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Wohlauf

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Existenzanalytische Zugänge und ihre Bedeutung für die Kirchenpraxis

♦ Die Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl gilt als die dritte Wiener Schule der Psychotherapie. Anthropologische Grundlage hierfür ist die Dimensionalontologie, auf der er seine Theorie und Therapiepraxis aufbaut. Unterschiedlichste Bereiche des modernen Lebens (Unternehmensberatung, Pädagogik, Seelsorge etc.) entdecken ihn und sein Menschenbild neu. Der Beitrag lädt dazu ein, die Logotherapie und Existenzanalyse als sinnzentrierte Therapie wie auch das Menschenbild und die Motivationstheorie nach Frankl kennenzulernen, um zu eruieren, welche Möglichkeiten sie für die Optimierung der kirchlichen Praxis zum Wohl des Menschen böten. (Redaktion)

Der Gegensatz von gesund ist krank und von Heil Unheil. Wenn wir hingegen den Ausdruck „wohlauf“ benutzen, meinen wir damit nicht nur eine körperlich, sondern auch eine seelisch gute Verfassung, eine Art ganzheitliches Heil. Aus Erfahrung wissen wir, dass Leib und Seele über eine Eigendynamik verfügen. Körperliche oder leibliche Gesundheit ist stets gefährdet, Krankheiten können sich trotz oder gerade auch im gesunden Leben einstellen, ihre Ursachen bleiben oft ungeklärt. Ärztliche, physiologische oder pharmakologische Behandlungen können uns beim Prozess der Genesung helfen. Ähnliche Erfahrungen machen wir bei seelischen Erkrankungen. In diesen Fällen haben wir aber oft mit innerpsychischen Interaktionen zu tun, und die therapeutischen Eingriffsmöglichkeiten stehen uns nur begrenzt zur Verfügung. Es ist klar, sowohl Seele als auch Körper können krank werden und der Weg der Heilwerdung ist oft lang und ein sehr unangenehmer Prozess der Re-Stabilisierung physischer oder psychischer Vorgänge.

Gibt es denn nichts Intaktes in unserem menschlichen Wesen, das nicht krank werden kann? Warum glauben manche Menschen kaum an Heilung und andere wiederum tun alles nur Mögliche, auch in den aussichtslosesten Situationen, um wieder gesund zu werden – das womöglich mit einer Lebenseinstellung, die Bewunderung hervorruft? Viktor E. Frankl behauptet, dass der Mensch nicht nur über eine seelische und körperliche Dimension seines Mensch-Seins verfügt, sondern auch über eine geistige Dimension, die eben nicht erkrankt, jedoch durch psychische und physische Krankheiten eingeschränkt werden kann: „[…] in Wirklichkeit ist der Mensch zwar eine leiblich-seelische Einheit, aber diese Einheit macht noch nicht den Menschen, macht nicht dessen Ganzheit aus, sondern zu ihr, zur wahren Ganzheit, gehört eben das Geistige wesentlich mit dazu.“1 Die geistige Dimension des Menschen macht es möglich, dass er, anders als Tiere, Triebe nicht abreagiert, auf Reize nicht nur reagiert, sondern in die Welt auch hineinagiert. Die geistige (noetische) Dimension des Menschen ist ein spezifisch menschliches Phänomen; sie zeigt sich in der Sinnstrebigkeit und in seiner Verantwortlichkeit sowie in seiner Fähigkeit, zu den Gegebenheiten Stellung zu nehmen. Aus dieser Überzeugung heraus gründete Frankl die erste sogenannte sinnorientierte Psychotherapie, die Logotherapie und Existenzanalyse als ihre philosophische und anthropologische Fundierung. In seinem sinnorientierten Konzept hat der Sinn im Leben des Menschen Heilungskraft und trägt dazu bei, dass auch der leidende Mensch ein qualitativ gutes Leben führen kann, trotz widrigster Umstände. Dieser Beitrag lädt in einem ersten Schritt dazu ein, die Logotherapie und die Existenzanalyse als sinnzentrierte Therapie kennenzulernen und dabei die Heilkraft des Sinnes zu entdecken. In einem zweiten Schritt werden mit fünf Thesen zur Person nach Frankl einige Anhaltspunkte für die kirchliche Praxis aufgegriffen und damit Anwendungsmöglichkeiten für dieselbe zum Wohl des Menschen vorgeschlagen.

Gesundheit - Begriff, Phänomen, Konstrukt

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