Читать книгу Was fehlt? - Группа авторов - Страница 14
3.3 Besinnung auf die Qualität der Frage
ОглавлениеGerade im faktischen Kontext einer Gegenwart, die sozialpolitisch durch die kapitalistische „Warenstruktur“11 der Gesellschaft und die daraus folgende Verdinglichung aller Verhältnisse menschlichen Lebens, die nur das Fehlen von „Dingen“ bzw. Waren kennt, und wissenschaftlich durch Erkenntnisinteressen und Methoden geprägt wird, die das Empirische, Analytische und Quantitative bevorzugen, sollte die Theologie aus der eigenen Einsicht in die Geschichte und Kontextualität der Frage „was fehlt?“ heraus klarstellen, dass für sie diese Frage eine Qualität hat, die weder im System der „Warenstruktur“ noch im vorherrschenden Wissenschaftsparadigma vorkommen kann. Weder eine bessere Bilanz der vorhandenen Waren noch eine bessere Berechnung der Produktionsmöglichkeiten noch eine Optimierung der Rentabilitätsmethoden, aber auch nicht präzisere analytische Methoden oder weiterreichende wissenschaftliche Prognosen werden auf die (philosophische) theologische Frage „was fehlt?“ antworten können. Denn heutige Theologie sollte nach dem, was fehlt – wie sie aus der Geschichte und Kontextualität der Frage lernen kann – wohl doch nicht aus einer Feststellung konkreter Mängel heraus fragen, sondern ganz im Gegenteil aus der Hoffnung auf die versprochene „Fülle“. Deshalb sollte sie übrigens auch vor Versuchen warnen, die den Sinn dieser Frage auf den Interessensbereich des „nachmetaphysischen Denkens“ einschränken und ihr die Funktion zukommen lassen, „Ressourcen“ des Beistands für eine „ihre eigene Bestimmung“ verfehlende praktische Vernunft zu mobilisieren.12
Also: Nicht die Realität des Mangels, sondern die Hoffung auf Fülle sollte Theologie als den Ursprung ihrer Frage nach dem, was fehlt, erfahren und vermitteln können.
Die theologische Frage „was fehlt?“ kann wahrscheinlich daher nur derjenige stellen, der, wie zum Beispiel Teresa von Ávila13, auch ahnt, was allein genügt. Und darin liegt wohl die singuläre Qualität dieser Frage. Ihre Pointe liegt eigentlich darin, dass sie nicht wissen will, was noch fehlt, sondern was im Grunde immer schon zu viel oder überflüssig war.