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Zum Stellenwert der sprachlichen Mittel im kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht

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Christoph Bürgel / Daniel Reimann

Der XXXIV. Romanistentag, der vom 26. bis 29. Juli 2015 an der Universität Mannheim zu Gast sein durfte, hatte sich als Thema „Romanistik und Ökonomie“ gesetzt. Diesem Rahmen hat sich auch die fachdidaktische Sektion, aus der diese Veröffentlichung hervorgeht, verschrieben – nämlich: Wie können Lernprozesse in den romanischen Sprachen „ökonomisch“, d.h. effizient, gestaltet werden? Diesbezüglich gibt es sicherlich verschiedenste Ansätze: Die Aneignung von Fremdsprachen kann u.a. über die Entwicklung von Sprachbewusstheit (language awareness) oder metakognitiver Strategien, sowie durch Sprachlernkompetenz im weiteren und mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze im engeren Sinn ökonomischer gestaltet werden. Die Sektion hat sich indes mit dem Rahmenthema „Zur Ökonomie des Fremdsprachenlernens: sprachliche Mittel revisited“ der Frage gestellt, ob nicht eine Neubesinnung auf die sprachlichen Mittel – Aussprache, Orthographie, Wortschatz und Grammatik –, unter den Vorzeichen der Kompetenzorientierung auch zu einer Ökonomisierung von Sprachlernprozessen beitragen kann. Denn in der Folge der Veröffentlichung des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GeR) (Europarat 2001) und der Bildungsstandards hat sich der Fremdsprachenunterricht zumindest auf theoretisch-konzeptioneller Ebene durchgreifend verändert. Fremdsprachenlernen steht nunmehr in der Zielperspektive des Erwerbs und der Entwicklung fremdsprachlicher Kompetenzen. Diese werden in Anlehnung an den GeR als sich über kommunikative (Teil-)Fertigkeiten artikulierende (sprachliche) Problemlösungskompetenzen modelliert und in ihrem Erwerb zeitlich und qualitativ gestuft – und getestet. Aus bildungspolitischer Perspektive unterliegt der Sprachlernprozess damit einer „Ökonomisierung“ im Sinne einer Orientierung am messbaren „Output“ bzw. „Outcome“. Dabei ist der Erwerb interkultureller kommunikativer Kompetenz zum unbestrittenen Leitziel des gegenwärtigen Fremdsprachenunterrichts avanciert. In der deutschen Fremdsprachendidaktik findet diese Entwicklung ihren Widerhall in neueren Publikationen zur Entwicklung, Förderung und Evaluation fremdsprachlicher Kompetenzen (z.B. Caspari / Schinschke 2009, Eberhardt 2013, Gnutzmann/Königs / Küster 2012, Porsch / Tesch / Köller 2010, Reimann 2014a, b, Reimann / Rössler 2013, Bürgel 2017). Aus ihr ergibt sich insofern eine weitere Dimension von Ökonomisierung fremdsprachlicher Lernprozesse, als Verlage ihren Schwerpunkt bei der Entwicklung von Lehr- und Lernmaterialien zur Fremdsprachenvermittlung in diesen Jahren eindeutig im Bereich der fremdsprachlichen Kompetenzen setzen und sich hier geradezu neue Marktsegmente entwickeln konnten.

Der genannten Zieldimension von Fremdsprachenunterricht stehen jedoch die von Lehrkräften vorgebrachten Klagen über die defizitäre Kommunikationsfähigkeit der Lernenden gegenüber, die sich mit neueren Sprachstandserhebungen – zumindest für das Französische als zweite Fremdsprache (Bürgel / Siepmann 2010, Bürgel 2014) – decken. Zugleich gilt es als unbestritten, dass die sprachlichen Mittel die unentbehrliche Grundlage für interkulturelle kommunikative Kompetenz bilden. So ist der deutliche Zusammenhang zwischen der Verfügung über sprachliche Mittel und kommunikative Kompetenzen exemplarisch für das Verhältnis von Wortschatz und Hör- bzw. Leseverstehen in zahlreichen Studien empirisch belegt worden (Bürgel / Siepmann 2012, Hee Jeon / Yamashita 2014, Qian 2002, Stæhr 2009). Es drängt sich deshalb die Frage auf, ob die Einführung der Bildungsstandards und kompetenzorientierten Kernlehrpläne zu einer Überfokussierung der Kompetenzen und einer Vernachlässigung der sprachlichen Mittel geführt hat. Mehr noch: Hat die Abwendung vom Training der sprachlichen Mittel etwa zur Folge, dass Kompetenzziele möglicherweise faktisch nicht erreicht werden? Ein wesentlicher Teil des Problems liegt dabei in dem immer wieder unreflektiert wiederholten Mantra der kommunikativen Didaktik, demzufolge sprachliche Mittel nur eine „dienende Funktion“ haben dürfen. Es ist unbestritten, dass Wortschatz und Grammatik dem Zweck und dem Gehalt der Aussage untergeordnet sind, doch ebenso unbestritten ist, dass im Sinne der Sprachbewusstheit die Reflexion und Bewusstmachung der Strukturen, des Funktionierens und der Verwendung von Sprache bzw. sprachlicher Mittel ein zentraler ‚ökonomischer Faktor‘ erfolgreichen Sprachlernens ist.

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass im Zuge der Kompetenzorientierung die Relevanz der sprachlichen Voraussetzungen für das Fremdsprachenlernen gerade auch in der deutschen Fremdsprachendidaktik vorübergehend aus dem Blick geraten war. Es zeichnen sich jedoch neuere Tendenzen der Refokussierung und Neugewichtung sprachlicher Mittel beim Fremdsprachenlernen ab (Tinnefeld 2014, Bürgel / Siepmann 2016, Leitzke-Ungerer / Polzin-Haumann 2017). In diesem Kontext verortet sich auch der vorliegende Sammelband, der das Verhältnis von sprachlichen Mitteln und Kompetenzentwicklung unter dem Effizienzaspekt, d.h. zur effizienten Ausbildung interkultureller kommunikativer Kompetenzen, betrachtet. Von besonderer Relevanz schien die Frage, ob und inwiefern eine vertiefte Aneignung sprachlicher Mittel den Prozess des Sprachlernens und des Sprachkompetenzerwerbs beschleunigen, mithin ökonomisieren kann.

Folgende Fragen standen im Mittelpunkt der Arbeiten:

 Welcher Wortschatz bzw. welche lexiko-grammatischen Konstruktionen, Kollokationen, Phraseme usw. sollen rezeptiv bzw. produktiv beherrscht werden? Wie kann sich deren effiziente und vor allem nachhaltige Aneignung gestalten? Wie kann und soll das Verhältnis von Wortschatz und rezeptiven bzw. produktiven Sprachkompetenzen bestimmt werden? Und: Wie sollte Wortschatzdidaktik in Zeiten der Kompetenzorientierung konzeptualisiert werden?

 Wie kann Grammatik lern- und kompetenzwirksam für die Entwicklung von Sprech- und Schreibkompetenzen vermittelt werden?

 Welche phonetischen Aspekte sind für die gezielte und effiziente Entwicklung einer guten Aussprachekompetenz der Lernenden relevant?

 Welche spezifischen Eigenheiten der Schriftsprache bzw. Orthographie sind für die Entwicklung von Schreibkompetenzen relevant?

Beiträge sollten diese Fragen mit Blick auf eine 'neue Ökonomie' des gelenkten Sprachlernprozesses und Sprachkompetenzerwerbs sowohl empirie- und theoriebasiert als auch anhand konkreter Beispiele diskutieren.

Unter den eingereichten Vorschlägen wurde in einem peer-reviewing-Verfahren eine Auswahl der methodisch und inhaltlich besten Vorträge getroffen. Die nach der Tagung verschriftlichten Beiträge wurden erneut einem kritischen und konstruktiven peer-reviewing durch die Herausgeber bzw. bei einzelnen Fragestellungen durch ausgewiesene Fachleute unterzogen, welches zu einer Auswahl der besten Beiträge und zur Optimierung der angenommenen Aufsätze beigetragen hat.

Die hier versammelten Beiträge wurden folgenden thematischen Sektionen zugewiesen: Aussprache, Wortschatz und Grammatik, Sprachliche Mittel und Pragmatik, Sprachliche Mittel und Mehrsprachigkeit.

Krista Segermann eröffnet den Sammelband mit einem kenntnisreichen und umfassenden Überblick zur historischen Entwicklung der deutschen Fremdsprachendidaktik der letzten 50 Jahre aus eigenem Erleben. Im Zentrum ihres Beitrags steht die Argumentation, dass sich die Disziplin nach und nach in eine Richtung entwickelt hat, die sich immer weiter von den Erfordernissen des konkreten Fremdsprachenunterrichts entfernt und unter dem Obligo einer vermeintlichen ‚Wissenschaftlichkeit‘ hochkomplexe abstrakte Modellierungen anbietet, die vorrangig aus den Bezugsdisziplinen abgeleitet sind. Die Autorin zeigt die Gründe für diese Entwicklung sowie Wege aus der Sackgasse der Ineffizienz des aktuellen Fremdsprachenunterrichts auf.

Der erste thematische Block der sprachlichen Mittel – die Aussprache – widmet sich einem Bereich, dem die Fachdidaktik der romanischen Sprachen als eigenständigem Komplex relativ wenig Aufmerksamkeit gewidmet hat. Den Anfang macht Christine Michler mit einem Beitrag zur Wertigkeit von Aussprache und Intonation für die Entwicklung kommunikativer Kompetenz im Französischunterricht. Ihr zentrales Anliegen ist es, didaktische Grundsätze der Ausspracheschulung zur Diskussion zu stellen, die auf einen erfolgreichen und effizienten Spracherwerb abzielen. Ausgehend von einem erhellenden Überblick über didaktische Publikationen zur Aussprache und der Analyse bildungspolitischer Dokumente unterzieht sie ältere und aktuelle Lehrwerke einem kritischen Vergleich hinsichtlich der Prinzipien der Ausspracheschulung. Diese Ausführungen ermöglichen es ihr, handlungsleitende Prinzipien einer systematischen Ausspracheschulung sowie Desiderata hinsichtlich Aussprache und Intonation in einem kompetenzorientierten Unterricht vorzustellen.

Ausgehend von der Tatsache, dass die Mündlichkeit in der fachdidaktischen Forschung und der Praxis des Fremdsprachenunterrichts verstärkt Beachtung findet, erörtert Isabelle Mordellet-Roggenbuck die Relevanz phonetischer Hör- und Sprechfertigkeiten für die effiziente Entwicklung mündlicher Kommunikationsfähigkeit. Im Zentrum ihres Beitrags steht unter Berücksichtigung der Phonetik und Phonologie als Bezugswissenschaften eine fundierte Analyse ausgewählter phonetischer Aspekte bzw. Faktoren wie die Ausgangssprache der Lernenden, die soziale Akzeptanz des sog. „fremden Akzents“ (cf. Settinieri 2011), spezifische Aussprachemerkmale des Französischen wie die liaison sowie mögliche unterschiedliche didaktische Zielsetzungen im Rahmen des Französischunterrichts. Sodann leitet die Autorin aus den besonderen Herausforderungen der französischen Aussprache für deutsche L2-Lerner eine Reihe von didaktischen Empfehlungen für eine gezielte Ausspracheschulung im Französischunterricht ab.

Ziel des von Eva Leitzke-Ungerer verfassten Beitrags zu diatopischen Aussprachevarietäten im Spanischunterricht ist es, ein varietätenspezifisches auf die Aussprache fokussiertes systematisches Hörverstehenstraining vorzustellen. Ausgehend von den wichtigsten Aussprachemerkmalen der ‚großen‘ diatopischen Varietäten des Spanischen diskutiert die Autorin die zentralen Probleme, die das Hörverstehen für Fremdsprachenlernende, insbesondere mit Blick auf die unterschiedlichen Aussprachevarietäten, bereithält. Die anschließende Kurzanalyse aktueller Spanischlehrwerke in Bezug auf ihren Umgang mit Aussprachevarietäten zeigt zwar, dass in den gängigen Lehrwerken diatopische Varietäten angesprochen werden, aber die Auswahl der Varietäten weniger überzeugend ist und zudem keine authentischen Hördokumente zur Schulung einer rezeptiven Varietätenkompetenz vorgesehen sind. Davon ausgehend stellt Leitzke-Ungerer didaktisch-methodische Kriterien für das varietätenbezogene Hörverstehenstraining vor und illustriert diese an einer wohldurchdachten und lernprogressiv konzipierten Trainingseinheit für das argentinische Spanisch.

Den Abschluss des ersten thematischen Blocks bildet ein Beitrag von Daniel Reimann über eine Befragung von Lehrkräften des Französischen, Spanischen und Italienischen an Gesamtschulen, Gymnasien und beruflichen Schulen zum Stellenwert von Aussprache im Fremdsprachenunterricht. Die quantitative und qualitative Daten integrierende Pilotstudie belegt ein deutliches Defizit der Angebote zur Ausspracheschulung für Lehrkräfte, sowohl in ihrer Ausbildung, vor allem in aktuellen B.A./M.Ed.-Studiengängen, als auch in späteren Fortbildungsmaßnahmen, welches Spanisch- und Italienischlehrkräfte stärker zu betreffen scheint als Französischlehrkräfte. Dieses Defizit geht einher mit einem geringeren Störungsempfinden gegenüber nicht normgerechter Aussprache insbesondere auch bei für germanophone Sprecherinnen und Sprecher charakteristischen Realisierungen sowie mit einer geringeren Schulungshäufigkeit der Aussprache im Fremdsprachenunterricht, sodass abschließend Desiderata bezüglich der Ausspracheschulung in Schule und Lehrerausbildung formuliert werden können.

Der zweite thematische Block – Wortschatz und Grammatik – wird mit einem Beitrag von Theresa Venus eingeleitet, der Ergebnisse einer explorativ angelegten Pilotstudie mit 45 Lehramtsstudierenden des Französischen und/oder Spanischen zu deren Sprachlernerfahrungen und subjektiven Theorien hinsichtlich effizienter und nachhaltiger Wortschatzaneignung vorstellt. Die Studie offenbart als ebenso erhellendes wie besorgniserregendes Ergebnis, dass im Fremdsprachenunterricht nach wie vor umstrittene Verfahren der Wortschatzaneignung wie beispielsweise zweisprachige Wortgleichungen dominieren, wenngleich die befragten Lehramtsstudierenden im Laufe ihres Studiums eine kritische Haltung zu obsoleten Verfahren der Wortschatzaneignung entwickeln.

Kathleen Plötner präsentiert in ihrem Beitrag Ergebnisse einer Pilotierung zum Fremdsprachenlernen (Französisch, Spanisch) an Berliner Gymnasien. Ihr Erkenntnisinteresse richtet sich zum einen auf die Ermittlung der Gründe für die massive Abwahl der zweiten Fremdsprache nach der Sekundarstufe I und zum anderen auf den Stellenwert des Verbs im Spracherwerbsprozess. Die Ergebnisse der Erhebung zeigen, dass die hohe „Verbprogression“ mit ihren unregelmäßigen Verben und den zahlreichen Tempus- und Modusformen einer der Hauptgründe der „Spracherwerbsfrustration“ darstellt. Insgesamt kann die Autorin innerhalb ihrer Stichprobe aufzeigen, dass defizitäre Wortschatz- und Grammatikkenntnisse der Lernenden einer der Hauptabwahlgründe der zweiten Fremdsprache sind. Als Lösung schlägt sie einen Ansatz vor, der in der neueren Fremdsprachendidaktik zunehmend an Aufmerksamkeit erfährt: das Konstruktionslernen.

Der Beitrag von Domenica Elisa Cicala leistet einen einleitenden Forschungsüberblick v.a. über die italophone Forschung zum Grammatikunterricht. Auf dieser Grundlage führt sie eine kriteriengeleitete Analyse von zehn jüngeren Lehrwerken (erschienen zwischen 2003 und 2013) v.a. für die Erwachsenenbildung auf den Niveaustufen A2/B1 durch, die in Österreich auch für die Arbeit an Sekundarschulen/Gymnasien zugelassen sind. Sodann stellt sie acht Aktivitäten zum Grammatikunterricht, die sie selbst für den hochschulischen Fremdsprachenunterricht entwickelt hat, auf sehr detaillierte Weise einschließlich Materialien und Erwartungshorizonten vor. Ihr Ziel ist dabei, u.a. die Kategorien Aspekt und Aktionsart anschaulicher zu vermitteln als dies in vielen Lehrwerken geschieht. Der Zielsetzung philologisch-hochschulischen Fremdsprachenunterrichts entsprechend, sind zahlreiche Aktivitäten stark formorientiert und kognitvierend angelegt, wobei die kommunikativ-pragmatische Funktion nicht aus dem Blick gerät.

Den Abschluss des zweiten thematischen Blocks bildet der Beitrag von Elena Schäfer zur lernökonomischen Funktion von grammatikbezogenen Erklärfilmen in Französischlehrwerken. Ausgehend von einer Diskussion zum Stellenwert von Grammatik im Fremdsprachenunterricht untersucht die Autorin den diachronen Wandel der Einführung und Erarbeitung des passé composé am Beispiel der Lehrwerksreihe Découvertes (Klett) der Jahre 1994–2012. Dabei nimmt sie insbesondere die seit 2015 in den Klett-Lehrwerken verwendeten Erklärfilme zur Grammatik und deren Mehrwert für effizientes Fremdsprachenlernen in den Blick und kommt zu dem Schluss, dass sie die Verfügbarkeit des grammatischen Regelwissens begünstigen.

Der dritte thematische Block zu sprachlichen Mitteln und Pragmatik wird von Kathrin Siebold mit einem Beitrag zur pragmatischen Kompetenz im Spanischen eröffnet. Ausgehend von der Prämisse, dass die Übertragung von aus der Erstsprache bekannten Kommunikations- und Interaktionsstrategien in fremdsprachlichen Settings zu unangemessenem Sprachverhalten und somit zu interkulturellen Missverständnissen führen kann, diskutiert die Autorin den aktuellen Stellenwert der Vermittlung pragmatischer Kompetenz im Fremdsprachenunterricht unter Einbezug aktueller Forschungsergebnisse. Sie arbeitet abschließend heraus, dass der Forderung nach der Förderung der pragmatischen Kompetenz im fremdsprachlichen Unterricht derzeit vor allem deshalb kaum in befriedigender Weise nachgekommen werden kann, weil kein Konsens darüber besteht, welche konkreten linguistisch-pragmatischen und soziopragmatischen Kompetenzen den Lernenden vermittelt werden sollen.

Britta Thörle untersucht in ihrem Beitrag die Rolle von bislang kaum im Fremdsprachenunterricht berücksichtigten Diskursmarkern bei der Bewältigung von Sprech- und Höraufgaben in der Fremdsprache Spanisch. Die Autorin zeigt mit einer luziden Analyse einer Studie zum lernerseitigen Gebrauch von Diskursmarkern, dass diese in Form und Verwendung je nach Sprecher stark variieren und vom Grad der Sprachkompetenz abhängig sind. So lässt sich beispielsweise eine größere formale Varianz und funktionale Differenzierung der Verwendung von Diskursmarkern bei der Bewältigung von Höreraufgaben bei fortgeschrittenen Lernenden beobachten. Diese Ergebnisse nimmt sie zum Anlass, um Überlegungen zu einer (Weiter-)Entwicklung der Diskursmarkerdidaktik des Spanischen anzustellen, die einen Beitrag zum effizienten Sprachlernen und Sprachkompetenzerwerb leisten soll.

Einen ähnlichen Bereich der sprachlichen Mittel nehmen David Paul Gerards und Benjamin Meisnitzer in den Blick: Modalpartikeln des Spanischen, Französischen und Italienischen. An eigene linguistische Vorarbeiten anschließend entwickeln sie ein wohldurchdachtes Inventar von Kriterien, das erlaubt, ein Element einer Sprache als Modalpartikeln zu kategorisieren. Ausgehend von der Analyse des spanischen si, französischen quand même und italienischen mai, stellen die Autoren eine dreischrittige Übungsreihe vor, bei der die kognitiv-funktionalen Charakteristika der Modalpartikeln im Zentrum stehen. Ziel ist es, die Fremdsprachenlernenden zu befähigen, die Verwendung von Modalpartikeln systematisch zu erfassen, um ihre interaktional-kommunikative Kompetenz zu verbessern.

Robert Hesselbach nimmt in seinem Beitrag die Bedeutung und die Vermittlung von Ökonomie und Komplexität bei der Vermittlung umgangssprachlicher Varietäten im Fremdsprachenunterricht in den Blick. Der Autor zeigt anhand zweier konkreter Beispiele aus dem Französischen und dem Spanischen, dass Komplexität nicht zwangsläufig mit sprachlicher Norm sowie Ökonomie mit umgangssprachlichen Varietäten einhergeht. Auf der Grundlage dieser Erkenntnis arbeitet er die Bedeutsamkeit der Beschäftigung mit umgangssprachlichen Varietäten (kontrastiv zur sprachlichen Norm) heraus, um Schülerinnen und Schüler zur kompetenten fremdsprachlichen Kommunikation zu befähigen. Abschließend plädiert er in diesem Zusammenhang vor allem für eine verstärkte sprachliche und linguistische Schulung der Lehramtsstudierenden, um sie auf die Vermittlung sowohl standard- als auch umgangssprachlicher Phänomene vorzubereiten.

Silvia Melo-Pfeifer präsentiert in ihrem Beitrag die Ergebnisse einer empirischen Studie zur Verwendung sprachlicher Mittel in der Interaktion in romanischen Sprachen in Chat-Rooms. In der Studie wurde, ausgehend vom Konzept des translanguaging, untersucht, welche sprachlichen Mittel in der mehrsprachigen schriftlichen Kommunikation in Chat-Rooms genutzt werden und wie sich translanguaging in diesem konkreten Kontext darstellt. Die Ergebnisse der Studie machen dabei deutlich, dass translanguaging als Mittel der Vereinfachung der Kommunikation sowie als Möglichkeit für mehrsprachiges Lernen dienen kann. Vor diesem Hintergrund wird das Potenzial des translanguaging Konzepts für den Fremdsprachenunterricht kurz beleuchtet.

Ziel des Beitrags von Christian Koch über die lernökonomische Bedeutung von sprachlichen Mitteln bei polyglotten Sprechern ist es, aus Einstellungen und Sprachlernmethoden polyglotter Sprecherinnen und Sprecher mögliche Potenziale und Konsequenzen für den Fremdsprachenunterricht abzuleiten. Ausgehend von einem Modell zur Lernerökonomie diskutiert der Autor die Rolle sprachlicher Mittel bei romanisch-polyglotten Sprechern, um anschließend Parallelen und Unterschiede zur schulischen Fremdsprachenaneignung zu ziehen. So konstatiert er abschließend, dass Strategien und Haltungen polyglotter Sprecher zwar nicht direkt auf den Fremdsprachenunterricht übertragbar sind, sich aber aus dem Sprachlernverhalten polyglotter Sprecher durchaus Ansätze zum enrichment besonders für begabte und/oder unterforderte Schülerinnen und Schüler ableiten lassen können.

Wir hoffen, mit den hier versammelten theoretisch-konzeptionellen und empirischen Arbeiten einen Beitrag zur Neubewertung der Rolle der „sprachlichen Mittel“ im Fremdsprachenunterricht, hier insbesondere der romanischen Sprachen, in Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung leisten zu können. Den einzelnen Beiträgerinnen und Beiträgern sei ebenso für ihre Arbeit an diesem Projekt gedankt wie dem Verlag Gunter Narr, allen voran unserer Redakteurin Kathrin Heyng und dem Lektorat um Karin Burger. Für die kompetente Formatierung und Mitwirkung bei der Redaktion des Bandes danken wir darüber hinaus insbesondere unseren Mitarbeitenden Mara Büter und Christian Koch.

Paderborn und Essen, im Juni 2017

Christoph Bürgel und Daniel Reimann

Bürgel, Christoph. 2014. „Leseverstehenskompetenzen von gymnasialen Französischlernern auf dem Prüfstand“, in: Christoph Bürgel / Dirk Siepmann (ed.): Sprachwissenschaft und Fremdsprachenunterricht: Spracherwerb und Sprachkompetenzen im Fokus. Baltmannsweiler: Schneider, 167–183.

Bürgel, Christoph. 2017. „Überlegungen zur Anbahnung nähesprachlicher Kommunikationsfähigkeit im Spanischunterricht“, in: Eva Leitzke-Ungerer / Claudia Polzin-Haumann (ed.): Varietäten des Spanischen im Fremdsprachenunterricht. Ihre Rolle in Schule, Hochschule, Lehrerbildung und Sprachzertifikaten. Stuttgart: ibidem, 115–137.

Bürgel, Christoph / Siepmann, Dirk. 2010. „Was können Französischlehrer und -lerner? Wortschatz- und Hörverstehenskompetenzen auf dem Prüfstand“, in: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung, 21/2, 191–216.

Bürgel, Christoph / Siepmann, Dirk. 2012. „Wortschatz- und Hörverstehenskompetenzen von Französischlehrern und -studierenden“, in: Thomas Tinnefeld (ed.): Hochschulischer Fremdsprachenunterricht. Anforderungen, Ausrichtung, Spezifik, Saarbrücker Schriften zu Linguistik und Fremdsprachendidaktik (SSLF). Saabrücken: htw saar, 91–113.

Bürgel, Christoph / Siepmann, Dirk (ed.). 2016. Sprachwissenschaft und Fremdsprachendidaktik: Zum Verhältnis von sprachlichen Mitteln und Kompetenzentwicklung. Baltmannsweiler: Schneider.

Caspari, Daniela / Schinschke, Andrea. 2009. „Aufgaben zur Feststellung und Überprüfung interkultureller Kompetenzen im Fremdsprachenunterricht – Entwurf einer Typologie“, in: Adelheid Hu / Michael Byram (ed.): Interkulturelle Kompetenz und fremdsprachliches Lernen. Modelle, Empirie, Evaluation. Intercultural competence and foreign language learning. Models, empiricism, assessment. Tübingen: Narr, 273–288.

Eberhardt, Jan-Oliver. 2013. Interkulturelle Kompetenzen im Fremdsprachenunterricht. Auf dem Weg zu einem Kompetenzmodell für die Bildungsstandards. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier.

Gnutzmann, Claus / Königs Frank G. / Küster, Lutz (ed.). 2012. Fremdsprachen Lehren und Lernen, 41/1, Themenschwerpunkt: Kompetenzen konkret.

Hee Jeon, Eun / Yamashita, Junko. 2014. „L2 Reading Comprehension and Its Correlates: A Meta-Analysis“, in: Language Learning, 64/1, 160–212.

Leitzke-Ungerer, Eva / Polzin-Haumann, Claudia (ed.). 2017. Varietäten des Spanischen im Fremdsprachenunterricht. Ihre Rolle in Schule, Hochschule, Lehrerbildung und Sprachzertifikaten. Stuttgart: ibidem.

Porsch, Raphaela / Tesch, Bernd / Köller, Olaf (ed.). 2010. Standardbasierte Testentwicklung und Leistungsmessung. Französisch in der Sekundarstufe I. Münster: Waxmann.

Qian, David D.. 2002. „Investigating the Relationship Between Vocabulary Knowledge and Academic Reading Performance: An Assessment Perspective“, in: Language Learning, 52/3, 513–536.

Reimann, Daniel. 2014a. Transkulturelle kommunikative Kompetenz in den romanischen Sprachen. Theorie und Praxis des neokommunikativen und kulturell bildenden Französisch-, Spanisch-, Italienisch- und Portugiesischunterrichts. Stuttgart: ibidem.

Reimann, Daniel. 2014b. „Wie evaluiert man Sprachmittlungskompetenz? Zur (Weiter-)Entwicklung diagnostischer Instrumente“, in: Französisch heute, 1, 27–33.

Reimann, Daniel / Rössler, Andrea (ed.). 2013. Sprachmittlung im Fremdsprachenunterricht. Tübingen: Narr.

Stæhr, Lars Stenius. 2009. „Vocabulary Knowledge and Advanced Listening Comprehension in English as a Foreign Language“, in: Studies in Second Language Acquisition, 31/4, 577–607.

Tinnefeld, Thomas (ed.). 2014. Fremdsprachenunterricht im Spannungsfeld zwischen Sprachwissen und Sprachkönnen. Saarbrücken: htw saar.

Sprachliche Mittel im Unterricht der romanischen Sprachen

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