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II. Die Gesellschaft schätzt diesen Dienst

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Dieser Dienst wird von der Gesellschaft dankbar entgegengenommen – oder doch zumindest von vielen Gliedern dieser Gesellschaft. Im April 2013 hatte die CDU-Fraktion im NRW-Landtag mit einem Antrag „Die Kirchen als Diener am Gemeinwohl: gesellschaftliches Engagement von Caritas und Diakonie anerkennen und unterstützen“ die Debatte über Rolle und Präsenz der Kirchen in der Gesellschaft vorangetrieben. Hierüber haben wir intensiv debattiert:

„‚Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.‘ (Ernst-Wolfgang Böckenförde, Staat, Gesellschaft, Freiheit. 1976, S. 60). Jeder freiheitliche Staat ist auf einen Gemeinsinn seiner Bürger angewiesen, den er selbst nicht erzwingen kann, sondern der sich aus anderen Quellen speist. Hierzu tragen die Kirchen in Verkündung der christlichen Botschaft bei. Dabei beschränkt sich die Aufgabe der Kirchen schon nach deren Selbstverständnis nicht nur darauf, die christliche Botschaft im Wort zu verbreiten, sondern erstreckt sich gerade auch auf den Aspekt, der eigenen Botschaft gemäß in der Gesellschaft zu handeln und zu wirken: ‚Die Kirchen sehen ihren Auftrag und ihre Kompetenz vor allem darin, für das einzutreten, was dem solidarischen Ausgleich und zugleich dem Gemeinwohl dient‘ (Gemeinsames Sozialwort, 1997 „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“).

Neben dem bedeutenden Beitrag, den die beiden großen Kirchen für das kulturelle Leben in Deutschland leisten (vgl. Schlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages, Drucksache 16/7000, S. 143 ff.), sind es dabei vor allem die Diakonie auf evangelischer und die Caritas auf katholischer Seite, die die gelebte Nächstenliebe verkörpern und sich mit einer Vielzahl von Angeboten und Projekten bei der Unterstützung der Schwachen in der Gesellschaft engagieren. Damit wirken die kirchlichen Organisationen in der Gesellschaft. Dabei nehmen sie sich auch einiger Aufgaben an, die ohne das kirchliche Engagement vom Staat, der ebenfalls dem Gemeinwohl seiner Bürger verpflichtet ist, wahrgenommen werden müssten.“3

Dieser Impuls führte nach einer Sachverständigenanhörung im Hauptausschuss4 schließlich zu folgenden Feststellungen des Landtags Nordrhein-Westfalen, in deren Rahmen die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände ausdrücklich als Träger der sozialen Daseinsvorsorge und als Bestandteil des verfassungsrechtlichen Sozialstaatsgebots gewürdigt werden:

„Die Entwicklung des Sozialstaates bundesdeutscher Prägung ist neben den Kämpfen der Arbeiterbewegung und der aus ihnen hervorgegangenen Gewerkschaften untrennbar mit der aktiven Rolle der Kirchen und freien Wohlfahrtsverbände verbunden. Ausgehend von Johann Heinrich Wichern im Bereich der evangelischen Kirche und Adolph Kolping im Bereich der katholischen Kirche gab es schon im 19. Jahrhundert jenseits der Amtskirche auch in den großen Kirchen Bestrebungen, sich der aufkommenden sozialen Frage zuzuwenden. Mit der festen Verankerung der christlichen Soziallehre in beiden Kirchen und der Institutionalisierung vor allem in den Diakonischen Werken sowie dem Caritasverband in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts erlangte diese Orientierung eine konsistente theologische Basis und eine feste Struktur. Mit dem Deutschen Roten Kreuz, der Arbeiterwohlfahrt, dem Paritätischen Gesamtverband und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland sind die beiden großen Sozialwerke der Kirchen seit Gründung der Deutschen Liga der freien Wohlfahrtsverbände 1925 und mit der Wiederbegründung nach dem 2. Weltkrieg integraler Bestandteil der freien Wohlfahrtspflege in Deutschland. Sie sind mit Ihren Tätigkeiten und Einrichtungen prägend für den subsidiär und plural verfassten Sozialstaat. Sie stehen im Wandel ihres Wirkens gleichermaßen für die Fortentwicklung von der Armenhilfe zur gesetzlich geregelten Fürsorge, bei der nicht mehr soziale Wohltaten, sondern individuelle Rechtsansprüche die Grundlage des modernen Sozialstaats bilden.

In diesem Rahmen engagieren sich die Kirchen und ihre Sozialwerke als Institutionen sowie die zahlreichen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heute durch ihre Arbeit und ihr Handeln für unsere Gesellschaft. Als Träger des Sozialstaatsgedankens sind sie ein wesentlicher Bestandteil des sozialen Rechtsstaates (Art. 20 GG). Mit ihrem Einsatz, ihrer Überzeugung und ihrem Engagement tragen sie zum solidarischen Gedanken, der eine wichtige Stütze unserer Gesellschaft ist, in wesentlichem Maße bei. Das Wirken der Kirchen und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist damit ein integraler Teil unserer Vorstellung einer intakten sozialen, sich kümmernden Gesellschaft. Im Kontext des Handelns der christlichen Kirchen wird diese säkulare Beschreibung mit dem christlichen Begriff der „Nächstenliebe“ übersetzt.“5

Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft

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