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Manfred Deselaers

Gesegnet sind die Peacemaker …

Seit 1990 lebe ich in Oświęcim, in der katholischen Gemeinde Mariae Himmelfahrt, und seit 1995 arbeite ich als Seelsorger am Centrum für Dialog und Gebet (CDiM). Von Anfang an habe ich die Peacemaker-Retreats mitbekommen, zunächst aus großer Entfernung. Ich hörte in den neunziger Jahren von Piotr Wrona, Priester und damaliger Direktor des CDiM, dass eine amerikanische internationale buddhistische interreligiöse Gruppe mit jüdischen Wurzeln (oder so ähnlich, wörtlich erinnere ich mich nicht mehr) Besinnungstage in Auschwitz plane und durchführe. Darunter vorstellen konnte ich mir nichts.

Dann kam es zu zufälligen Begegnungen, zu Gesprächen am Rande, zu Einladungen und schließlich irgendwann zu der Bitte, die Rolle eines Christian Spirit Holder – eines christlichen Hüters des Retreat-Geistes – zu übernehmen.

Oft habe ich später gesagt, dass für mich diese Retreats der Peacemaker zu den wichtigsten Geschehnissen in Auschwitz und Birkenau gehören. Warum?

Es gibt wenige Gruppen, die so intensiv „auf die Stimme dieser Erde hören“. Besichtigung, natürlich. Begegnungen mit Zeitzeugen gibt es sonst auch oft. Aber schweigend auf der Rampe sitzen, von Zeit zu Zeit Litaneien von Namen der Ermordeten vorlesen … Meditierend den Raum erfahren, an verschiedenen Stellen sich immer neu der vielen verschiedenen Dimensionen bewusst werden … Das ist ein so intensives Ernstnehmen dieses Ortes und seiner Opfer (und sogar seiner Täter), dass sogar ehemalige Häftlinge wiederkamen, um daran teilzunehmen.

Viel gelernt habe ich auch von der Methode, vom Stil des Miteinander-Teilens. Morgens in kleinen Gruppen, abends in großen Gruppen. Es sind nicht Vorträge, die die Atmosphäre prägen, sondern respektvolles Hören auf den inneren Reichtum, den jeder und jede mitbringt.

„Auschwitz“ – das war die Vernichtung des Anderen. Kaum eine Gruppe, die heute nach Auschwitz kommt, bringt so deutlich verschiedene Nationen, Biografien, Konfessionen und Religionen zusammen. Das Heilen der verletzten Identitäten und der verletzten Beziehungen gehört zusammen, es geht nicht anders, davon bin ich überzeugt. Neues Vertrauen wächst aus ehrlichem Einander-Zuhören. Dafür braucht es einen geschützten Raum, in dem Vertrauen möglich ist. Das bieten diese Retreats.

Ich bin katholischer Priester, weder Jude noch Buddhist. Das bedeutet, dass ich mich nicht auf Liturgien einlassen müssen möchte, die ich nicht verstehe oder die mir fremd bleiben. Und das geht nicht nur mir so. Deshalb war für mich dieser Respekt vor der Andersheit des Anderen immer wichtig. Ausdruck davon waren die getrennten Gebete der verschiedenen religiösen Gruppen, die ein Teil des Retreat-Programmangebots waren, wenn auch sonst meist alles gemeinsam angeboten wurde. Jeder konnte „die anderen“ besuchen, aber auch eine Gruppe mit der eigenen Gebetssprache finden.

Manchmal ergaben sich gemeinsame Gebete oder Gebetswege, bei denen wir uns nacheinander in unseren Traditionen ausdrückten. Nicht vergessen werde ich das erste Mal, als ich bei solch einem Gebet vor der Todeswand bei Block 11 im Lager Auschwitz I mitmachte. Meine Rolle war, ein christliches Gebet zu sprechen. Der Rabbi blies das Schofar. Gosia Braunek kniete sich vor die Todeswand, verneigte sich bis zum Boden und drehte die Hände zum Himmel.

Ich hatte diese buddhistische Geste vorher noch nie gesehen. Sie hat mich beeindruckt: Was kann hier angemessener sein, als sich tief zur Erde zu verneigen, in die das Blut der Ermordeten geflossen ist, und gleichzeitig den Kontakt zum Himmel zu suchen?

Gosia ist inzwischen heimgegangen. Auf diesem Weg möchte ich ihr noch einmal danken.

Viele wunderbare Menschen habe ich getroffen. Allen möchte ich danken, besonders den Gründungseltern und denen, die seit Jahren das Rückgrat dieser Retreats bilden, Bernie und seiner „Familie“. Das Retreat ist nicht nur Bearing Witness, also Zeugnis ablegen. Es ist auch Building a Civilisation of Love – eine Zivilisation der Liebe bauen.

Deutschland/Polen


Blessed Are the Peacemakers …

I live in Oświęcim since 1990, in the Catholic Community Mariae Himmelfahrt, and since 1995 I work as a minister for the Centre for Dialogue and Prayer (CDiM). From the start I was aware of the Peacemakers-Retreats, from a big distance at first. In the nineties, I heard from priest Piotr Wrona, director of the CDiM at that time, that an American international Buddhist interreligious group with Jewish roots (or something like that, I don’t remember exactly) was planning and conducting contemplative days in Auschwitz. I had no idea what that meant. Then coincidental meetings happened, conversations in between, invitations and then, eventually, at some point the request to take over the role of a Christian Spirit Holder.

Later I often said that for me, the Peacemakers-Retreats belong to the most important events in Auschwitz and Birkenau. Why?

There are only few groups that listen so intensively to “the voice of this ground.” Sightseeing – yes, of course. Encounters with contemporary witnesses also take place every now and then. But sitting in silence on the tracks, from time to time chanting the names of those who were murdered … feeling the space while meditating, becoming aware of the many different dimensions in different spots of the camp site … this is such an intense offering to take this place and its victims (and even its offenders) seriously that even former inmates came back to participate.

I also learned a lot from the method, the style of Sharing. Mornings in small groups, evenings in bigger groups. It’s not the lectures that account for the atmosphere, it’s the respectful listening to the inner wealth everyone brings in.

“Auschwitz” – that was the annihilation of others. Nearly none of all the groups coming to Auschwitz these days brings together different nations, biographies, faiths and religions so intentionally. The healing of broken identities and broken relationships belongs together, there is no other way, I’m convinced of that. New trust grows from listening to each other honestly. For that, it needs a safe space, allowing for trust. That is what this retreat offers.

I’m a Catholic priest, not a Jew, not a Buddhist. This means, I am under no obligation to engage in liturgies that I don’t understand or can’t relate to. And that goes for other people too. That’s why for me the respect towards the Other-ness of the others was always very important. It was expressed, for example, in the separate prayers for the different religious groups that were part of the retreat program, even when almost everything else is offered collectively. Anyone could visit “the others,” but also find a group with a familiar prayer-language. Sometimes, collective prayers or prayer-paths would form, in which we would express ourselves in our traditions successively.

I will never forget the first time I attended such a collective prayer in front of the Death Wall at Block 11 in Auschwitz I. It was my task to say a Christian prayer. The rabbi blew the schofar. Gosia Braunek knelt in front of the wall, bowed with her forehead touching the ground and turned her hands upwards to the sky. I had never seen this Buddhist gesture before. It impressed me: What can be more appropriate here then bowing deeply to the earth, into which the blood of the murdered sank, while simultaneously seeking contact with Heaven?

Gosia has passed away in the meantime. Herewith, I would like to thank her again.

I have encountered so many beautiful people. My gratitude reaches out to all of them, especially to the founding parents and the pillars that make up the spine of these retreats from the very beginning, Bernie and his “family.” The retreat is not only Bearing Witness – it’s also Building a Civilization of Love …

Germany/Poland

AschePerlen

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