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1889, Vevey VD Aline Valangin
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Das Kind würde ein schöner Knabe werden, klug und rasch und in allem ganz anders als der Vater. Es würde ihr Freund werden und alles ersetzen, was sie in Brüche gehen sah. Ja, das Kind.
Fast ist sie daran gestorben. Der Mann hatte sich nicht die Mühe genommen, in seiner grossen Trägheit nachzudenken, dass die Geburt eine schwere schwere Stunde für die Frau ist. Die erste beste Hebamme wurde bestellt. Sie erschien betrunken. Die Geburt dauerte zwei Tage und drei Nächte, und die ganze Zeit über war die trinkende und ständig angeheiterte Frauensperson um meine Mutter als einzige Hülfe. Sie schrie, in grösserer seelischer Not noch als in körperlicher, obschon die physische Qual längst unerträglich war; sie schrie zum Himmel, er möge das Kind aus ihrem Leibe erlösen; sie schrie, sie brüllte, als die Schmerzen stiegen und unendlich sich ausdehnten, dass nichts als eine Hölle der Pein um sie war, das Kind möge unverletzt bleiben, es möge leben. Sie bäumte sich gegen die Schatten, die nach ihr griffen, gegen die Schwäche, die überhand nahm, und immer wieder schrie sie ihre Bitte um Erlösung. Langsam fing sie an, in Nacht zu tauchen. Seltsam war das. Sie wollte doch leben, aber etwas wollte nicht, dass sie lebe. Sie staunte. Müsste sie vielleicht sterben? Und ein Nein in ihr geschrien als Antwort. Und wieder beginnt der Kampf. Aber lahmer. Und wieder so eine Nacht und daraus eine Frage behalten: Wohl muss sie sterben? Oh, das schöne Leben. War es schön? Ja früher und jetzt … das Kind. Schrei um Schrei. Das Kind darf nicht sterben, auch nicht allein bleiben; also muss auch sie leben. Leben. Nicht dein Wille geschehe, nein, oh, bitte nein, nicht der deine. –
Und das Kind wurde geboren, mit ganz verschobenen Schädeldecken und einem Schopf braunen Haares. Es war ein braunes Mädchen. Ich.