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Tourismus, möglichst naturnah

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Neben den eher ökologischen Merkmalen nennt das Bundesnaturschutzgesetz aber noch eine weitere wichtige Eigenschaft oder gar Bedingung: „Soweit es der Schutzzweck erlaubt“, heißt es dort, „sollen Nationalparks auch der wissenschaftlichen Umweltbeobachtung, der naturkundlichen Bildung und dem Naturerlebnis der Bevölkerung dienen.“ Man hat also bei der Definition von Nationalparks nicht nur Tiere, Pflanzen und Landschaften, sondern auch den Menschen mit im Sinn gehabt. „Bildung und Forschung“, sagt Volker Scherfose vom BfN, „finden auch in anderen Schutzgebieten statt. Aber bei Nationalparks sind diese Aufgaben explizit im Gesetz aufgeführt, dort kann man sich nicht darum drücken.“ Das bedeutet mit anderen Worten: Tourismus, möglichst naturnah. Strengen Naturschutz und Tourismus auf einem Gebiet zu vereinen, ist häufig eine Gratwanderung und hier ist die Situation in den verschiedenen Nationalparks sehr unterschiedlich. In einigen war der Tourismus ein Argument für die Einrichtung des Parks; andere Regionen wie das Wattenmeer wurden erst zu Nationalparks, als sie schon über Jahrzehnte vom Tourismus geprägt waren. In der Praxis braucht es deswegen häufig viele Kompromisse und Flexibilität von beiden Seiten.

Wie aber sieht ein Nationalpark in der Praxis aus? Wie wird die im Gesetz festgehaltene Idee zu einem Teil der Landschaft? Grundsätzlich ist die Einrichtung eines Nationalparks den Bundesländern überlassen, die in ihren jeweiligen Landesnaturschutzgesetzen Änderungen und Ergänzungen zum Bundesnaturschutzgesetz festhalten können. Will ein Land einen solchen errichten, kann es das in Absprache mit dem BfN tun. Es hat dann zum Beispiel zur Aufgabe, eine eigene Verwaltung für den Park einzurichten und sie mit Personal auszustatten. Das Land legt dann auch konkrete Ge- und Verbote für den Park fest. Nationalparks in Deutschland sind, auch wenn sie streng geschützt sind, nicht eingezäunt, sondern frei für alle zugänglich. Damit unterscheiden sie sich von den bekannten großen Parks wie Yosemite oder Yellowstone in den USA. Um dennoch zu gewährleisten, dass die Ge- und Verbote im Park eingehalten werden, haben die deutschen Nationalparks in der Regel „Ranger“, deren Aufgaben jeder Park selbst festlegen kann und die dementsprechend variieren. Volker Scherfose zufolge spielen sie eine wichtige Rolle für die Entwicklung eines Parks. „Es reicht nicht aus, einfach eine Verordnung aufzustellen und zu hoffen, dass die Besucher sich automatisch daran halten“, findet der BfN-Experte. „Die Ranger und Rangerinnen sind vor Ort und sensibilisieren die Besucher mit Blick auf die zu schützenden Lebensräume und Arten.“


Eine Touristengruppe auf einer Tour durch den Schwarzwald. Das Naturerlebnis der Bevölkerung zu gewährleisten, ist eine der festgeschriebenen Aufgaben eines Nationalparks

In der Praxis von Bedeutung ist noch eine weitere Phrase im Bundesnaturschutzgesetz, die dort gleich dreimal vorkommt: „in einem überwiegenden Teil ihres Gebietes“. Der strenge Schutz, den der Nationalpark verspricht, gilt also nicht unbedingt im ganzen Gebiet, sondern nur in einem Teil davon. Das heißt häufig „Kernzone“, „Naturdynamikzone“ oder „Schutzzone 1“. Hier liegt auch einer der bedeutendsten Unterschiede zwischen der Nationalpark-Definition des deutschen Gesetzes und der internationalen Kategorisierung der IUCN. Die IUCN wendet bei all ihren Schutzkategorien die „75-Prozent-Regel“ an: Der strenge Schutz muss auf mindestens 75 Prozent der Fläche gelten. Das BfN dagegen interpretiert „überwiegend“ im Sinne von „mindestens 50 Prozent“, ist also großzügiger. Außerdem erlaubt das deutsche Gesetz die Errichtung von sogenannten Entwicklungs-Nationalparks. Darin kann die Naturdynamikzone auch weniger als 50 Prozent des Gebietes umfassen, soll aber perspektivisch innerhalb von 20 bis 30 Jahren nach Errichtung des Parks auf mindestens 50 Prozent ausgedehnt werden. Nach den aktuellsten Zahlen vom BfN von Juni 2018 haben elf der deutschen Parks noch eine Naturdynamikzone unter 75 Prozent, fünf davon sogar unter 50 Prozent. Auch die IUCN berücksichtigt, dass sich Nationalparks oft erst noch entwickeln müssen. Dort sind alle deutschen Parks als solche gemeldet, auch wenn sie die 75-Prozent-Marke noch nicht erreicht haben – das Ziel zählt.


Die Zonen eines Nationalparks: Im Bayerischen Wald ist die streng geschützte Naturzone schon sehr groß. In den Entwicklungszonen gelten noch Übergangsregeln und der Randbereich dient als Pufferzone zum bewirtschafteten Wald

Die unterschiedlichen Klassifizierungen nach nationalen oder internationalen Richtlinien machen es nicht gerade einfach, in Sachen Schutzgebiete den Überblick zu behalten. In Deutschland sei die Situation historisch gewachsen, erklärt Scherfose vom BfN, und alle Formen haben unterschiedliche Schwerpunkte (siehe Kasten). Die Unterschiede seien für das Management der Gebiete durchaus von Bedeutung, findet Volker Scherfose, für Besucher und Besucherinnen aber nicht ganz so wichtig. „Es ist eher wichtig zu wissen, dass es Unterschiede in den Schutzzwecken zwischen den einzelnen Gebieten gibt.“ Und ein erster Schritt kann sein, sich überhaupt darüber zu informieren, wo es Schutzgebiete gibt. Denn solange niemand davon weiß, ist auch der strengste Schutz auf dem Papier wirkungslos.

Schutzgebiete in Deutschland

Abgesehen von Nationalparks gibt es in Deutschland noch viele weitere Arten von Schutzgebieten. Eine Auswahl der wichtigsten.

Naturschutzgebiete

Gebiete mit einem besonderen Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen, z.B. zum Schutz einzelner Arten, wegen ihrer hervorragenden Schönheit oder aus landeskundlichen Gründen.

Landschaftsschutzgebiete

Gebiete mit einem besonderen Schutz von Natur und Landschaft z.B. zur Erhaltung und Wiederherstellung der nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, wegen ihrer besonderen kulturhistorischen Bedeutung oder ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung.

Naturparks

Großräumige Gebiete, die überwiegend Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiete sind. Sie eignen sich z.B. wegen ihrer landschaftlichen Voraussetzungen besonders für die Erholung oder sind besonders dazu geeignet, die nachhaltige Regionalentwicklung zu fördern.

Biosphärenreservate

Großräumige Gebiete, die für bestimmte Landschaftstypen charakteristisch sind. Sie dienen beispielhaft der Entwicklung und Erprobung von Wirtschaftsweisen, die für die Naturgüter besonders schonend sind. In den kleinen Kernzonen ähneln sie Nationalparks, in den äußeren Zonen eher Naturparks.

Naturdenkmäler

Einzelschöpfungen der Natur oder Flächen bis zu fünf Hektar, die wegen ihrer Seltenheit, Eigenart und Schönheit oder aus wissenschaftlichen, naturkundlichen oder landeskundlichen Gründen schützenswert sind.

Nationale Naturmonumente

Ähneln in ihrer Definition stark den Naturdenkmälern, sind aber nicht größenmäßig beschränkt und können auch aus kulturhistorischen Gründen ausgewählt werden. Der Schutz entspricht dem von Naturschutzgebieten.

Natura-2000-Gebiete

Ein zusammenhängendes Netzwerk aus Schutzgebieten in der EU, das eine größere Anzahl gefährdeter Lebensraumtypen mit ihren Bewohnern sowie einzelne Pflanzen- und Tierarten großflächig und länderübergreifend schützen soll. Die Natura-2000-Gebiete sind entweder nach FFH-Richtlinie, kurz für Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie oder nach der Vogelschutzrichtlinie der EU geschützt.

UNESCO Weltnaturerbe

Die Organisation der UN für Bildung, Wissenschaft und Kultur ernennt Naturgüter, die z.B. außergewöhnliche Beispiele für die Hauptstufen der Erdentwicklung darstellen, außergewöhnliche Naturschönheit darstellen oder besondere Beispiele für den Ablauf von biologischen Prozessen sind.

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