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Probleme Absicherung der informell pflegenden Person
ОглавлениеEin grosses Problem ist die fehlende sozialversicherungsrechtliche Absicherung der informell pflegenden und betreuenden Personen. Oft wächst der Pflege- und Betreuungsaufwand so stark, dass die informell pflegende Person – wenn sie noch im Erwerbsleben steht – ihr Arbeitspensum reduzieren oder ihre Erwerbstätigkeit gänzlich aufgeben muss. Problematisch ist, dass unser Sozialversicherungssystem weitegehend an den Erwerbsstatus knüpft und auf kontinuierliche Erwerbsbiografien in Vollzeit bei einem einzigen Arbeitgeber ausgerichtet ist. Fällt eine Person nicht in dieses Schema, können ihr schnell Lücken in ihrer eigenen sozialversicherungsrechtlichen Absicherung, insbesondere der Unfallversicherung und der beruflichen Vorsorge entstehen. Da die Höhe des Erwerbseinkommens auch massgebend Einfluss auf die Höhe von Taggeldern und Rente hat, wirkt sich Teilzeiterwerbstätigkeit direkt auf das Leistungsniveau aus.[15]
Auch wird die informelle Pflege durch die Sozialversicherungen kaum entschädigt, d.h. informell pflegende Personen erhalten keinerlei Vergütungen für ihren Erwerbsausfall.[16] Die pflegebedürftige Person erhält gewisse Leistungen, welche sie zur Entschädigung einer informell pflegenden Person einsetzen könnte. Die Beträge sind aber relativ tief angesetzt und reichen kaum, diese Personen angemessen zu entschädigen, geschweige denn auch noch ihre sozialversicherungsrechtliche Absicherung damit sicherzustellen.[17]
Da die Rente der Alters- und Hinterlassenenversicherung nicht existenzsichernd ist, und es in den meisten Fällen auch an der beruflichen Vorsorge sowie der 3. Säule fehlen wird, werden diese Personen später auf Ergänzungsleistungen oder sogar Sozialhilfe angewiesen sein.[18] Was dank informeller Pflege vorgängig eingespart wurde, wird später in Form von Bedarfsleistungen wieder ausgegeben. Das macht volkswirtschaftlich betrachtet wenig Sinn.
Die Erhaltung der Erwerbstätigkeit von informell pflegenden Personen dient nicht nur dazu, diese Menschen vor Armut im Alter zu bewahren, sondern ist auch eine wichtige Massnahme zum Schutz ihrer eigenen Gesundheit. Erwerbstätigkeit stellt nicht nur ihre finanzielle Unabhängigkeit sicher, sondern sorgt auch dafür, dass sie sozial integriert bleiben. Hier stehen auch die Arbeitgebenden und die Sozialpartnerinnen und -partner in der Pflicht. Mit flexiblen und zuverlässigen Lösungen können sie zu einer besseren Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung beitragen.[19]
Da die Pflege und Betreuung von Menschen mit gesundheitsbedingten Einschränkungen nicht einfach eingestellt oder aufgeschoben werden kann, braucht es ergänzend Entlastungsangebote, so dass informell pflegende und betreuende Personen, egal ob noch im Erwerbs- oder bereits im Pensionsalter, entlastet werden und sich erholen können. Auch wenn Betreuung und Pflege nicht immer eine Bürde sondern auch eine schöne und erfüllende Aufgabe sein kann, benötigt jeder Mensch einmal eine Erholungspause oder muss im eigenen Krankheitsfall die Gewissheit haben, dass die Versorgung ihres Angehörigen sichergestellt ist. Solche Entlastungsangebote müssen sowohl einfach verfügbar als auch erschwinglich sein.
Die Verbesserung der Situation informell pflegender und betreuender Personen muss also auf verschiedenen Ebenen angegangen werden.