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1. Die Weißensteiner (Wilhelmshöher) Allee

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Als Landgraf Friedrich II. ab 1764 die Sommerresidenz Weißenstein weiter ausbauen ließ,1 knüpfte er – in starker, kostensparender Vereinfachung – auch an Projekte des frühen 18. Jh. an: Dies galt für die Form des Gartenparterres ebenso wie für die heutige Wilhelmshöher Allee, hatte doch schon Landgraf Carl geplant, die Hauptachse des Karlsbergs bis zur Stadt zu verlängern.2 Die Allee ersetzte dabei eine alte Landstraße, die durch die Dörfer Wahlershausen und Wehlheiden hindurchgeführt hatte. 1767/68 wurde die neue Achse zunächst von Weißenstein bis zum heutigen Rathenauplatz angelegt, wo sich ein verbliebener Straßenabschnitt nach Kassel anschloss (heute Königstor); 1776/77 wurde die Allee dann geradlinig bis zur Stadt verlängert, wo sie auf die Königsstraße traf.3

Während die Straße heute mit ca. 40 m Breite eine großzügige Sicht auf das Bergpanorama bietet und kaum noch als Allee wahrnehmbar ist, maß sie ursprünglich nur rund 20 m, bei einem Achsabstand beider Baumreihen von ca. 12 m zueinander. Der Blick war somit viel stärker fokussiert als heute, was die Wirkung von Kaskaden und Herkules als point de vue noch steigerte. Unmittelbar vor Kassel wurde die Allee meist von großen Gärten mit Gartenhäusern gesäumt, und vor allem im Umkreis der Dörfer Wehlheiden und Wahlershausen begleiteten bald zweigeschossige, vorstädtische Häuser die Straße.4

Den Ausbau der hessischen Landstraßen hatte bereits Landgraf Carl als wichtiges Infrastrukturprojekt initiiert,5 und nach dem Siebenjährigen Krieg wurde rings um Kassel die Anlage möglichst geradliniger Chausseen verstärkt vorangetrieben. Alleebäume dienten als Witterungs- und Sonnenschutz für die Reisenden und als Regenschutz für die Straßenoberfläche. Anfangs pflanzte man vor allem Weidenbäume, nach der Mitte des 18. Jh. bevorzugt Laubbäume wie Kastanien, Linden oder Pappeln.

Unterbrochen war die im Herkules gipfelnde Sichtachse nur durch das alte Weißensteiner Schloss. Als Landgraf Wilhelm IX. nach 1785 den Hang zu einem modernen englischen Landschaftspark umgestalten ließ, wollte er 1791 sogar ganz auf einen mittleren Schlossbau6 verzichten: Zwischen den beiden neuen Schlossflügeln (Weißenstein- und Kirchflügel)7 wäre die Achse der Allee unmerklich in den Park übergangen und hätte erst in Kaskaden und Herkulesmonument ihren Endpunkt gefunden (Abb. 1).8 Nur der Beharrlichkeit des landgräflichen Bauinspektors Heinrich Christoph Jussow, dem die neue Parkgestaltung oblag, ist das heutige Corps-de-Logis zu verdanken9 – angelehnt an Landsitze des aufgeklärten englischen Adels;10 1798 war das Äußere vollendet, und Park und Schloss erhielten den Namen Wilhelmshöhe.11 Die Allee hatte damit einen neuen repräsentativen Blickpunkt erhalten; Portikus und Kuppel vermittelten als senkrechtes Element in die Parkachse weiter – und damit zu Kaskaden und Herkules. Als Auftakt der Allee wurde 1805 ein repräsentatives Stadttor am heutigen Brüder-Grimm-Platz begonnen,12 doch vereitelte die französische Besetzung Hessens 1806–13 die Vollendung der Planungen.


2 Karthäuserstraße 12, 1890

Der Herkules: 300 Jahre in Kassel

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