausnahmen antibolschewistisch. Nach Besetzung des ehemals polnischen Raumes durch die Sowjets bestanden seitens der polnischen Bevölkerung Hoffnungen, daß die Sowjets als slawische Brüder der polnischen Armee zu Hilfe kommen würden bezw. den Polen eine autonome Staatsform zubilligen würden. Die Polen wurden jedoch in ihrer Hoffnung bitter enttäuscht. Sofort nach Besetzung durch die Sowjets wurden seitens des NKWD Verhaftungen durchgeführt. Die Sowjets strebten eine 100%ige Bolschewisierung der polnischen Bevölkerung an. Bis zur Besetzung des ehemals polnischen Raumes durch die deutsche Wehrmacht nahm die polnische Bevölkerung eine abwartende Haltung ein. Jetzt macht sich die polnische Bevölkerung gewisse Hoffnungen, daß Deutschland den Polen eine autonome Staatsform gewähren wird. Angehörige der polnischen Bevölkerung haben nur in wenigen Fällen für den NKWD gearbeitet. Es kann festgestellt werden, daß in dem durch Deutschland besetzten ehemals polnischen Raum gewisse WIderstandsgruppen polnischer Bevölkerungskreise gebildet sind bezw. werden.

3) Allgemeine Feststellungen zur bolschewistischen Herrschaft in Lemberg und im Raum um Lemberg: Nach der Besetzung des ehemals polnischen Raumes durch die Sowjets herrschte zunächst bei den Ukrainern eine gewisse Erbitterung darüber, daß Deutschland die Westukraine den Bolschewisten überließ. Infolgedessen entstanden innerhalb der ukrainischen Bevölkerung gewisse Hoffnungen darüber, daß es vielleicht unter bolschewistischer Herrschaft möglich sein werde, zumindest in kultureller und volkstumsmäßiger Hinsicht leben und arbeiten zu können. Diese Hoffnungen wurden bitter enttäuscht. Der Einmarsch der deutschen Truppen wurde daher seitens der ukrainischen Bevölkerung freundlich begrüßt. Sofort nach Besetzung Lembergs durch die Sowjetrussen wurden zunächst alle maßgeblichen Beamten ihres Postens enthoben und zum größten Teil verhaftet bezw. verschleppt. In alle Zweige der staatlichen und städtischen Verwaltungen wurden Beamte aus der Sowjetunion, insbesondere Juden, eingesetzt. Die Sowjets bemühten sich, die Autonomie dieses Landes zu vernichten. Die Verhaftungen wurden außerordentlich planmäßig durchgeführt. Nicht nur das NKWD, sondern auch alle anderen Zweige der sowjetrussischen Verwaltung waren vollkommen isoliert und hatten nicht die geringste Fühlung mit der Bevölkerung. Die jüdische Bevölkerung wurde von den Sowjets bevorzugt. Die Arbeiterschaft war sehr enttäuscht, da die Sowjets für sie keinerlei Interesse zeigten und die kommunistische Partei sich lediglich auf die Propaganda beschränkte. Das kulturelle Leben wurde ebenfalls nach sowjetischem Muster ausgerichtet. Die Stadt Lemberg war auf Grund einer Anordnung Stalins begünstigt. Die wirtschaftliche Lage während der bolschewistischen Herrschaft war aus diesem Grunde nicht ungünstig. Lemberg stand nach Moskau und Leningrad an dritter Stelle der bevorzugten Städte in der Versorgung mit Lebensmitteln.4

Meldungen über militärische Ereignisse liegen nicht vor.

Verteiler:

RFSS und Chef der Deutschen Polizei

Chef der Sicherheitspolizei und des SD

Chef der Ordnungspolizei

Alle Amtschefs I, II, III, IV, V, VI, VII

SS-O’Stubaf. Rauff

IV D, IV D 1, IV D 2, IV D 3, IV D 4

IV E, IV E 5

II A 1

Pol.Rat Pommerening

Reg.Rat Paeffgen

IV-Gst. (3 Stück)

IV A l d (5 Reserve)

Aus: BAB, R 58/214


1 Zu den von der Wehrmacht eingerichteten Zivilgefangenenlagern in Minsk: Gerlach: Kalkulierte Morde, S. 503–514.

2 Zu umfangreichen Pogromen wie in Ostgalizien u. Litauen kam es auf dem Gebiet der BSSR nicht; vgl. ebd., S. 536 f.

3 Im ostgalizischen Stryj (Stryi) lebten zu Beginn des Zweiten Weltkriegs 12000 Juden. Nach der Eroberung durch die Wehrmacht am 2.7.1941 begannen Pogrome, die deutlich mehr als die genannten 12 Opfer forderten; EdH, Bd. 3, S. 1378.

4 Zur sowjetischen Besatzungszeit: Pohl: Nationalsozialistische Judenverfolgung in Ostgalizien, S. 28– 32.

Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941

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