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Joan Halifax

Auschwitz Council

Going to Auschwitz and bearing witness has given many of Bernie’s students and colleagues the rare opportunity to bring deep listening into a place that has been for literally millions associated with the most horrendous forms of human suffering. Auschwitz is a place where deep listening was decidedly absent.

Roshi Bernie knew that to remember Auschwitz, to remember those who died there, and to remember the perpetrators of suffering could not but teach us about what in our own lives we have rejected, hated, scorned, judged, and raged against. And what in the lives of others that we have loathed and found intolerable. This kind of alienation, whether tender or hard, has been felt by all at the Auschwitz Bearing Witness Retreat, which is inspired by the practice of our courageous and visionary Bernie, who encouraged us again and again to ask ourselves: How could this have happened? One cannot escape this question at Auschwitz, just as escape from Auschwitz was barely possible.

The suffering that we touched during our retreat at times led us into darkness and sometimes transformed into joy and healing as we sat and practiced together and heard one another. I remember Bernie’s old buddy Peter Matthiessen asking: How could one feel joy in such a place? Bearing witness is not only about bearing witness to one’s own life but also to all of life. And it was here at Auschwitz that we bore witness to the suffering of others, to the suffering of ancestors, to our own suffering, and to the possibility of the transformation of suffering. Peter was astounded by the release he experienced at Auschwitz, and so were all of us.

One of the ways that I have practiced bearing witness has been in the experience of Council, a practice where people sit in circle with each other and speak clearly and listen deeply. Council at Auschwitz was a way for us to communicate about the deepest issues of our lives, including suffering, death, and grief as well as meaning, healing and joy. Council was indeed one of the deepest ways that we taught each other during the retreat.

Council is found in many cultures and traditions over the world. There is reference to it in Homer’s Iliad. One finds it in the tribal world of earth cherishing peoples. And, of course, it is a key strategy of communion and communication in the tradition of the Quakers, who so influenced the Civil Rights Movement of the 1960’s. In the 1970’s, I and others brought what we had learned in the Civil Rights Movement and anti-war movement to our lives as teachers and people who were involved with social action and spiritual practice. Council, or the Circle of Truth, or whatever we called it then became a way for us to incorporate democratic and spiritual values into our collective and individual lives. In the mid-90’s, I introduced the Council process to Bernie and Jishu Holmes. It fit so well with their work as peacemakers, and they brought it to many places, including Poland. For Bernie and Jishu, Council seemed to be a practice that was naturally based in the Three Tenets of Not-Knowing, Bearing Witness, and Healing. And it was to contribute to a more profound relationship with our time at Auschwitz.

At Auschwitz, the practice of Council did not necessarily lead us into seeing things the same way. It was not a consensus process at all. Rather, it was a way for people to recognize that each individual in the circle had his or her own experience, take on things, his or her own wisdom. When differing views and experiences were expressed in Council, the depth of the field seemed to be much greater. Here we began to discover the importance and richness of differences. The practice of Council allowed people to develop appreciation for differences and to respect the differences of perspective that were held by Germans and Jews, by men and women, by old and young, by rich and poor, by the joyful and the terrified among us. We saw clearly that it was the intolerance of differences that made an Auschwitz possible.

This same intolerance is found in many corners of the planet today, and we were to discover that this intolerance existed in our own hearts as well. Many of us saw that we are called to bear witness, without shame, to this Balkanization of the spirit; we needed to invite the hungry ghosts in and allow them to scour out our hearts so that our practice and resolve to make peace could deepen.

Council was one way that this process happened. It was our medicine and our mirror, and it reflected Roshi Bernie’s spirit and vision.

USA (1996)


Council in Auschwitz

Nach Auschwitz zu fahren und Zeugnis abzulegen hat vielen von Bernies Schülern und Kollegen die seltene Gelegenheit gegeben, tiefes Zuhören an einen Ort zu bringen, der buchstäblich für Millionen mit den entsetzlichsten Formen menschlichen Leidens verbunden war. Auschwitz ist ein Ort, an dem tiefes Zuhören entschieden gefehlt hat.

Roshi Bernie wusste, dass sich an Auschwitz zu erinnern, sich an jene zu erinnern, die hier starben, und sich an die Verursacher des Leidens zu erinnern, uns auch darüber würde belehren können, was wir in unserem eigenen Leben zurückwiesen, hassten, verachteten, verurteilten und wogegen wir wüteten. Und was wir im Leben anderer verabscheuten und unausstehlich fanden. Diese Art der Entfremdung, ob sanft oder heftig, wurde bei dem BearingWitness-Retreat in Auschwitz von allen empfunden. Bernie ermutigte uns wieder und wieder, uns selbst zu fragen: Wie konnte dies geschehen? Man kann dieser Frage in Auschwitz nicht entfliehen – so wenig, wie es möglich gewesen war, Auschwitz zu entkommen.

Das Leiden, das wir im Laufe unseres Retreats bisweilen berührten, führte uns in die Dunkelheit und verwandelte sich manchmal in Freude und Heilung, während wir zusammen saßen und praktizierten und einander hörten. Ich erinnere mich daran, wie Bernies alter Freund Peter Matthiessen fragte: Wie kann man an so einem Ort Freude verspüren? Beim Zeugnisablegen geht es nicht nur darum, das eigene Leben zu bezeugen, sondern alles Leben. Und hier in Auschwitz nun legten wir von dem Leiden anderer Zeugnis ab, von dem Leiden der Vorfahren, von unserem eigenen Leiden und von der Möglichkeit, Leiden zu transformieren. Peter war höchst erstaunt über die Befreiung, die er in Auschwitz erlebte, und so ging es uns allen.

Eine der Arten, Zeugnisablegen zu praktizieren, war für mich die Erfahrung des Council, eine Praxis, bei der Menschen miteinander im Kreis sitzen, wahrhaftig sprechen und intensiv zuhören. In Auschwitz redeten wir im Council über die tiefsten Fragen unseres Lebens, einschließlich Tod und Trauer, Sinn, Heilung und Freude. Es war gewiss einer der tiefgreifendsten Wege, die wir miteinander während des Retreats gegangen sind.

Council ist weltweit bei vielen Kulturen und Traditionen anzutreffen. Es wird in Homers Ilias erwähnt. Man findet es in der Stammeswelt erdverbundener Völker. Und es spielt eine zentrale Rolle bei den Versammlungen und in der Kommunikation der Quäker, die die Bürgerrechtsbewegung der Sechzigerjahre in den USA stark beeinflusst hatten. In den Siebzigerjahren haben ich und andere das, was wir in der Bürgerrechts- und der Antikriegsbewegung gelernt hatten, eingebracht in unser Leben als Lehrende und als Menschen, die sich sozial und spirituell engagierten. Council – oder der Kreis der Wahrheit oder wie immer wir es damals genannt haben – wurde für uns eine Methode, demokratische und spirituelle Werte in unser gemeinschaftliches und persönliches Leben einfließen zu lassen. Mitte der Neunzigerjahre stellte ich Bernie und Jishu Holmes den Weg des Council vor. Er passte sehr gut zu ihrer Arbeit als Friedensstifter, und sie nahmen ihn an viele Orte mit, auch nach Polen. Für Bernie und Jishu schien Council eine Praxis zu sein, die in den Drei Grundsätzen Nicht-Wissen, Zeugnisablegen und heilsames Handeln ihre natürliche Basis hatte. Und diese Praxis sollte dazu beitragen, dass wir unsere Zeit in Auschwitz tiefer erlebten.

In Auschwitz führte die Council-Praxis nicht notwendigerweise dazu, dass wir dieselbe Sicht der Dinge entwickelten. Es handelt sich keineswegs um einen Prozess des Herstellens von Einigkeit. Für die Beteiligten war die Praxis vielmehr ein Mittel zu erkennen, dass jede Person im Kreis ihre eigenen Erfahrungen, eigene Herangehensweisen und ihre eigene Weisheit hatte. Wenn im Kreis unterschiedliche Anschauungen und Erfahrungen geäußert wurden, schien die Tiefenschärfe größer zu werden. Hier begannen wir die Relevanz und den Reichtum von Unterschieden zu entdecken. Council ermöglichte es uns, Wertschätzung für Unterschiede zu entwickeln und die verschiedenen Betrachtungsweisen zu achten, die Deutsche und Juden, Männer und Frauen, Alte und Junge, Reiche und Arme sowie die Fröhlichen und die Verängstigten unter uns hatten. Wir konnten deutlich sehen, dass die Intoleranz gegenüber Unterschieden etwas wie Auschwitz erst ermöglicht hatte.

Die gleiche Intoleranz findet sich heutzutage in vielen Zonen unseres Planeten, und wir haben entdeckt, dass diese Intoleranz ebenfalls in unseren Herzen existiert. Viele von uns haben verstanden, dass wir aufgerufen sind, ohne Scham von dieser Balkanisierung des Geistes Zeugnis abzulegen. Wir mussten die hungrigen Geister hereinbitten und ihnen gestatten, unsere Herzen auszuscheuern, damit sich unsere Praxis und unsere Entschlossenheit, Frieden zu schließen, vertiefen konnte.

Council war ein Weg, diesen Prozess geschehen zu lassen. Es war unser Heilmittel und unser Spiegel, und es spiegelte Roshi Bernies Geist und Vision.

USA (1996)

AschePerlen

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