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1. Strategieentwicklung
ОглавлениеUm die richtigen Antworten zu finden, müssen die richtigen Fragen gestellt werden. Die erfolgreiche Nachlassverwaltung beginnt daher mit einer umfangreichen Strategiephase, die sich entlang der folgenden Fragen bewegen sollte:
1. In welchem Zustand ist der Nachlass?
a. Wie ist der Ordnungs- und Erhaltungszustand des Nachlasses?
b. Wie sieht die Inventarisierung und Lagerung aus?
c. Wo steht das Werk im kunsthistorischen Kontext? Wie anerkannt ist es, wie ist die objektive Qualität?
2. In welcher Struktur soll der Nachlass verwaltet werden?
a. Liegt ein formulierter Wille des nachlassenden Künstlers vor?
b. Soll in privater Form verwaltet werden?
c. Soll in institutionalisierter Form verwaltet werden?
d. Profit- oder Non-Profit-Zielsetzung?
3. Wer soll den Nachlass verwalten?
a. Familie
b. Dritte
c. beratende Gremien (Rolle und Zusammensetzung?)
4. Welche Ziele will ich durch die Nachlassarbeit kurz-, mittel- und langfristig erreichen?
a. Definition der Ziele
b. Wie erreiche ich die Ziele?
I. Wie arbeite ich mit Museen zusammen?
II. Wie arbeite ich mit der Wissenschaft zusammen?
III. Wie arbeite ich mit dem Kunstmarkt zusammen?
IV. Wird ein Werkverzeichnis notwendig sein?
V. Wird ein Authentifizierungskommittee notwendig sein?
5. Wie finanziere ich das Erreichen dieser Ziele?
6. Soll der Nachlass auf unbestimmte oder auf eine begrenzte Zeit angelegt werden?
Eine solche Strategiephase braucht Zeit. Manche Nachlässe nehmen sich dafür ein bis drei Jahre, in denen alle Außenaktivitäten auf ein Minimum reduziert werden. Die Gordon Parks Foundation, die 2006 ins Leben gerufen wurde, um das Andenken an den US-Fotografen Gordon Parks zu bewahren, ließ sich sogar noch länger Zeit. »Die allererste Maßnahme, die die Stiftung beschloss, war, alle seine Werke zu katalogisieren und in den ersten fünf Jahren nicht mit Museen oder Galerien zusammenzuarbeiten, bis wir überblicken konnten, was sich im Archiv befand«, berichtet der Geschäftsführer Peter Kunhardt Jr.12 Vergleichbar gingen die Kinder des belgischen Malers Philippe Vandenberg13 vor: Nach seinem plötzlichen Tod schlossen sie das Atelier, stoppten alle Verkäufe wie auch die Mandatierung der Galerien und riefen sämtliche Kunstwerke zurück ins Atelier. Anschließend nahmen sie sich die Zeit, die sie brauchten, um die Situation zu analysieren, Meinungen zur Kunst des Vaters einzuholen und für sich selbst eine Agenda zu entwickeln. Zugleich diskutierten sie das auf die Nachlassarbeit bezogene Verhältnis untereinander. Rückblickend, sagt die Tochter Hélène Vandenberghe, war dieser Rückzug die beste Entscheidung, die sie fällen konnten. Er erlaubte ihnen, Fragen zu stellen und zuzuhören – den Freunden des Vaters und befreundeten Sammlern, Künstlern und Kunsthändlern, Kuratoren und Museumsleuten. Erst dann entwickelten die Geschwister eine Strategie, der sie bis heute treu geblieben sind: »2010, nach einem Jahr, legten wir unsere kurz- und langfristigen Ziele fest und planten unsere weiteren Schritte. Bis heute befolgen wir genau das Drehbuch, das wir vor sechs Jahren geschrieben haben. Es ist wirklich erstaunlich, dass wir intuitiv wussten, welche Schritte nötig sein würden.«14