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2.2 Rahmenmodell

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Das Professionswissen von Lehrenden auf der Grundlage empirischer Daten zu kategorisieren, seine Herausbildung zu verstehen, Einflussgrößen zu identifizieren und schließlich seine Wirkung im unterrichtlichen Handeln zu erhellen, halten wir für Aufgaben, denen sich die Fremdsprachenforschung in den kommenden Jahren intensiver als bisher zuwenden sollte. Die methodologischen und methodischen Herausforderungen sind dabei jedoch beachtlich. So muss man beispielsweise die Kritik von Neuweg (2014) ernst nehmen, der die Möglichkeit einer klaren Abgrenzung unterschiedlicher Wissensbereiche grundsätzlich hinterfragt. Die Durchdringung des Fachwissens zeigt sich für ihn gerade in der Fähigkeit, diese didaktisch aufzubereiten:

Stellt man den Anspruch, dass Fachwissen nur wirklich verstanden hat, wer es vermitteln kann, dann wird mit der fachdidaktischen Kompetenz im Grunde immer auch zugleich die Tiefe des Verständnisses des Fachwissens gemessen. (Neuweg 2014: 592).

Stellt man den Anspruch, dass Fachwissen nur wirklich verstanden hat, wer es vermitteln kann, dann wird mit der fachdidaktischen Kompetenz im Grunde immer auch zugleich die Tiefe des Verständnisses des Fachwissens gemessen. (Neuweg 2014: 592).

Ein weiteres Problem der Typologisierung des Professionswissens von Lehrenden ergibt sich aus dem Charakter des Wissens, auf das sich die einzelnen Komponenten beziehen. Der Wissensbegriff kann sehr unterschiedlich gefasst werden. Er kann explizites, kodifiziertes und publiziertes Wissen, wie es in wissenschaftlichen Theorien zum Ausdruck kommt, ebenso umschließen wie implizites, intuitives Handlungswissen, das nur über konkretes Verhalten rekonstruiert werden kann. Zu den kognitiven Komponenten der professionellen Kompetenz kommen affektiv-motivationale Komponenten. Dazu zählen Berufsmotive, subjektive Wissensformen, Überzeugungen und Werthaltung, die sich aufgrund individueller Erfahrungen herausgebildet haben. In den Modellen der Lehrkompetenzen werden sie zwar häufig berücksichtig, denn ihre Bedeutung für das Handeln konnte in den zurückliegenden drei Jahrzehnten in zahlreichen Studien nachgewiesen werden. Aber gerade in itembasierten Testverfahren lassen sich diese wichtigen Bestandteile professioneller Kompetenz nur bedingt operationalisieren. In der TEDS-LT-Studie zum Beispiel wurde dieser Kompetenzbereich auf die Aspekte selbstregulative Fähigkeiten, Zielorientierung und Selbstwirksamkeitserwartung beschränkt (Blömeke 2011: 14).

Neben der Unschärfe der einzelnen Wissensdomänen und der Vielgestaltigkeit des Wissensbegriffs zeigt sich bei der Unterteilung der einzelnen Wissensdomänen in Subfacetten eine dritte Schwierigkeit des Forschungsgebiets. Voss u.a. (2015: 211) kommen bei ihrer Analyse des Forschungsstandes zum pädagogischen Wissen zu dem Ergebnis, dass sich mit Blick auf diese Subfacetten ein „Begriffswirrwarr“ herausgebildet habe. Und sie appellieren daher an die Gemeinschaft der Forschenden, sich bei der Neubildung von Begriffen zurückzuhalten und sich intensiver um Bezüge untereinander zu bemühen.

Hält man sich den Forschungsstand zu den einzelnen Wissensdomänen und ihren möglichen Subfacetten vor Augen, so wird deutlich, dass es zum jetzigen Zeitpunkt als verfrüht erscheint, detaillierte Typologien von Kompetenzen zu entwerfen. Angesichts der vielen offenen Fragen im Zusammenhang mit der Struktur, dem Charakter und dem Entwicklungsprozess des professionellen Wissens und Könnens von Lehrenden möchten wir daher mit dem folgenden Modell den Blick von den Details auf das Wesentliche lenken. Das Modell versteht sich als ein Orientierungsrahmen, womit wir an Überlegungen anknüpfen, wie sie Freeman/Johnson (1998) in ihrer viel zitierten Einleitung zu einer Sondernummer der Zeitschrift TESOL Quarterly zur Lehrerbildungsforschung anstellten.

Freeman/Johnson forderten eine Neukonzeption der Wissensbasis für die fremd- und zweitsprachliche Lehrerbildung: Die etablierte Erwartung, dass durch die Vermittlung (transmission) partialisierten und dekontextualisierten Fachwissens (z.B. aus der Angewandten Linguistik, der Zweitsprachenerwerbsforschung oder der Curriculumtheorie), kombiniert mit Kursen in Methodik und isolierten Praktika Lehrkompetenzen angemessen ausgebildet werden könnten, müsse zugunsten eines Bildungskonzepts aufgeben werden, das konsequent vom Lehren, den Lehrenden und den Kontexten, in denen sie handeln, ausgeht. Folglich skizzierten sie drei Schlüsseldimensionen der Wissensbasis. Die erste fokussiert die Personen, die das Lehren von Sprachen lernen; diese bringen nicht nur umfassende Erfahrungen aus der Zeit ihrer schulischen Sozialisation und vor allem als Sprachenlernende mit, denn sie haben Lehren umfassend aus der Lernerperspektive kennen gelernt, sondern haben Persönlichkeitsmerkmale und verfügen über Wertvorstellungen, die eigene Tätigkeit betreffend. Die zweite Dimension thematisiert die institutionellen und sozialen Bedingungen, die Kontexte, in denen Lehren angesiedelt ist. Und Drittens schließlich geht es um das Wissen zu den komplexen Prozessen, in denen sich das Lehren und Lernen von Sprachen vollzieht, die gesteuert, gestaltet und in ihren Zusammenhängen verstanden werden müssen.

Auch uns geht es mit dem folgenden Rahmenmodell darum, die wichtigen Dimensionen aufzuzeigen, in denen die Ausbildung von Fremdsprachenlehrenden verankert werden sollte, um den eingangs geschilderten Möglichkeiten und Herausforderungen gerecht zu werden. Vor dem Hintergrund der Ausbildungstradition im deutschsprachigen Raum und den Entwicklungen in Europa (Kelly et al. 2004) sowie den Erkenntnissen, die in den letzten zwei Jahrzehnten über den Professionalisierungsprozess von Lehrpersonen und ihre Bedeutung für das Unterrichtsgeschehen gewonnen wurden (Richards 2010; Singh/Richards 2006) halten wir jedoch eine andere Darstellungsform für angemessener. Wir gehen von vier, eng mit einander verflochtenen Dimensionen professioneller Kompetenz aus, für deren Entwicklung in der Ausbildung die jeweiligen lokalen Kontexte und institutionellen Bedingungen von zentraler Bedeutung sind. In den folgenden Abschnitten möchten wir die einzelnen Dimensionen näher charakterisieren und sie in einen Zusammenhang mit den Beiträgen dieses Bandes stellen.

Abbildung 1

Dimensionen professioneller Kompetenz von Fremdsprachenlehrenden

Fremdsprachendidaktische Professionsforschung: Brennpunkt Lehrerbildung

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