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Arm, alt und allein

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Wichtigstes Kriterium für alleinlebende alte Frauen war ihre materielle Situation. Im 19. Jahrhundert und bis nach dem Zweiten Weltkrieg existierte wie erwähnt noch keine allgemeine Alters- oder Krankenversicherung. Auch Angehörigen intakter Arbeitsgemeinschaften drohte im Alter unter Umständen Armut und Isolation. So beispielsweise den Witwen, deren Kinder in nahe oder ferne Gebiete wegzogen – das heisst, wenn die junge Generation mobil wurde, aus wirtschaftlichen Gründen werden musste. Das ärmliche, einsame Leben und Arbeiten dieser Frauen wurde oft gemildert durch den brieflichen Austausch. Wie viele Briefe aus Zürich oder Amerika schilderten der alten Mutter das neue, ungewohnte Leben ihres Sohnes, ihrer Tochter! Und die Mutter konnte ihrerseits in Briefen ihr Leiden oder ihre Einsamkeit beklagen. Durch diese Kontakte blieb das familiale Netz wenigstens auf der emotionalen Ebene intakt. Erfolgreiche Ausgewanderte unterstützten zudem ihre armen daheim gebliebenen Verwandten auch materiell.

Alte arme Frauen ohne Familienverband hatten kaum solche Perspektiven. Gerade Verdingkinder, die ihren Familienanschluss verloren hatten, blieben in der Regel als Mägde und Knechte in Bauernbetrieben oder arbeiteten als Dienstmädchen in bürgerlichen Haushalten. Sie wurden in der Regel weggeschickt, sobald sie gebrechlich wurden. Dass sie am Dienstort bleiben konnten bis zum Tod, war seltene Ausnahme. Sie hatten grossmehrheitlich schon immer an der Armutsgrenze in wechselnden Arbeitsgemeinschaften gelebt, waren körperlich verbraucht und konnten sich nicht selbst durchbringen. Ihre Endstation als Pflegebedürftige war das Verdingtwerden durch die Gemeinde, oder, falls vorhanden, das Armenhaus.

In den Städten erhielten alte alleinstehende Frauen unter Umständen eine gewisse materielle Unterstützung von gemeinnützigen Frauenvereinen oder Kirchgemeinden; so war für sie eine kärgliche Existenz in Mansarden oder Hinterzimmern möglich. Viele dieser Frauen galten als Einzelgängerinnen am Rande der Gesellschaft. Als «schrullige Alte» mit einem «bösen Blick» wurden sie von ihrer Nachbarschaft häufig ausgegrenzt.

Die neuen alten Frauen

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