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DIRK BOLL

2 Pompeji 1875

Die Anfänge des Kunstmarktes liegen zwar im Dunkeln, doch können seine Wurzeln bis zu den ägyptischen und phönizischen Handelsbeziehungen mit einer Vielzahl von Nachbarvölkern, nachweisbar um 1500 v. Chr., zurückverfolgt werden. Kunstwerke waren zu dieser Zeit kein privates Eigentum, sie schmückten Tempel und Altäre – säkulare private Sammlungstätigkeit ist nicht überliefert.46 Allerdings wurden an den Kultstätten des klassischen Griechenlands Nachbildungen von Götterbildern an die Gläubigen verkauft.47 Die Künstler selbst nahmen innerhalb der Gesellschaft nur einen geringen Rang ein; war der Künstler schöpferisch tätig, so war er nur das Werkzeug der Götter, welche sich durch ihn mitteilten.48

Erste bedeutende Sammler gab es im Kulturgebiet des Hellenismus und im antiken Rom. Sowohl die Könige von Pergamon als auch die ägyptischen Pharaonen führten erworbene, geschenkte oder geraubte Kunstwerke in Sammlungen zusammen. Private Sammler gab es jedoch erst in der herrschenden Schicht von Rom. Kunstwerke waren Kriegsbeute und wurden schon aus diesem Grund zu Repräsentationszwecken ausgestellt, in der Folge auch verkauft. Durch die hohe Wertschätzung vor allem der griechischen Kunst entstand jedoch bald eine Sammelkultur, die sich von der Darstellung militärischer Erfolge gelöst hatte. Spätestens ab der Kaiserzeit gehörte eine eigene Kunstsammlung zu den Erfordernissen eines jeden gebildeten und reichen Römers.49

Zur Bedienung dieser Nachfrage etablierte sich bald ein begrenzter Kunstmarkt. So gab es in Rom eine Straße, die für die hohe Dichte an Kunsthandlungen bekannt war, die Via Saepta Iulia. Berühmt wurde der römische Kunsthändler Iunius Damasippus, jedoch weniger wegen der von ihm angebotenen griechischen Antiken, sondern aufgrund seines aufsehenerregenden Bankrotts.50 Auch Fälscher derartiger Antiken sind aus dieser Zeit überliefert.51 Kunsthandel war häufig nur ein Beigeschäft zu anderen kaufmännischen Tätigkeiten – spezialisierte Verkäufer von Kunst waren vor allem die Künstler selbst, die eigene Werke anboten.52

Trotzdem scheint der Markt in Nischen hochspezialisiert gewesen zu sein. Das Sammeln von Kunstgegenständen war auch nach heutigen Vorstellungen ausgesprochen exklusiv. Die von Cicero überlieferten Preise für Werke der angewandten Kunst müssen den Vergleich mit den Beträgen nicht scheuen, die auf dem Höhepunkt der Begeisterung für französische Ebenistenkunst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gezahlt wurden.53 Auch andere antike Autoren berichten schlaglichtartig von Auktionen und Auktionspreisen; um 500 v. Chr. wird aus Babylon über Versteigerungen von Bräuten berichtet.54 Die griechische Insel Delos scheint das antike Zentrum der Sklavenauktionen gewesen zu sein. In Rom wurden jedoch neben Sklaven vor allem Lebensmittel versteigert, eher seltener Kunstgegenstände und Hausrat.55 Der Begriff selbst, vom lateinischen »auctio« = Vermehrung abgeleitet, lässt auf ein Auktionsmodell mit aufsteigenden Geboten schließen. Die Details derartiger Veranstaltungen kennt man jedoch erst seit einem aufsehen­erregenden Fund aus dem Jahr 1875 in Pompeji ...

Helden der Kunstauktion

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