Читать книгу Begegnungen - Группа авторов - Страница 20
Neuste Entwicklungen
ОглавлениеDie Politik wurde auf die Thematik der Überalterung, der steigenden Anzahl pflegebedürftiger Personen und der fehlenden sozialversicherungsrechtlichen Absicherung informell pflegender Personen aufmerksam. Der Bundesrat hat mit dem «Aktionsplan für betreuende und pflegende Angehörige» eine Grundlage geschaffen, um die Rahmenbedingungen für betreuende und pflegende Angehörige zu verbessern.[29] Die Umsetzung des Aktionsplans wird vom Förderprogramm «Entlastungsangebote für betreuende Angehörige 2017–2020» ergänzt. Dieses Förderprogramm hat die Situation von betreuenden Angehörigen erforscht und Grundlagen geschaffen, damit die Angebote für betreuende Angehörige bedarfsgerecht weiterentwickelt werden können. Unter anderem weist der Bericht darauf hin, dass je umfangreicher der Betreuungsbedarf ist, desto grössere die Gefahr ist, dass ein Haushalt mit Angehörigenbetreuung in die Armut abrutscht und dass Angehörige, die ihre Erwerbstätigkeit wegen der Übernahme von Betreuungsaufgaben aufgeben, besonders armutsgefährdet sind.[30] Deshalb ist besonders wichtig, die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung zu verbessern.
Aus diesem Grund wurde ein Bundesgesetz zur Unterstützung von betreuenden Angehörigen geschaffen, d.h. es wurden in verschiedenen Bundesgesetzen Anpassungen vorgenommen, um Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung besser zu vereinbaren. Die erste Etappe des neuen Bundesgesetzes über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung ist bereits am 1. Januar 2021 in Kraft getreten. Es wurde die Lohnfortzahlung bei kurzen Arbeitsabwesenheiten geregelt, die Betreuungsgutschriften in der Alters- und Hinterlassenenversicherung ausgeweitet, der Anspruch auf den Intensivpflegezuschlag und die Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung für Kinder angepasst. Mit der zweiten Etappe wird per 1. Juli 2021 der bezahlte 14-wöchige Urlaub für die Betreuung von schwer kranken oder verunfallten Kindern in Kraft gesetzt.[31]
Diese Änderungen sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung, reichen aber bei weitem nicht aus, um die oben unter III. genannten Probleme zu lösen. So fokussieren die Massnahmen vor allem auf die kurzzeitige Pflege und Betreuung und bieten keine nachhaltigen Lösungen für Personen, die Menschen in der Langzeitpflegephase 2 betreuen.[32] Zudem fokussieren die Massnahmen in erster Linie auf die Betreuung und Pflege kranker Kinder und nicht auf Personen, welche ältere Menschen pflegen und betreuen. Bei alten Menschen wird sich deren Pflege- und Betreuungsbedarf mit der Zeit zunehmend erhöhen.[33] Aus Gründen der Gleichbehandlung sollten alle informell pflegenden Personen ungeachtet der Ursache der gesundheitlichen Einschränkung oder des Alters der gepflegten Person von solchen Massnahmen profitieren können. Sie alle nehmen Aufgaben wahr, auf die die gepflegte Person unter Umständen einen sozialversicherungsrechtlichen Anspruch hätte. Deshalb sollten künftige Vorlagen nicht nur Personen, die Kinder pflegen, berücksichtigen.
Zwar weist der Bund in seinen Berichten auf die demografische Entwicklung hin, erkennt das Problem der Überalterung der Gesellschaft, erkennt auch die Probleme, mit welchen pflegende und betreuende Angehörige zu kämpfen haben, schafft aber in seinem neuen Bundesgesetz zur besseren Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung keine wirksamen Massnahmen, diese Probleme auch wirklich anzugehen.
Auch wird im Synthesebericht darauf hingewiesen, dass es für betreuende Angehörige schwierig ist, sich im «Leistungsdschungel» der theoretisch und real existierenden Entlastungsangebote zurechtzufinden und alle Möglichkeiten finanzieller Unterstützungen zu überblicken.[34] Statt das System zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten, werden weitere Leistungen hinzugefügt.