Читать книгу Fremdsprachendidaktische Professionsforschung: Brennpunkt Lehrerbildung - Группа авторов - Страница 19
3.5 Der Unterricht an der Hochschule
ОглавлениеDie Räume an der Hochschule, in denen angehende Fremdsprachenlehrkräfte lernen, dürfen nicht mit den schulischen Klassenzimmern gleichgesetzt werden, in denen Fremdsprachenunterricht stattfindet. Gleichwohl weisen beide Lernorte in ihren jeweiligen Settings, ihren Lernanlässen, Aufgaben, Unterstützungssystemen und Interaktionsformen viele Parallelen zueinander auf. Hochschulen sind als Lernorte zur Professionalisierung dazu prädestiniert, ihr Verhältnis zu den künftigen beruflichen Aufgaben der Studierenden immer wieder aufs Neue zu bestimmen. In jeder Lehrveranstaltung sollten die Zusammenhänge von Inhalten und Prozessen transparent gemacht werden, indem die Ausgestaltung als gemeinsame Aufgabe aller Beteiligten konzipiert und kontinuierlich reflektiert wird. Dabei kommt es entscheidend auf die didaktischen Kompetenzen der Hochschullehrkräfte an: Alle bisher skizzierten Formen dialogischen Lernens setzen nämlich Lehrende an der Hochschule voraus, die sich ihrer Modellfunktion bewusst sind und ihre Lehrtätigkeit der kritischen Reflexion zugänglich machen; sie stellen damit ihre eigene Lehre (inklusive der didaktischen Begründungen zur Auswahl der Inhalte, der Sozialformen und Aufgaben, aber auch die konkret vorgenommen Inszenierungen im Lernprozess) als Professionalisierungsangebot zur Verfügung.
Trotz kontextbedingter Unterschiede (Universität und Schule) bietet der Unterricht an der Hochschule unverzichtbare Möglichkeiten der Entwicklung von Professionskompetenz (Wissen und Können), wenn den Differenzen und der strukturellen Analogie der Lernorte Rechnung getragen wird: so werden Primarschullehrkräfte, die sich mit dem Potenzial narrativer Texte (etwa Bilderbücher) beschäftigen, nicht nur im Microteaching das Storytelling üben, sondern sich auch der Herausforderung stellen müssen, Geschichten in der Fremdsprache zu erzählen, die sprachlich und strukturell ihren kognitiven Möglichkeiten entsprechen; Studierende werden auf Seminarebene in kooperativen Prozessen arbeiten und größere und längerfristige Projekte durchführen und durch die systematische Bearbeitung der Erfahrungen, Herausforderungen und Möglichkeiten von Lerngemeinschaften (communies of practice) erkunden. Die berechtigte Annahme ist, dass damit Bedingungen geschaffen werden, damit zukünftige Lehrkräfte in analogen Kontexten angemessene und entsprechende Lernprozesse inszenieren können (Legutke 2013).
Es ist kein Geheimnis, dass die hier angesprochenen Zusammenhänge „so etwas wie die black box der akademischen Lehrpraxis“ ausmachen (Schädlich 2015: 259). Zu dieser Black Box in den Fremdsprachendidaktiken gehört nicht zuletzt auch der universitäre Fremdsprachenunterricht. Sollte man nicht annehmen und erwarten dürfen, dass er auf Hochschulebene ein zukunftweisendes Modell liefert, das nicht nur die sprachlichen Kompetenzen der Studierenden auf hohem und höchstem Niveau schult, sondern zugleich didaktisch und methodisch dem Diskussionsstand der Profession entspricht?