Читать книгу Sportpädagogik - Группа авторов - Страница 18
1.3.1 Entwicklung
ОглавлениеDie menschliche Entwicklung ist ein ganzheitlicher Veränderungsprozess, der sich auf motorische, kognitive und psycho-soziale Merkmale bezieht. Im Unterschied zu einem engen, auf traditionellen Phasen- und Stufenmodellen beruhenden Entwicklungsverständnis, das von einer universellen und nicht umkehrbaren Entwicklungsabfolge ausgeht, hat sich spätestens mit dem Aufkommen der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne ein weiter Entwicklungsbegriff durchgesetzt. Nach Trautner (2006) erweisen sich als kleinster gemeinsamer Nenner verschiedener Begriffsbestimmungen die Veränderung und die Zeitachse.
Zu den wesentlichen Bestimmungsmerkmalen eines weiten Entwicklungsbegriffs zählt Trautner (ebd., S. 67–68; auch Willimczik & Singer, 2009) folgende Aspekte:
• Veränderungen über die Zeit, die in einem systematischen Zusammenhang mit dem Lebensalter (Lebenslauf) stehen.
• Überdauernde, langfristige Veränderungen, im Unterschied zu kurzfristigen oder vorübergehenden Veränderungen.
• Regelhafte Veränderungen, die in qualitativen und quantitativen Veränderungen zum Ausdruck kommen (z. B. typische altersbezogene Veränderungen).
• Aber auch nicht regelhafte Veränderungen im Sinne von interindividuellen Unterschieden (zwischen verschiedenen Personen) in intraindividuellen Veränderungen (bezogen auf einzelne Personen).
Bedeutsam ist außerdem die Unterscheidung von Entwicklung als Prozess und als dessen Produkt:
»Der Begriff Entwicklung bezeichnet sowohl den Prozess fortschreitender Veränderungen, einschließlich der ihm zu Grunde liegenden Bedingungen, als auch das jeweilige Produkt dieses Prozesses zu einem bestimmten Zeitpunkt der Entwicklung. Direkt beobachtbar sind immer nur die jeweiligen Produkte des Entwicklungsprozesses. Die zu Grunde liegenden Bedingungen können nur erschlossen werden (z. B. wenn ein systematischer Zusammenhang zwischen vermuteten Entwicklungsbedingungen und Entwicklungsergebnissen besteht)« (ebd., S. 60).
Als lebenslanger Prozess bezieht sich die Entwicklung auf alle Lebensphasen vom Säuglings- bis zum späten Erwachsenenalter. Die motorische Entwicklung steht in einer engen Beziehung zu den Prozessen des Wachstums, der Reifung, des Lernens und der Sozialisation. Von Anfang an haben wir es dabei nicht mit bloßen Reifungs- und Wachstumsprozessen zu tun, sondern mit Anlagen und Potentialen, die sich in der Auseinandersetzung mit den materialen und sozio-kulturellen Gegebenheiten (Entwicklungskontexte) individuell ausbilden und zu erheblichen Unterschieden und Variationen im Entwicklungsverlauf führen.
Die verschiedenen Ansätze zur Beschreibung und Erklärung von Entwicklungsprozessen beziehen sich auf die drei Grundfragen nach dem Gegenstand (motorische, kognitive und psycho-soziale Entwicklung), dem Verlauf und der Steuerung (Person-Umwelt-Bezug) der Entwicklung. Ausgehend von dem Kriterium der Entwicklungssteuerung (Wodurch kommen Veränderungen zustande?) werden vier theoretische Grundpositionen unterschieden: reifungstheoretische, sozialisationstheoretische, konstruktivistische und interaktionale Ansätze (Baur, 1989; Montada, Lindenberger & Schneider, 2012).
Der Zusammenhang von Bewegung und Entwicklung ist für die Sportpädagogik von Bedeutung, weil die menschliche Entwicklung einen wesentlichen Anlass und Bezugspunkt für seine Erziehung darstellt (Dietrich, 1987). Bereits in den 1920er-Jahren stellte Bernfeld (1967) fest, dass Erziehung als Summe der Maßnahmen einer Gesellschaft auf die Tatsache der menschlichen Entwicklung aufzufassen ist. Die zentrale sportpädagogische Frage lautet demnach, wie sich der Mensch im Medium der Bewegung, in der aktiven Auseinandersetzung mit seiner Umwelt allgemein und in den speziellen bewegungskulturellen Ausformungen von Bewegung, Spiel und Sport entwickelt und welchen Einfluss Maßnahmen der Bewegungserziehung und -förderung dabei haben.