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Einleitung Joachim Schröder

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1 Herkules auf der Pyramide

Herkules feiert am 30. November 2017 seinen 300. ‚Geburtstag‘. Seitdem schaut er von der Spitze seiner Pyramide auf dem Karlsberg aus 596 m Höhe auf Kassel, ausgezeichnet als Teil des UNESCO-Weltkulturerbes Bergpark Wilhelmshöhe. Er ist ‚unser Herkules‘ – das unbestrittene Wahrzeichen der Stadt, ja der Region! (Abb. 1)

Wie und seit wann er dazu geworden ist, welche Wirkung der Kasseler Herkules hatte, wie sich das Verständnis der Figur gewandelt hat, worin seine kulturgeschichtliche Bedeutung – ohne den Mythos des antiken Helden natürlich nicht denkbar – besteht: Dies sind die Themen dieses Buches.

In einer Ausstellung im Herkules-Jubiläumsjahr 2017 wurden der Herkules auf dem Karlsberg mit seinen antiken ‚Wurzeln‘, seine Entstehung Anfang des 18. Jahrhunderts, seine Beziehung zu Kassel sowie Aspekte seiner künstlerischen Rezeption präsentiert. Der Herkules wird auch im Jahr 2018 Teil der großen Landesausstellung für den Landgrafen Carl von Hessen-Cassel, den Erbauer des Herkules-Monuments, sein. Die Beiträge in diesem Buch beschränken sich deswegen im Wesentlichen auf das ausgehende 18. Jahrhundert und reichen bis ins 21. Jahrhundert.

Was unter ‚dem Herkules‘ zu verstehen ist – ausschließlich die Figur des Herkules oder das Ensemble aus Figur, Pyramide, Oktogon und Wasserspielen – ist durchaus diskussionswürdig. Nach unserem Verständnis darf das Ensemble nicht ausgespart werden, da es als Gesamtkunstwerk zu verstehen ist und als Bestandteil des UNESCO-Welterbes gilt. (Abb. 2) Der Fokus liegt auf der Figur.

Der Herkules-Mythos wurde in etlichen antiken Quellen überliefert, vielfach ausgestaltet und variiert: Herakles, den die Römer Herkules nannten, war der Lieblingsheld der Antike; seine positiven Züge waren überragend, aber seine negativen Züge wurden nicht verschwiegen.

Schon seine Zeugung – seine Eltern waren der oberste olympische Gott Zeus und die mykenische Königin Alkmene –, seine Geburt als Halbgott und seine Kindheit waren spektakulär. Als junger Mann entschied er sich am Scheidewege für den steilen, steinigen Weg der Tugend. Die zwölf Arbeiten im Auftrag seines Vetters Eurystheus, die er geduldig und erfolgreich bewältigte, verschafften ihm den Ruf eines starken und klugen Tugendhelden und Kulturstifters, da er Ungeheuer und unzivilisierte Wesen mit übermenschlicher Kraft, mit List und Einfallsreichtum besiegte. Bei seiner ersten Tat, dem Sieg über den Löwen von Nemea, erwarb er sich das Löwenfell, das neben der Keule, die er schon als jugendlicher Hirte brauchte, zu seinen dauernden Attributen wurde. Bei seiner letzten Tat kehrte er sogar mit dem Höllenhund aus der Unterwelt zurück. Dies u. a. erlaubte später sogar eine christliche Deutung des Herkules.

Nur mit seiner Hilfe besiegten die olympischen Götter die aufständischen Giganten. Wegen einer Untat – Herkules tötete arglistig den Iphitos – musste er erniedrigende Dienste bei Königin Omphale leisten. Andere Abenteuer führten ihn durch Asien, Europa, Nordafrika bis an den westlichen Rand der damals bekannten Welt, wo er die nach ihm benannten Säulen aufstellte. Er bewährte sich siegreich in vielen Schlachten. Nach seinem Tode wurde er in die Reihen der olympischen Götter aufgenommen.

Dieser Mythos war Grundlage für unzählige Werke der bildenden Kunst, der Literatur, der Musik im ‚alten Europa‘ von der Antike bis heute: Herkules ist ein europäischer Held. Sein vielseitiger und widersprüchlicher Charakter erleichterte die Identifikation und vielfältige Deutung je nach Interessenlage. Wegen der Deutung des Halbgotts Herkules als Tugendheld, als starker, siegreicher Heros sowie als Kulturstifter eignete er sich besonders als fürstliche Identifikationsfigur, schon in der Antike, aber auch im Mittelalter bis in die frühe Neuzeit.

Dies gilt auch für den Kasseler Herkules, der einer berühmten und beliebten antiken Figur nachgebildet wurde.1 Der ausruhende Herkules, mit dem linken Arm auf seine Keule gestützt, über der das Löwenfell hängt, in der rechten Hand hinter dem Rücken drei Äpfel der Hesperiden haltend, die er bei seiner vorletzten – oder letzten – Tat erwarb, schaut mit leicht nach links geneigtem Kopf nachdenklich vor sich hin; er wirkt nicht wie ein triumphierender Held, sondern wie ein sein Leben und die Zukunft bedenkender, reifer Mann (vgl. Abb. 1). Diese 8,30 m hohe Figur wurde am 30. November 1717 eingeweiht.


2 Johann Werner Kobold, Ansicht des Oktogons mit den Kaskaden und Herkules um 1780


3 Geburtstags-Logo der Museumslandschaft Hessen Kassel

Seitdem schaut der Heros auf Kassel. Anfangs galt er als bewundertes Objekt fürstlicher Repräsentation, zunächst von der Bevölkerung unverstanden und als ‚großer Christoph‘ umgedeutet; als weithin sichtbare Landmarke, mit dem ‚Riesenschloss‘ als seinem Unterbau als endlose Bau- und Restaurierungsaufgabe. Er wurde vielfältig politisch ‚vereinnahmt‘, als Spottfigur, als Nothelfer, Schutzpatron und Wächter; als Inspiration zu stadtplanerischer, künstlerischer und literarischer Auseinandersetzung; als vielfältig verwendetes Marketing-Objekt; als Reiseziel, touristisch inzwischen gut verankert. Letztlich ist er ein Heimat stiftendes Wahrzeichen, von den Bürgern geliebt, vielfältig unterstützt und gefeiert und 2013 als Teil des UNESCO-Weltkulturerbes Bergpark Wilhelmshöhe ‚geadelt‘.

Zu diesen und anderen Aspekten, die sich auf den Kasseler Herkules beziehen, äußern sich die Autoren dieses Buches. Sie schreiben damit einen Teil einer noch ausstehenden ‚Erinnerungsgeschichte‘. Schließlich: Dieses Buch ist gleichzeitig ein „Geburtstagsgeschenk“ für unseren Helden. (Abb. 3)

Bernd Küster, Direktor der Museumslandschaft Hessen Kassel, bat namhafte Künstler, aus diesem Anlass ‚Hommage-Blätter‘ zu gestalten. Sie waren in der oben genannten Jubiläums-Ausstellung der MHK „Herkules 300 – Wiedergeburt eines Helden“ im Museum Schloss Wilhelmshöhe zu sehen. Eine Auswahl davon wird in diesem Buch gezeigt. Hierfür gilt Bernd Küster und den Künstlern ein besonderer Dank.

Den Autorinnen und Autoren sowie der Kasseler Sparkasse, die das Projekt großzügig unterstützt hat, dem euregioverlag, dem HNA-Archiv, besonders Renate Klein, der Museumslandschaft Hessen Kassel, besonders Franziska Franke und Ingrid Knauf, dem Stadtarchiv Kassel, besonders Karen Siepelt, dem Stadtmuseum Kassel und dem documenta-Archiv sowie vielen anderen Personen und Institutionen, die helfend beigetragen haben, sei hier herzlich gedankt.

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1 Vgl. hierzu den Beitrag von Rüdiger Splitter in diesem Buch.


Felix Kramer: 2017 ist sein Jahr

Siebdruck, Tusche, Wasserfarben, 46 × 31 cm, Motiv 35 × 26 cm, 2016

Felix Kramer, geb. 1987 in Kassel. Schauspielausbildung, Studium der Visuellen Kommunikation in Kassel. Animationsfilm Herkules erklärt das Weltkulturerbe (Die Wasserspiele – Bergpark Wilhelmshöhe).

Der Herkules: 300 Jahre in Kassel

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