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ES LEBE DIE UTOPIE! VOM PRINZIP HOFFNUNG Siegfried Eckert

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„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, dieses geflügelte Wort wird Helmut Schmidt zugeschrieben. Was für ein humorloser Gedanke mit schrecklich gestutzten Flügeln, für einen, dem die Fantasie verloren gegangen sein muss. Warum nicht über den Tellerrand der Tagespolitik blicken?

Ganz anders war der in rote Wolle gewickelte Philosoph Ernst Bloch gestimmt, dessen Denken von der Utopie, dem Noch-Ausstehenden, der Zukunft, die auf uns zukommt, lebte. Die Welt braucht Visionäre, Menschen mit Utopien, Propheten und Prophetinnen, die über den Tag hinaus eine Hoffnung in sich tragen. Schöne Aussichten sind möglich, auch wenn wissenschaftliche Vorhersagen apokalyptisch anmuten.

Wie gut, dass es vor langer Zeit der Sohn des Amoz mit seinen Visionen ins Prophetenbuch Jesaja geschafft hat. Gott sei Dank ist die Bibel voll von Visionen, heilvollen wie unheilvollen. Jesu Rede vom Reich Gottes goss ebenfalls Öl ins Feuer der Hoffnung. Vor allem die Osterbotschaft entflammte eine Utopie, die bis heute zündet, allen Unkenrufen zum Trotz. Abgerechnet wird also zum Schluss. Das Leben ist nicht totzukriegen. Gott ist ein Gott der Lebenden. Das sind doch gute Perspektiven. Und das letzte Buch der Bibel, die Offenbarung, schwärmt geradezu von solch einem neuen Himmel und einer neuen Erde, in denen alle Karten neu gemischt werden. Kein Leid, kein Geschrei, kein Schmerz, kein Tod wird mehr sein, heißt es. Der Himmlische höchstpersönlich wird uns die Tränen von unseren verweinten Gesichtern abwischen. Warum mit solchen Gedankenspielen zum Arzt gehen?

Jesaja, der Sohn des Amoz, war ebenfalls voller Utopien, die zum Kompass ganzer Generationen werden sollten. Ich versuche, sie in unsere Gegenwart zu übersetzen, da ich der festen Überzeugung bin: Träume sind keine Schäume. Visionen sind nicht therapiebedürftig. Eher wohnt solcher Imagination eine heilsame Kraft, ein Heiliger Geist inne. Eine Utopie kann die berühmte Karotte sein, die dem störrischen Esel Menschheit vor die Nase gehalten wird, um sich aufzumachen, Veränderungen anzugehen, Reformationen zu wagen, Unglaubliches zu erwarten. Laut Jesaja wird etwas geschehen, etwas auf uns zukommen, was kein Mensch in der Hand hat. Über unsere irdischen Niederungen hinweg wird Gott auf dem Höhepunkt seiner Geschichte sein Haus unter uns auf einem Berg aufschlagen. Von einer anderen Perspektive her wird Gott sich einen Überblick verschaffen. Alle Völker werden sich dann zum Erhabenen auf den Weg machen und Gottes Höhenluft aufsuchen. Denn sie werden es in den dunklen Tälern ihrer Abschottung, ihrer Perspektivlosigkeit nicht mehr aushalten. Auf ihrem Weg zu Gott hin, werden sie anfangen, sich gegenseitig zu ermutigen. Sie werden offen sein, neue Wege zu beschreiten zu dem einen Gott, zur Gottheit aller Menschen und Welten. Ihre Herzen werden offen sein. Ihre Ohren werden offen sein. Wenn alle Völker von dem Einen Weisung für ihr Miteinander empfangen.

Und dann wird auf Gottes Agenda stehen: Gott spricht Recht zwischen den Völkern. Das Recht wird die Hauptrolle spielen. Es wird Schluss sein mit Unrecht und Ungerechtigkeit. Eine große Transformation wird anstehen, zur Bewahrung der Schöpfung und in der Rüstungsindustrie, wenn Schwerter zu Pflugscharen und Lanzen zu Winzermessern werden. Beides soll zum gleichen Ziel führen: dem Frieden zwischen den Völkern, dem Verlernen des Kriegshandwerks, dem Ende jeglichen Raubrittertums gegen Mutter Erde. Gäbe es solche Visionen nicht mehr, die Welt wäre ärmer und die Schöpfung endgültig verloren. Vor allem aber der Mensch wäre um die Hoffnung auf ein gutes Ende gebracht. Und das wäre gewiss nicht im Sinne von Helmut Schmidt gewesen.

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