Читать книгу Spiritualität der Ökumene - Ökumenische Spiritualität - Группа авторов - Страница 5
Vorwort
ОглавлениеCorinna Dahlgrün
Die „Arbeitsgemeinschaft Theologie der Spiritualität (AGTS)“ ist seit ihren Anfängen ökumenisch zusammengesetzt, mittlerweile ist sie eine von ihrer Intention wie ihrer Struktur her ökumenische Gemeinschaft. Nun hat es ökumenisches Bemühen gegenwärtig nicht leicht: Missverständnisse erschweren die Gespräche, Irritationen bei allen Partnern weisen auf das Noch-nicht-Verheiltsein alter Verwundungen hin, verschiedentlich werden Stagnation der Bemühungen und Abkühlung der Kontakte konstatiert. In dieser Situation schien es uns sinnvoll, innerhalb der AGTS die Frage der Ökumene, genauer: des Zusammenhangs von Spiritualität und Ökumene zum Thema zu machen. Während der Tagung im September 2010 in Würzburg bedachten wir also in Form von Vorträgen, Bibelarbeiten (eine vom Deutschen Evangelischen Kirchentag her vertraute Form der Eröffnung des Tages) und substanzreichen Diskussionen, wie die Spiritualität der Ökumene und wie eine spezifisch ökumenische Spiritualität aussehen könnten. Der Ertrag unseres Nachdenkens ist in diesem zweiten Band der Reihe „Spirituelle Theologie“ dokumentiert.
Der Eröffnungsvortrag von Josef Freitag zur „Spiritualität der Ökumene“ weist mit Nachdruck auf das allen ökumenischen Partnern gemeinsame Fundament in Christus hin, auf die allen in der Taufe gegebene neue Wirklichkeit. Von dorther bestimmt er die Sensibilisierung für den Schmerz, der aus der Trennung erwächst, und die Achtsamkeit für die jeweiligen Verwundungen als unverzichtbar, ebenso aber das Bemühen um ein ‚Leben aus der Begegnung’. Ein solches Leben könne in konkreten ‚ökumenischen Haltungen‘ realisiert werden, wie sie etwa im Gebet als ‚Zugangsweg zum Anderen‘ oder in der Wertschätzung der ‚Ökumene vor Ort‘, der Ökumene mit konkreten Partnern gegeben seien.
Die Bibelarbeit von Manfred Seitz zu christlicher Einheit (Eph 4,1–6.11–15) fordert mit dem Verfasser des Epheserbriefes Respekt für den anderen, wenn Einheit fehle, und bestimmt weiterhin ‚Einheit‘ als ‚Pluralität mit einem tragenden Grund’, der in Christus gegeben sei.
Kees Waaijmans Vortrag „Ökumenische Aspekte säkularer Spiritualität“ weitet den Blick auf primordial bestimmte inidigene (im Sinne von dem Menschen in seiner geschöpflichen Ausstattung mitgegebene) Spiritualitäten, die sich gleichermaßen in den biblischen Schriften, etwa den Psalmen, in der Areopagrede des Paulus (Act 17), in den „Werken der Barmherzigkeit“ und in heutiger säkularer Spiritualität fänden, wie sie in Interviews mit Bauern oder Mitarbeitern im Gesundheitswesen wahrzunehmen sei. Dabei lässt die Konzentration auf die gemeinsamen Strukturen die ökumenische Übereinstimmung und nicht mögliche Differenzen in den Vordergrund treten.
Einige Beobachtungen zu Ökumenischen Kirchentagen stellt Corinna Dahlgrün an. Sie fokussiert dabei einige besondere Formen ökumenischer Annäherung und resümiert: Eine solche Bewegung aufeinander zu, wie im Vorschlag Philipp Harnoncourts zum punktuellen eucharistischen Fasten oder in der gemeinsamen Mahlfeier von Altkatholiken und Anglikanern, bedeute für die jeweils Beteiligten immer auch ein partielles Aufgeben von Vertrautem, eine Veränderung des eigenen Standpunktes. Dies aber ermögliche Verbundenheit trotz differierender Meinungen.
Die verschiedenen Impulse wurden in einer immer wieder auch kontroversen Diskussion aufgenommen, über die Corinna Dahlgrün berichtet. Die positiven Erträge der Gespräche werden wegen ihrer möglichen Bedeutung für die Anliegen der Ökumene hier wiedergegeben: Die ökumenischen Partner seien um der Ganzheit willen aneinander gewiesen; dies könne in gemeinsamem Tun und Beten und in einem wechselseitigen Mitleben und Mitfeiern der jeweiligen Gottesdienste zum Ausdruck kommen.
Eine weitere Bibelarbeit zum Epheserbrief (Eph 2,11–22) von Josef Freitag ergänzt das Bisherige um die wesentliche Frage, wie denn die Feindschaft untereinander zu überwinden sei, und betont mit der Perikope, dass dies nur in Christus geschehen könne, in dessen Person allein die Versöhnung bereits geschehen sei: „Denn er ist unser Friede.“
Schließlich erfolgt ein Blick auf eine tatsächlich gelebte Form ökumenischer Spiritualität, wie sie sich in der Kommunität von Iona zeigt. Corinna Dahlgrün zeichnet anhand der ‚rule of life‘ die besonderen Akzente dieser Gemeinschaft nach, die darin gesehen werden könnten, dass hier jeder seine Mitchristen als ebenso ernsthaft in der Gottesliebe und auf dem Weg der Nachfolge Christi befindlich ansehe wie sich selbst.
Naturgemäß ist die Zahl der Fragestellungen, die bei einer Tagung gemeinsam bedacht werden können, begrenzt, und naturgemäß fehlen darum in diesem Band wichtige Themen aus dem Zusammenhang ökumenischer Spiritualität. Darum ist es uns eine besondere Freude, eines dieser Themen im Nachhinein ergänzen zu können, das der konfessionsverbindenden Ehen und Familien. Rowan Williams, der Erzbischof von Canterbury, hat uns freundlicherweise erlaubt, seinen Vortrag „The Fellowship of the Baptized“ in unserem Jahrbuch ein weiteres Mal zu veröffentlichen1. Er macht deutlich, dass die in Christus Getauften dort seien, wo Christus infolge der Inkarnation wie infolge seines Sterbens und Auferstehens sei, nämlich in der Gemeinschaft mit Gott und zugleich im Zentrum der Finsternis, des Chaos. Für die Gemeinschaft der Getauften bedeute das, dass sie ebenso in Christus geeint wie durch Spaltung untereinander und durch Trennung von Gott verwundbar seien. Doch im Leib Christi wirke der Geist immer von neuem heilend, darum sei die Gemeinschaft der Getauften immer zugleich gebrochen und erneuert. In diesem Zusammenhang seien die konfessionsverbindenden Ehen ein sakramentales Zeichen der göttlichen Gnade für die gesamte Kirche. Sie machten in besonderer Weise das Wesen der Taufe deutlich, denn sie seien eine physisch greifbare Verkörperung der verheißenen Liebe in allen Enttäuschungen und Trennungen und wiesen damit zugleich über sich selbst hinaus als ein eschatologisches Zeichen mit transformativer Kraft.
Gemeinsames Tun ist, so wurde auf der Tagung immer wieder festgestellt, ein Weg zu ökumenischer Gemeinschaft. In diesem Sinne kann hoffentlich auch die Veröffentlichung der gehaltenen Vorträge und Bibelarbeiten zum Nachvollziehen des gemeinsam Getanen und so als ein Schritt zur „Einheit in Christus“ dienen.
1 Die Erstveröffentlichung erfolgte in: INTAMS review 16 (2010) 83–87.