Читать книгу Berufs-, Fach- und Wissenschaftssprachen - Группа авторов - Страница 28

2.1.2 Fachbegriffe und Termini

Оглавление

Fachsprachliche Besonderheiten sind vorwiegend auf der Wortschatzebene festzustellen (siehe zum Beispiel Fraas 1998: 428). Nach Buhlman & Fearns (2000: 44) macht das Fachvokabular der betreffenden Fachsprache in Fachtexten zwischen 15 % und 50 % des Wortschatzes aus.

Experiment

Was fällt Ihnen am Wortschatz dieses Auszugs des Bundesausbildungsförderungsgesetzes auf? Welche Wörter tauchen auch in der Gemeinsprache auf, welche nur in der Fachsprache? Gibt es Wörter, die in der Gemeinsprache eine andere Bedeutung besitzen als im Fachtext?

§ 1 Grundsatz

Auf individuelle Ausbildungsförderung besteht für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.

§ 2 Ausbildungsstätten

(1) Ausbildungsförderung wird geleistet für den Besuch von 1. weiterführenden allgemeinbildenden Schulen und Berufsfachschulen, einschließlich der Klassen aller Formen der beruflichen Grundbildung, ab Klasse 10 sowie von Fach- und Fachoberschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, wenn der Auszubildende die Voraussetzungen des Absatzes 1a erfüllt, […]

Ein spezifischer Fachbegriff hat eine eingeschränktere Bedeutung als ein Wort in der Gemeinsprache. Beispielsweise wird im obigen Auszug des Bundesausbildungsförderungsgesetzes unter Besuch ‚die regelmäßige Teilnahme am Schulunterricht‘ verstanden, während die zeitliche Dimension von Besuch in der Alltagssprache weniger eingeschränkt ist: Ein Besuch kann fünf Minuten oder mehrere Wochen andauern, er kann tagsüber oder in der Nacht stattfinden und man kann jemanden häufiger oder auch nur ein einziges Mal besuchen.

Ein Sonderfall von Fachbegriffen sind Termini (oder auch termini technici): Ein Terminus bezeichnet einen im jeweiligen Fach genau definierten Begriff eindeutig und besitzt damit in einer bestimmten Fachsprache eine exakte Bedeutung. Die Menge der Termini einer Fachsprache bezeichnet man als Terminologie.

Ein Terminus aus der Fachsprache der Anatomie ist beispielsweise musculus flexor digitorum superficialis als Bezeichnung für einen bestimmten Muskel am Unterarm. Dass es sich dabei um einen Fachbegriff handelt, leuchtet wahrscheinlich intuitiv sofort ein, da musculus flexor digitorum superficialis wohl fast allen Nicht-Medizinern unbekannt ist. Es handelt sich hier also um eine Wortgruppe, die nicht im Wortschatz der Gemeinsprache existiert, da sie eine ausschließlich fachspezifische Bedeutung hat.

Bei manchen Fachbegriffen ist das Wort beziehungsweise die Wortform auch in der Gemeinsprache vorhanden, aber die Bedeutung in der Alltagssprache unterscheidet sich von der fachsprachlichen Bedeutung des Wortes: Zum Beispiel lässt sich signifikant im alltäglichen Sprachgebrauch mit ,bedeutsam‘ oder ,wichtig‘ umschreiben, in der Statistik ist die Bedeutung von signifikant jedoch präzise festgelegt: Hier wird durch statistische Tests geprüft, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein bestimmtes Resultat zufällig zustande gekommen ist. Wird bei dem Test ein zuvor festgelegter Wert nicht überschritten, gilt das Ergebnis als signifikant, das heißt, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht auf Zufall beruhend. Die Umwandlung eines alltagssprachlichen Wortes (signifikant in der Bedeutung ,wichtig‘) in einen terminus technicus einer Fachsprache mit einem exakt definierten Bedeutungsumfang (signifikant in der Bedeutung ,überzufällig‘) heißt Terminologisierung.

In einigen Disziplinen sind Teile der Terminologie durch Regeln verbindlich festgelegt, dies nennt man NomenklaturNomenklatur. Dazu zählen beispielweise in der Biologie Richtlinien, die vorschreiben, nach welchen Konventionen die wissenschaftlichen Namen der Lebewesen gebildet werden (zum Beispiel coccinella septempunctata – ,Marienkäfer‘, crocus sativus – ,Safran‘). Auch in der Chemie ist die Namensgebung für chemische Stoffe vorgeschrieben, um eine systematische Beziehung zwischen der Strukturformel und dem daraus abgeleiteten Namen der Verbindung herzustellen (SO3Schwefeltrioxid, CH2Cl2Dichlormethan). In manchen Fachgebieten sind die Terminologien durch die DIN-Normen des Deutschen Instituts für Normung festgelegt: DIN 199 definiert die Terminologie der technischen Produktinformation (CAD-Modelle, Zeichnungen und Stücklisten), DIN 1320 definiert Begriffe der Akustik und DIN 77001 legt Kurzzeichen von Ausstattungsmerkmalen in Reisekatalogen fest, bezieht sich also auf den Bereich Tourismus.

Wenn auch teilweise gefordert wird, dass ein Terminus idealerweise eineindeutig sein sollte, das heißt, dass zur Benennung eines bestimmten Objekts oder Konzepts nur ein einziger Terminus existieren sollte, ist das in der Praxis nicht immer der Fall: Oft haben Fachbegriffe Synonyme, meist mit unterschiedlicher Herkunft. So wird zum Beispiel in der medizinischen Fachsprache die Bindegewebskrankheit Sarkoidose alternativ als Morbus Boeck oder auch als Morbus Schaumann-Besnier bezeichnet, in der Chemie existiert Glaubersalz neben Natriumsulfat-Decahydrat als Name für Na2SO4 und in der Fachsprache der Musik wird eine aufwärtsführende musikalische Linie Anabasis oder Ascensus genannt.

Fachtexte bestehen nicht ausschließlich aus Fachbegriffen, auch wenn beim Lesen eines Textes wahrscheinlich vor allem das fachwissenschaftliche Vokabular auffällt. Neben den spezifischen wissenschaftlichen Fachbegriffen der jeweiligen Fachrichtung (zum Beispiel akteurzentriert, Institutionalismus in der Fachsprache der Politik) enthalten fachwissenschaftliche Texte auch Wörter der Gemeinsprache, die bedeutungsgleich auch in der Alltagssprache vorkommen (zum Beispiel in, sondern, wichtig).

Neben dem Wortschatz einer bestimmten Fachsprache einerseits und Wörtern der Alltagssprache andererseits kann man aber auch noch eine dritte Gruppe Wörter ansetzen, die in Fachtexten zu finden sind, nämlich Fachbegriffe, die in mehreren wissenschaftlichen Disziplinen vorkommen (zum Beispiel Problem, Theorie, relativ). Diese Wörter gehören zur sogenannten alltäglichen Wissenschaftssprache (vergleiche Ehlich 1993). Sie bilden die Grundlage für die Wissenschaftskommunikation und sind infolge dessen auch sehr relevant für das Lernen beziehungsweise Unterrichten des fachsprachlichen Wortschatzes einer Sprache (siehe auch den Abschnitt unten Wortschatz im Fachsprachenunterricht und Kapitel 5 Fach- und Berufssprachenvermittlung). So postulieren Ehlich & Graefen (2001: 373):

Die Alltägliche Wissenschaftssprache ist Bestandteil, Resultat und zugleich Voraussetzung der Wissenschaftskommunikation, also unabdingbar für jeden, der sich am deutschen Wissenschaftsbetrieb beteiligen will.

Berufs-, Fach- und Wissenschaftssprachen

Подняться наверх