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Ereignismeldung UdSSR Nr. 154

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I. Standorte und Nachrichtenverbindungen: Zeit: 12.1.1942.

Höherer SS- und Polizeiführer Nord (101): (Jeckeln), Standort: Riga.

Einsatzgruppe A: (Dr. Stahlecker), Standort: Riga und Krasnogwardeisk, N-Verbindungen: FT, FS Riga, Feldpost-Nr. 15.119.

Kommandeur d. Sicherheitspolizei u.d. SD für den Generalbezirk Estland: (Dr. Sandberger), Standort: Reval mit Dienststellen in Narwa, Dorpat, Kingisepp, Krasnoje-Selo, Luga und Pleskau, N-Verbindungen: FT Reval, FS Reval, Feldpost-Nr. 15.119.

Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD für den Generalbezirk Lettland: (Dr. Lange), Standort: Riga mit Dienststellen in Libau, Wolmar und Dünaburg, N-Verbindungen: FT Riga, FS Riga und Libau, Feldpost-Nr. 15.447.

Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD für den Generalbezirk Litauen: (Jäger), Standort: Kowno [durchgestrichen, handschriftlich: Kauen1] mit Dienststellen in Wilna und Schaulen, N-Verbindungen: FT und FS Kauen und Wilna, Feldpost-Nr. 15.641. Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD für den Generalbezirk Weissruthenien: (Strauch), z.Zt. vertreten durch SS-Stubaf. RR Hofmann, Standort: Minsk mit Dienststellen in Nowgorod, Tschudowo, a.d. Marsch nach Cholm und Baranowicze, N-Verbindungen: FT und FS Minsk, Feldpost-Nr. 15.641.

Höh. SS- und Polizeiführer Mitte (102): (Von dem Bach), Standort: Mogilew.

Einsatzgruppe B: (Naumann), Standort: Smolensk, N-Verbindungen: FT Smolensk, Kurierverbindung über Warschau u. Fernsprecher über VD Smolensk, Feldpost-Nr. 37.857.

Sonderkommando 7a: (Steimle2), Standort: Wjasma und Sytschewka [durchgestrichen, handschriftlich: mit Teilen in Gshatsk], N-Verbindungen: FT Rshew [durchgestrichen, handschriftlich: Wjasma], Feldpost-Nr. 05.607.

Sonderkommando 7b: (Rausch), Standort: Brjansk mit Teilen in Orel u. Kursk, N-Verbindungen: FT a.d. Marsch [durchgestrichen, handschriftlich: Orel], Feldpost-Nr. 18.555. Einsatzkommando 8: (Bradfisch), Standort: Mogilew, Roslawl, Orscha, Gomel, Bobruisk, N-Verbindungen: Feldpost-Nr. 37.857.

Einsatzkommando 9: (Schäfer), Standort: Smolensk, Wjasma [durchgestrichen], Witebsk, Gshatsk [durchgestrichen, handschriftlich: m. Teilen in Smolensk], N-Verbindungen: FT Wjasma u. [durchgestrichen] Smolensk, Feldpost-Nr. 37.857.

Sonderkommando Moskau: Standort: Roslawl, N-Verbindungen: FT Roslawl.

Höher. SS- und Polizeiführer Süd (103): (Prützmann), Standort: Kriwoj-Rog, N-Verbindungen: FS Lemberg.

Einsatzgruppe C: (Dr. Thomas), Standort: Kiew, N-Verbindungen: FT Kiew, FS Lemberg, von dort Kurier, Feldpost-Nr. 32.704.

Sonderkommando 4a: (Blobel), Standort: Charkow, N-Verbindungen: FT Charkow, Feldpost-Nr. 22.789.

Sonderkommando 4b: (Braune), Standort: Kramatorsk mit Teilen in Shitomir, Rowno, Winniza, N-Verbindungen: FT Nikolajew u. Rowno, FS Rowno, Feldpost-Nr. 35.102.

Einsatzkommando 63: (Kröger4), Standort: Stalino, N-Verbindungen: FT Stalino, Feldpost-Nr. 35.979.

Höh. SS- und Polizeiführer z.b.V.: (Korsemann), Standort: Rowno.

Einsatzgruppe D: (Ohlendorf), Standort: Simferopol, N-Verbindungen: FT Simferopol, Feldpost-Nr. 47.540.

Sonderkommando 10a: (Seetzen), Standort: Taganrog, Teile in Mariupol u. Melitopol, N-Verbindungen: Feldpost-Nr. 47.540.

Sonderkommando 10b: (Persterer), Standort: Stari-Krim, Teile in Sudak u. Dshankoj, N-Verbindungen: Feldpost-Nr. 47.540.

Einsatzkommando 11a: (Zapp), Bachtschissaraj mit Teilen in Alupka u. Jalta, N-Verbindungen: FT Jalta u. Bachtschissaraj, Feldpost-Nr. 47.540.

Einsatzkommando 11b: (Zapp5), Standort: Simferopol mit Teilen in Aluschta, Karasubasar, Eupatoria, N-Verbindungen: FT Simferopol und Aluschta, Feldpost-Nr. 47.540.

Einsatzkommando 12: (Nosske), Standort: Fedorowka, N-Verbindungen: FT Fedorowka, Feldpost-Nr. 47.540.

[II. Meldungen der Einsatzgruppen und -kommandos:]

Einsatzgruppe A: Standort Krasnogwardeisk.

Am 13.12.41 wurden die führenden Mitglieder der Terroristengruppe, Vilimas, Baronas und Slapschys, auf dem Grünen Berg in Kauen öffentlich gehängt. Bei der Exekution waren über 25.000 Menschen zugegen, darunter Angehörige der Opfer der Terrorgruppe. Auf Veranlassung des Einsatzkommandos 3 wurde die Bestrafung der Terroristen in der „Deutschen Zeitung im Ostland“ und in der „Kauener Tageszeitung“ bekanntgemacht. Diese Aufklärung der Bevölkerung hat sich ausgezeichnet ausgewirkt. Die Bestrafung der Terroristen wird in allen Kreisen der Bevölkerung durchaus begrüsst. Die Zeitungsnachr. lautet: „Am Sonnabend,d. 13. Dezember, wurden im Park vor dem Kauener Sportstadion drei Terroristen, die als Anführer sowjetischer Terrorbanden aus der Sowjetunion nach dem Generalbezirk Litauen geschickt waren, öffentlich erhängt. Damit sind drei Verbrecher schlimmster Sorte ihrer gerechten Strafe zugeführt worden. Die Bevölkerung ist von der Gefahr, durch Umtriebe dieser Terroristen bedroht zu werden, befreit worden. Das rücksichtslose Vorgehen der Polizei und Justiz soll gleichzeitig eine Warnung an alle sein, die sich mit jüdisch-bolschewistischen Elementen einlassen. Die Strafe durch Erhängen wurde mit Rücksicht auf die schweren Vergehen dieser drei Mordbuben gewählt. Bei den zum Tode Verurteilten handelt es sich um den 35 Jahre alten Alfonsas Vilimas, den 28-jährigen Wladas Baronas und den 35 Jahre alten Albertas Slapschys.

Da es nicht möglich war, in dem Maueranschlag die näheren Gründe über die Hinrichtung der drei Terroristen anzuführen, werden nachstehend die Einzelheiten aus der Urteilsbegründung des Standgerichts der Öffentlichkeit bekanntgegeben: ‚Die drei Delinquenten sind Anführer sowjetischer Terrorgruppen, die für das Land Litauen angesetzt waren. Vor ihrem Einsatz wurden sie in Kalinin durch führende Persönlichkeiten des NKWD in der Vorbereitung und Ausführung von Sabotage- und Terrorakten theoretisch und praktisch geschult. Sie hatten den Auftrag, Brücken- und Eisenbahnanlagen und Nachschubwege aller Art durch Sprengung unbrauchbar zu machen. Ferner sollten sie Lebensmittel-, Munitions- und Brennstofflager durch Brand vernichten. Die Delinquenten hatten weiter den Auftrag, deutsche Offiziere, Beamte und antikommunistische Litauer durch Mord zu beseitigen. Vilimas ist überführt und geständig, während seiner Tätigkeit bei dem NKWD in Kauen 20 Litauer in der Garage des NKWD-Gebäudes ermordet zu haben. Obwohl Vilimas bestreitet, die von ihm getöteten Menschen vor der Ermordung gemartert zu haben, ist durch die Ausgrabung und Inaugenscheinnahme der Leichen der Nachweis für die der Tötung vorausgegangenen unmenschlichen Misshandlungen erbracht. Baronas gehörte seit 1933 der illegalen kommunistischen Partei in Litauen an. Als Streikhetzer und kommunistischer Agitator ist er mit Zuchthaus, Gefängnis und Arbeitslager vorbestraft. Während der Bolschewikenherrschaft war Baronas Oberbevollmächtigter des NKWD in Litauen. An der Verschleppung von Litauern nach Russland war Baronas maßgebend beteiligt. Bei seiner Festnahme leistete Baronas hartnäckigen Widerstand, indem er wild um sich schoss und sogar Handgranaten warf. Slapschys ist alter illegaler Kommunist und wurde wegen kommunistischer Agitation bereits im Jahre 1934 durch ein litauisches Gericht zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Slapschys floh zunächst bei Kriegsausbruch mit den Bolschewiken. Nachdem er in Russland eine Sonderausbildung erhalten hatte, kehrte er in das von den deutschen Truppen besetzte Litauen zurück, wobei es an der Grenze zu einem Gefecht mit litauischen Partisanen kam. Slapschys hatte die Absicht, durch Sabotage die deutsche Wehrmacht zu schädigen. Er ist überführt und geständig. Bei seiner Festnahme war Slapschys mit Pistole, Handgranaten und Sprengstoff bewaffnet. Bei den drei Delinquenten handelt es sich um typische Verbrecher aus der roten Unterwelt. Das gesunde Volksempfinden verlangte daher eine exemplarische Strafe.‘ Die kurzen und knappen Sätze der Urteilsbegründung des Standgerichtes beleuchten die Grausamkeit der Methoden, mit denen die drei hingerichteten Terroristen ans Werk gingen. Wenn der Verurteilte Vilimas selbst 29 Morde gestanden hat, so besteht kein Zweifel darüber, dass er das Mehrfache davon auf seinem Gewissen hat. Alle Einzelheiten der Vergehen, die während der Untersuchung festgestellt worden sind und die den Mördern zur Last gelegt werden, konnte man in dem kurzen Urteil nicht wiedergeben. Hunderte unschuldiger Menschen wurden von ihnen aufs Grausamste gefoltert. Dass einzelne dieser gequälten Menschen heute noch am Leben sind, haben sie nur dem Zufall zu verdanken. Durch mittelalterliche Terrormethoden zwangen sie als ehemalige Funktionäre des NKWD in Kauen minderjährige Kinder und Frauen zu Spitzeldiensten gegen die eigenen Angehörigen und Verwandten. In den Räumen des ehemaligen NKWD-Gebäudes in Kauen Ecke Laisves-Al. und Vytauto-Dr. wurden wahre Blutbäder veranstaltet. Es würde zu weit führen, hier die Namen derjenigen aufzuführen, die sie ermordet, gefoltert, terrorisiert oder verschleppt haben. Diese Namen allein sind eine furchtbare Anklage gegen alle drei, für die keine Strafe zu hart sein konnte. Der Weg, den die drei Mörder beschritten haben, ist der übliche, den alle Terroristen der Moskauer Schule, begonnen vom Hauptanstifter bis zu seinem letzten Helfershelfer beschreiten.

Mit solchen Mordbuben führte bereits der ehemalige Freistaat Litauen einen schweren Kampf. Nur dort, wo rücksichtslos durchgegriffen wurde, hatte dieser Kampf Erfolg. Nachgiebigkeit hatte stets eine gegenteilige Wirkung. Ein besonders krasses Beispiel liefert hierfür der Werdegang des ehemaligen litauischen Kommunistenhäuptlings Snietschkus. Dreimal verhaftet, verurteilt und nach der Sowjetunion ausgetauscht, hat er wieder den Weg über Lettland nach Litauen gefunden, um hier Streiks anzuzetteln und Unruhen zu stiften. Nach dem letzten Austausch im Jahre 1933 ist Snietschkus 1936 bereits wieder nach Litauen gekommen. Drei Jahre lang hat er in Litauen die rote Unterwelt um sich geschart, bis ihn endlich im Dezember 1939 die litauische Polizei fassen konnte. Es war allerdings bereits zu spät. Seine Vorarbeit war schon soweit mit Hilfe der inzwischen eingerichteten sowjetischen Garnisonen und der sowjetischen Gesandtschaft in Litauen vorgeschritten, dass die Entwicklung sich in den letzten Monaten fast überstürzte. Als er, nach der am 1. Juni 1940 erfolgten Verurteilung zu acht Jahren Zuchthaus, am 15. Juni zur Verlesung des Urteils ins Gerichtsgebäude gebracht wird, rollen bereits rote Panzerwagen durch die Strassen Kauens. Am selben Abend noch werden die Tore des Kauener Gefängnisses für ihn und seine Helfershelfer geöffnet, und eine Stunde später übernimmt er bereits die Leitung der Sicherheitspolizei. In wenigen Tagen war sein Schreckensregiment schon dabei, viele Tausende unschuldiger Litauer ins Gefängnis zu stecken und zu Tode zu foltern. Die drei Mörder sind nicht nur den gleichen Weg gegangen, sondern sie haben sich sogar erdreistet, nach der Befreiung der litauischen Bevölkerung vom roten Terror noch einmal im Auftrage der Moskauer Blutsauger in dieses Land einzudringen, um Unruhe und Terrorakte anzustiften und Menschenleben in Gefahr zu bringen. Sie kamen mit fertigen Terrorplänen und Waffen in der Tasche, die ihnen während der Ausbildung in der Terrorschule von Kalinin ausgehändigt wurden. Die deutschen Sicherheitsorgane haben jedoch mit Hilfe der örtlichen Bevölkerung die terroristischen Gruppen sofort liquidiert und ihre Pläne im Keim erstickt. Im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung und der Ruhe im Lande wird auch in Zukunft jeder Versuch, von aussen her die friedliche Entwicklung zu stören, mit den schärfsten Mitteln niedergeschlagen werden.“

Festnahmen: Am 14.11.41 wurde der Kreischef Utena, Grebliauskas Pranas, wegen nachgewiesener Nichtabführung von jüdischem Vermögen, Aneignung von Gegenständen aus vormals jüdischem Besitz, Nichtbefolgung von Anordnungen deutscher Dienststellen und unachtsamer Führung der Dienstgeschäfte festgenommen. Ebenfalls wurden wegen wiederholter Begünstigung von Juden anlässlich der von der Sicherheitspolizei durchgeführten Sonderaktion und wegen deutschfeindlicher Einstellung der Kreischef Antanas Sabaliauskas und der Bürgermeister Adolfas Juodka aus Raseiniai ihrer Ämter enthoben. Sie stehen in dringendem Verdacht, jüdisches Vermögen unterschlagen und dies ihrem Anhang zugeschoben zu haben. Wegen Mordes und Beihilfe zum Mord wurden die Litauer Nazarovas und Prezmiakowas von der litauischen Kriminalpolizei festgenommen und dem deutschen Gericht in Kauen vorgeführt. Wegen Unterschlagung im Amte wurden die litauischen Polizeibeamten Kunigonis und Stakauskas festgenommen. Sie hatten im Laufe eines Ermittlungsverfahrens 2000 RM und verschiedene andere Gegenstände, die sie beschlagnahmt hatten, unterschlagen. Wegen fortgesetzten Diebstahls zum Nachteil des deutschen Heeresverpflegungsamtes in Kauen wurde der Tischler Jonas Mekreschius festgenommen. Er ist überführt und geständig. Wegen Diebstahls wurden weiterhin in Kauen 6 Personen festgenommen. In Wilna wurde am 29.11. ein Pole aus Warschau wegen Devisenvergehens festgenommen. Er führte 5000,– RM mit sich. Anlässlich einer Sonderaktion in Nowgorod wurden 14 Juden, 2 aufgegriffene Partisanen, eine KP-Funktionärin sowie ein russischer Ingenieur wegen versuchter Sabotage und Inbrandsetzung einer technischen Anlage in Nowgorod erschossen. Bei der Aktion am 29.11. in Kauen wurden ausserdem 15 sowjetische Terroristen sowie 19 litauische Juden erschossen, die sich der Ghettoisierung entzogen hatten.

Saboteure sowie sonstige kriminelle Vorfälle: Wegen Spionage und Landesverrat wurde der am 10.9.06 in Allenstein geborene Erich Oschlis festgenommen. O. versuchte bei der deutschen Sicherheitspolizei eine Stellung als Dolmetscher zu erhalten. Bei Überprüfung seiner Person wurde festestellt, dass er in den Jahren 1935–39 Spionage zugunsten Litauens getrieben hat. Ausserdem hat O. für das NKWD gearbeitet. In der Nacht vom 5. auf 6.12. wurde von unbekannten Tätern am Kilometerstein 84 der Strecke Kauen–Eydtkau, ca. 3 km nördlich Pajesys, ein Anschlag verübt. Ein Paket mit Sprengstoff war mit Drähten an den Schienen befestigt. Obwohl ein Zug vor der Entdeckung die Stelle passierte, ist die Detonation nicht erfolgt. Durch das Teilkommando Wilna wurden am 29.11. im Walde von Panaria zwei 14-jährige Polen mit Militärgewehren und Munition ergriffen. Angeblich wollen die Polen die Waffen von einem Bauern erhalten haben. Der Name des Bauern ist bekannt. Am 4.12. wurden die litauischen Staatsangehörigen russischer Nationalität Iwanow Samochwalow und Deilidonis festgenommen. Die Festgenommenen haben unter Leitung des in Litauen zurückgebliebenen Leutnants der Roten Armee Kolka (Abkürzung für Nikolai) Partisanengruppen gebildet, die Überfälle auf deutsche Wehrmachtsfahrzeuge ausführen sollten. Nach den bisherigen Ermittlungen scheint es sich um einen grösseren Personenkreis zu handeln, der teilweise schon durch die Angaben des festgenommenen Samochwalow und eines zuverlässigen V-Mannes erfasst ist.

Allgemeine Lage im vorläufigen Raum des Generalkommissars Weissruthenien: Die Tatsache, dass beim Aufbau des Generalkommissariats Weissruthenien eigenvölkische, weissruthenische Kräfte weder zahlenmäßig noch wertmäßig zur Verfügung stehen, um auf dem kulturellen, wirtschaftlichen und Verwaltungssektor eingesetzt werden zu können, hat es mit sich gebracht, dass sowohl Führung als auch Verwaltung aller Sektoren des öffentlichen Lebens in deutschen Händen liegen. Zwar hat man versucht, Exponenten der weissruthenischen Emigration6 in Warschau, Litzmannstadt, Berlin und Prag zur Mitarbeit heranzuziehen. Sie haben aber, abgesehen von der zahlenmäßigen Schwäche des zur Verfügung stehenden Kontingents, sowohl charakterlich wie auch fachlich zumeist nicht ausgereicht, um ihren Aufgaben gerecht zu werden. Besonders ins Auge springend ist diese Erscheinung auf dem Sektor der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Nachdem für Wehrmacht und Polizei im weissruthenischen Volkstum nur geringe Kräfte zur Verfügung standen, denen die Aufgaben der örtlichen Ordnungsdienste übertragen werden konnten, musste man dazu übergehen, andersvölkische Kräfte in den Raum zu ziehen und ihnen Ordnungsaufgaben zu übertragen. Die Heranziehung litauischer, lettischer und ukrainischer Einheiten und die durch die Wehrmacht vorgenommene, durch die Zivilverwaltung anerkannte Einsetzung von Polen als Bürgermeister, Leiter von Ordnungsdiensten, Treuhänder von grossen Landwirtschaftsgütern u.s.f. hat bei den wenigen ihres Volkstums bewussten Weissruthenen eine nicht geringe Enttäuschung hervorgerufen. Das eigene Eingeständnis derzeitiger Unfähigkeit und Unmöglichkeit, aus dem weissruthenischen Volkstum entsprechende Ordnungs- und Sicherheitseinheiten zu bilden, hat in den wenigen selbstbewussten Weissruthenen das Gefühl der Minderwertigkeit erheblich verstärkt und zum Teil dazu geführt, dass sie sich resigniert aus den wenigen kommunalen Stellen, in die sie vorläufig eingesetzt waren, zurückgezogen haben. Das Auftreten der litauischen, lettischen und ukrainischen „Hilfsvölker“, wie sie von den Weissruthenen bezeichnet werden, hat zu einem nicht geringen Teil zu einem Abklingen der starken prodeutschen Sympathien geführt, die tatsächlich weitgehendst mit der Besetzung des Gebietes vorhanden waren, weil insbesondere die Ukrainer in ihrer Haltung der Bevölkerung gegenüber zu berechtigter Kritik Anlass gaben.

Andererseits hat die Entwicklung in einem kleinen Kreis junger, aktivistischer Weissruthenen zu einer Gegenströmung geführt, die danach strebt, unter deutscher Führung bei der Säuberung und dem Aufbau aktiv mitzuarbeiten, Letten, Litauer und Ukrainer durch zuverlässige Weissruthenen zu ersetzen und als Reaktion gegen das Auftauchen der fremden „Hilfsvölker“ in wenn auch zunächst kleinen Kreisen ein weissruthenisches „Nationalgefühl“ zu erwecken. In diesen jungen Kreisen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Weissruthenien nicht repräsentiert werden könne durch „Papiergenerale“, durch „Professores“ und „Doktores“, welche Weissruthenien von oben herab bauen wollten, dass Weissruthenien vielmehr unter deutscher Führung von unten her gebaut werden müsse. Man ist sich dabei in diesen Kreisen vollkommen klar darüber, dass an ein selbständiges Weissruthenien nicht zu denken sei, weil angesichts der Uneinheitlichkeit des Volkstums im weissruthenischen Raum und der völkischen Lethargie breitester Kreise der Bevölkerung keine Möglichkeit bestehe, die zur Erhaltung eines geschlossenen, weissruthenischen Volkstums und zur Festigung eines weissruthenischen Volks- und Staatsbegriffes notwendigen Voraussetzungen und Grundlagen zu schaffen. In ihrem Drange, der deutschen Führung das Bewusstsein offener und vertrauter Zusammenarbeit zu geben, gehen die aktiven, jungen Kreise heute bereits so weit, von der Notwendigkeit und der Möglichkeit zu sprechen, eine weissruthenische SS aufzustellen. Während bisher deutscherseits weissruthenische Kräfte nur in ganz geringem Umfange für Ordnungs- und Verwaltungsaufgaben eingesetzt werden, kommt ein erst kürzlich ergangener Befehl des Wehrmachtskommandanten Weissruthenien den Bestrebungen der jungen weissruthenischen Kreise wesentlich näher. Es wird bereits jetzt von dieser Seite erklärt, dass damit von Seiten der Wehrmacht der praktische Anfang gemacht sei, der deutschen Führung ein treu ergebenes Element in die Hand zu geben, das nicht nur vorläufig zur Bekämpfung des Partisanentums eingesetzt werden, sondern später die Grundlage einer breiten weissruthenischen Organisation unter deutscher Führung abgeben könne. Das bereits oben erwähnte Gefühl der Minderwertigkeit in den mehr oder weniger volkstumsbewussten weissruthenischen Kreisen wird verstärkt durch die Tatsache, dass ihr Wunsch nach Gründung weissruthenischer Komitees oder Vertrauensräte, entsprechend dem lettischen, litauischen und estnischen Muster, und des Aufziehens einer weissruthenischen Presse bisher keine Verwirklichung gefunden hat. Sie fühlen sich auch aus diesem Grunde als zweitrangiges Volkstum im Bereiche des Reichskommissars Ostland.

Eine entscheidende Rolle in der Entwicklung im weissruthenischen Raume spielt das konfessionelle Leben. Bedingt durch die starke Vermischung insbesondere des weissruthenischen und des polnischen Volkstums im weissruthenischen Raum versuchen aktive polnische Kreise auf konfessionellem wie auf politischem Wege Raum zu gewinnen. Besonders interessant ist hierbei das neuerdings festgestellte Zusammenwirken polnischchauvinistischer Kreise mit dem Kommunismus. In der Zeit zwischen 1. und 10.12. sind im ehemals polnischen Gebiet um Baranowicze mehrere, mittels Flugzeug abgesetzte Personen polnischer Staats- und Volkszugehörigkeit festgenommen worden, die sich als polnische Kriegsgefangene in sowjetischer Gefangenschaft befanden hatten und in Moskau durch führende sowjetische Offiziere zur Spionage und Sabotagetätigkeit und zum Zusammenwirken mit sowjetischen Banden verpflichtet und geschult worden sind. Es ist eindeutig festgestellt und durch eigenes Geständnis erwiesen, dass ausser den inzwischen festgenommenen noch weitere Personen mittels Fallschirm im ehemals polnischen Gebiet um Baranowicze und bis in das Gebiet um Warschau abgesetzt worden sind. Die Absetzung ist regelmäßig in unmittelbarer Nähe des Heimatortes erfolgt. Entsprechend dieser tatsächlich erfolgten Vereinbarung zwischen kommunistischer Führung und einzelnen polnischen Chauvinisten geht die politische Arbeit des Polentums darauf aus, zur Schwächung der deutschen Besatzungsarmee und der deutschen Führung alles nur Mögliche zu unternehmen, insbesondere auch mit den kommunistischen Partisanenverbänden engstens zusammenzuarbeiten. Psychologisch wird dem polnischen Element die Zusammenarbeit mit dem Kommunismus mit der Erklärung verständlich gemacht, für den Fall der sicher erwarteten deutschen Niederlage bestände bereits jetzt eine feste Vereinbarung zwischen der illegalen, polnischen Führung und den Sowjets über die Errichtung Grosspolens mit den alten Grenzen.

In engstem Zusammenwirken mit den rein politisch-illegal tätigen chauvinistischen Elementen steht das durch die „Ostmission“ getarnte Vorrücken des Katholizismus im weissruthenischen Raum. Die offizielle Führung liegt in den Händen des Metropoliten von Wilna, Jalbrzykowski, der seine missionarische Tätigkeit in Weissruthenien mit einem durch den Papst erteilten und durch den päpstlichen Nuntius in Berlin schriftlich übersandten Auftrag begründet. J. hat bereits zahlreiche polnische katholische Geistliche nach ihren präsumptiven Standorten in Weissruthenien entsandt, die in interessanter Weise zum Teil als Bauern verkleidet auf Panjewagen in das Gebiet hereingekommen sind. Vermutlich um beim Aufbau der katholischen Kirche in Weissruthenien den Einfluss volkstumsgebundener Kräfte auszuschalten, versucht J. neuerdings, katholische Geistliche weissruthenischer Volkszugehörigkeit aus dem Gebiet herauszuziehen, indem er ihnen persönlich oder durch seinen Kurierkanzler auf privatem Kurierwege Befehl erteilt, sich binnen drei Tagen bei der Kurie in Wilna zu melden, andernfalls er ihnen die kanonischen Rechte absprechen werde. Als Begründung gibt er an, die Betroffenen hätten ihn nicht um die Erlaubnis gebeten, im altbolschewistischen Gebiet zu predigen. Die in Betracht kommenden Priester haben, wie inzwischen bekannt wurde, von der Absendung der Rückmarschbefehle auf mündlichem Wege Kenntnis erhalten und sich, um die Befehle nicht in Empfang nehmen zu müssen, während der Zeit der vermuteten Ankunft der Briefe aus Minsk zurückgezogen. Nunmehr wird abgewartet werden müssen, in welcher Form der Metropolit von Wilna antworten bzw. gegen die Betroffenen vorgehen wird. Jeder weitere Zustrom polnischer katholischer Geistlicher wird jedoch unter allen Umständen verhindert werden. Im Zusammenhang hiermit stehen die Bestrebungen des weissruthenischen katholischen Professors Iwanowski, zur Zeit stellvertretender Bürgermeister in Minsk, die polnischen katholischen Priester durch solche weissruthenischen Volkstums zu ersetzen. Angesichts der Abhängigkeit des Professors I. von der Kurie in Wilna (I. lebte in Wilna in der Emigration) kann jedoch darin ein taktisches Manöver gesehen werden, das dazu dienen soll, die Aufmerksamkeit der deutschen Führung von dem mit dem Vorrücken des Katholizismus engstens verbundenen Vorrücken des Polentums abzulenken. Die Verschleierungsmanöver Iwanowskis und seiner Kreise gehen so weit, dass sie der deutschen Führung das Vorrücken des Katholizismus im weissruthenischen Raum mit dem Vorschlag bzw. der Aussicht schmackhaft zu machen versuchen, eine „autokephale weissruthenische katholische Kirche“ zu gründen. Dies könnte nur mit päpstlicher Anordnung bzw. Genehmigung und unter Aufhebung des päpstlichen Erlasses über die von Wilna durchzuführende Mission in Weissruthenien durchgeführt werden. Auf die grosse Gefahr, die in der Beibehaltung polnischer Verwaltungsbeamter und anderer polnischer Funktionäre im öffentlichen Leben Weissrutheniens besteht, braucht nicht besonders hingewiesen werden. Es darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass fast sämtliche maßgeblichen, von dem oben erwähnten Kreis junger Weissruthenen abgelehnten sogenannten Führungspersönlichkeiten in Weissruthenien katholischer Konfession sind und der Emigration in Wilna oder Warschau entstammen, von wo sie enge persönliche Beziehungen mit Personen des polnischen öffentlichen Lebens und der römisch-katholischen Kirchenleitung verbinden.

Hieraus erklärt sich auch ihre offene Feindschaft, in der sie dem weissruthenischen orthodoxen Leben gegenüberstehen. Die auf Anordnung des Generalkommissars in Weissruthenien errichtete „weissruthenische autokephale orthodoxe Nationalkirche“ hat ihre Führung in Minsk versammelt. Metropolit Pantelaimon und Bischof Benedikt von Minsk, welche mit mehreren anderen orthodoxen Priestern von vornherein im Verdacht der Zugehörigkeit zur Erneuererbewegung bzw. zur Sergius-Richtung standen, sind inzwischen ihrer Zugehörigkeit zu dieser von den Sowjets ausgehaltenen kirchenpolitischen Richtung überführt worden. Pantelaimon und Benedikt sind zur Sowjetzeit das Sprachrohr gewesen, durch das Sergius von Moskau aus seine Befehle an die orthodoxe Priesterschaft weitergab. Besonderes Interesse verdienen hierbei die von Benedikt im Auftrag Pantelaimons und unmittelbar ausgegebenen „Formen des Gottesdienstes“, in welchen unter anderem am 10.5.1941 angeordnet wurde: „Bitten wir Gott über den Stellvertreter des Patriarchen Metropolit Sergius für unser Land und seine Regierung ein stilles und friedvolles Leben zu geben“, und eine etwa zur gleichen Zeit durch den Bischof von Wolin und Luzk, Erzbischof Nikolai, dem Erzbischof von Pinsk und Polesje, Alexander, erteilte Rüge, weil dieser die bezeichneten Namen des Gottesdienstes nicht eingeführt hatte und sich Moskau nicht beugte. Die weissruthenische orthodoxe Nationalkirche wird in ihrer Führung von Warschau aus abgelehnt und zwar wegen „kommunistischer Vergangenheit“ der leitenden Priester. Besonders krass kommt dies zum Ausdruck in einem von der Rayonkirchenverwaltung Polesje am 17.11.1941 erlassenen Befehl an ihre Priester, den Metropoliten Pantelaimon und den Bischof Benedikt nicht in ihre Gebete einzubeziehen, weil sie kommunistische Agenten seien und die „teuflische, kommunistische Regierung“ in ihren Gebeten erwähnt hätten. Der Rayon Polesje unterstellt sich einer Anordnung des Bischofs Alexander von Pinsk entsprechend nicht Minsk, sondern betrachtet nach wie vor Warschau als rechtmäßige Führung. Im Grundsätzlichen wird dagegen eine „weissruthenisch-orthodoxe autokephale Nationalkirche“ durch Warschau anerkannt, wobei sich Warschau auf eine kanonische Entscheidung des Konstantinopeler Patriarchen vom 13.11.24 stützt, wonach die weissruthenische Kirche von der russischen und ukrainischen getrennt sein müsse. Aus diesem Grund beschloss die Warschauer Synode unter Vorsitz von Dionysius am 9.9.41 drei Bischofskandidaten für Weissruthenien aufzustellen, von denen Filoteus Narko bereits in Minsk eingetroffen ist und mit Pantelaimon seinen Antrittsbesuch beim Generalkommissar gemacht hat. Ob die Einsetzung des Archimandrits Narko als Vertreter Pantelaimons von Warschau aus gedacht ist als ein Keil zur Spaltung der weissruthenischen orthodoxen Kirchenleitung oder ob Narko aus Konjunkturgründen eine Schwankung vorgenommen hat, kann derzeit noch nicht abschliessend festgestellt werden. Nachdem jedoch Warschau gleichzeitig mit Narko den Archimandrit Finkowski, einen erklärten Feind Pantelaimons, wieder nach Minsk entsandt hat mit dem ausdrücklichen Auftrag, „die Kirchen in Minsk und im Rayon Minsk“ zu leiten, kann der Schluss gezogen werden, dass es Warschau darum zu tun ist, die vom Generalkommissar eingesetzte weissruthenische orthodoxe Kirchenleitung durch Einsatz von Narko und Finkowski zu sprengen. Damit aber wäre eine Entwicklung angebahnt, die zwangsläufig eine Festigung der autokephalen weissruthenischen orthodoxen Nationalkirche verhindern und damit aus dem Gedanken einer Ausweitung der konfessionellen weissruthenischen Eigenständigkeit auf den kulturellen und politischen Sektor von vornherein Einhalt gebieten würde.

Die Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit der Universität Dorpat ist für den 20. Januar ds. Js. vorgesehen. Der Lehrkörper wie auch die Beamten der Verwaltung sind bezüglich ihrer politischen Zuverlässigkeit bereits überprüft. Der Kom. Rektor der Universität Dorpat, Prof. Dr. Weiss, beabsichtigt, anstelle der nicht zugelassenen philosophischen Fakultät ein Lehrerseminar zu errichten, das den dringend notwendigen Lehrernachwuchs heranbilden soll. In Estland ist der gesamte Schulbetrieb wieder aufgenommen worden.

Am 4. Januar ds. Js. wurde in Reval die estnische Sicherheitspolizeischule7 durch eine kurze Feier eröffnet. Bei der Feier sprach die einleitenden Worte Innendirektor Dr. Mäe. Die Schlussworte sprach zugleich auch im Namen des Generalkommissars und des SS- und Polizeiführers für Estland SS-Stubaf. Dr. Sandberger. Der erste Lehrgang der Sicherheitspolizeischule wird in der Zeit vom 4.–11.1.42 abgehalten. Teilnehmer dieses Lehrganges sind die politischen Abteilungsleiter aller estnischen Präfekturen. Der Zweck des Lehrganges besteht in der fachlichen, charakterlichen und politischen Ausrichtung sowie im persönlichen Kennenlernen. Nach einer Aufstellung des estnischen Landesdirektoriums betragen die Stärken der im Dienst der deutschen Wehrmacht stehenden estnischen Verbände wie folgt: a) 3750 Mann (5 Batl. im Gebiet der 18. Armee), b) 2500 Mann (4 Batl.) zur Verfügung des Bef. d. rückw. Heeresgeb. Nord (grösstenteils eingesetzt ausserhalb Estlands), c) 800–1000 Mann als Freiwillige in den verschiedensten deutschen Truppenteilen (Kanoniere, Sanitäter, Pferdepfleger usw.), d) das estnische Polizeibataillon Frankfurt/Oder mit 280 Mann (einges. in der Ukraine). Dieser Zahl von insgesamt rund 7000 Mann kommt insofern Bedeutung bei, als das estnische Friedensheer nur 11.000 bis 12.000 Mann stark war.

Bei den von der Bevölkerung Estlands am häufigsten abgehörten Auslandssendern handelt es sich neben dem finnischen hauptsächlich um russische, englische und schweizer Sender. Die durch Anordnung des Reichskommissars für das Ostland getroffene Lohnregelung erregt in Lettland wie Estland im Hinblick auf die nach verschiedenen Kategorien gestaffelte Gehaltsregelung der Angestellten und Beamten bei der Arbeiterschaft immer wieder Unzufriedenheit. Die Arbeiter vertreten die Auffassung, dass ihre Arbeit nicht genügend bewertet wird. Das wiederum hat zur Folge, dass eine immer stärker werdende Interessenlosigkeit an der Arbeit Platz greift. Der Unterschied zwischen der Einstufung des Arbeiters der Faust und des Arbeiters der Stirn sei im Vergleich zu den russischen Lohnsätzen bedeutend grösser. Aber auch die für die Angestellten und Beamten getroffene Gehaltsregelung wirkt sich in Lettland u. Estland nicht günstig aus. Da die Anordnung über die Gehälter der Angestellten und Beamten gewissen Spielraum in der Einstufung zulässt, drücken sich die Werksleitungen vielfach vor der Festsetzung des endgültigen Gehalts. Der Angestellte will aber verständlicherweise wissen, was er verdient. Der tägliche Ansturm an den Lohnbüros ist infolgedessen gross. Über die Verheerungen der Bolschewisten im estnischen Genossenschaftswesen liegen jetzt die endgültigen Zusammenfassungen vor. Diese vermitteln ein deprimierendes Bild. Die Gesamtsumme der Verluste im estnischen Genossenschaftswesen beträgt 112 Mill. Rubel. Über 100 führende Persönlichkeiten des Genossenschaftswesens sind spurlos verschwunden. Am 1.1.42 traf in Reval ein Transport von 600 Kriegsgefangenen ein, hauptsächlich Esten, die für die Rote Armee mobilisiert und an der finnischen Front übergelaufen oder gefangengenommen worden waren. In der Nacht vom 31.12. zum 1.1.42 Ausbruch von 36 russischen Kriegsgefangenen aus dem Kriegsgefangenenlager Fellin. Bei Suchaktion 6 Gefangene erschossen. Im Kriegsgefangenenlager Fellin 20 Fälle von Flecktyphus. In der Nacht vom 2.1. zum 3.1.50 russische Fallschirmspringer abgesprungen. Am 5.1. Sprengstoff in einem für Elektrizitätswerk Reval bestimmten Eisenbahnwaggon sichergestellt. Täter noch nicht ermittelt. Schleichhandel mit Lebensmitteln in Estland nach wie vor stark. Verordnung des Generalkommissars: „Die Zivilbevölkerung wird darauf hingewiesen, dass es sowohl deutschen Wehrmachtsangehörigen als auch deutschen Zivilangestellten verboten ist, im Tausch gegen Lebensmittel Öl, Petroleum, Benzin und dergl. anzubieten. Zuwiderhandlungen werden streng bestraft.“

Das Dorf Augrina [Audrini] bei Rositten wurde am 2.1.42 im Zuge einer Strafaktion niedergebrannt. Bevölkerung hatte Partisanen Unterschlupf, Verpflegung und Unterstützung gewährt. Bei Abbrennen in fast allen Häusern Detonationen von Handgranaten und Munition. Sämtliche 250 Einwohner festgenommen. 30 hauptbeteiligte Männer öffentlich auf Marktplatz Rositten erschossen. Die übrigen ebenfalls erschossen. Bevölkerung zeigt für diese scharfen Strafmaßnahmen volles Verständnis. Die am 30.12. aus dem Barackenlager Salaspils bei Riga entwichenen Juden wurden in einem Postschalterraum in Riga ergriffen. Exekution angesichts der 1000 im Lager untergebrachten Juden aus dem Reich im Lagergelände durchgeführt.

In Wilna wurde in der Nacht vom 16.12. zum 17.12. ein Soldat ermordet aufgefunden. Nunmehr abgeschlossene Untersuchung hat ergeben, dass der Soldat einen entflohenen russischen Kriegsgefangenen gestellt hat, der in den nahegelegenen Wald flüchtete. Bei Verfolgung und erneuter Festnahme muss es zum Handgemenge gekommen sein. Tatortbesichtigung ergab, dass der Soldat zunächst infolge Schlägen auf den Kopf besinnungslos hingefallen und von dem Kriegsgefangenen mit dem eigenen Seitengewehr erstochen worden ist. Der Täter ist inzwischen ermittelt und festgenommen worden. Am 22.12. wurden in Wilna 402 Personen erschossen. Davon 385 Juden, die übrigen Polen. Am 20.12. wurde in Kauen ein Litauer erschossen aufgefunden. Der Tat verdächtig ist der Angehörige eines litauischen Partisanenbataillons, in dessen Wohnung eine Pistole gefunden wurde, deren Kaliber mit den am Tatort gefundenen Patronen übereinstimmt. Der Verdächtige leugnet z.Zt. noch die Tat. Ermittlungen werden fortgesetzt. Am 3.1.42 wurden in Vilcoviskis [Wolkowysk] 50 Juden, die sich herumgetrieben hatten und in letzter Zeit aufgegriffen worden waren, erschossen. Im Stadtgebiet Kauen wurden in den letzten Tagen 10 Juden wegen Entfernung aus dem Ghetto festgenommen. Am 4.1. in Sägemühle in Kauen Schadenfeuer. Vermutlich Brandstiftung. Zur Verhütung ähnlicher Sabotagefälle wurden alle im Betrieb tätigen ehemaligen Kommunisten festgenommen.

Weissruthenien: Am 24.12. Festnahme von 3 Partisanen in der Nähe von Minsk. Am 30.12. in Minsk Festnahme von 5 Personen wegen Sabotage am Sender Minsk. Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Am 31.12. versuchter Sprengstoffanschlag auf Eisenbahnbrücke in Minsk verhindert. Bereits eingebauter Sprengstoff wurde ausgebaut und sichergestellt. Festnahmen am 2.1.6 Personen wegen Vorbereitung zum bewaffneten Aufstand, 2 Personen wegen deutschfeindlicher Äusserungen, 1 Person wegen Passfälschung, 1 entflohener Kriegsgefangener. Am 4.1. Aufrollung der Aufstandsorganisation im Kriegsgefangenenlager. Bisher insgesamt 315 Festnahmen. Im Zusammenhang damit seit 5.1. in Weissruthenien höchste Alarmbereitschaft aller Einheiten.

Die 4 Mitglieder des am 28.8.41 vom Befehlshaber im Einvernehmen mit dem Ostministerium und der Einsatzgruppe eingesetzten Generaldirektoriums für innere Verwaltung und Personalfragen, Oberstleutnant Freimanis, Dr. Sanders, Oberstleutnant Weiss und Anderson, wurden mit Wirkung vom 1.2.42 ihrer Aufgaben enthoben. Als Begründung wurde angeführt, dass nach Konsolidierung der politischen Verhältnisse in Lettland der sog. „Vertrauensrat“, dem die 4 Personen angehören, nicht mehr nötig sei. General Dankers8 behielt seine Aufgabe mit dem Titel eines Generaldirektors für innere Verwaltung. Erkundung Petersburg. Bevölkerung: Die Bevölkerung Leningrads hat sich mittlerweile an den ständigen Artilleriebeschuss derart gewöhnt, dass kaum jemand die Schutzräume aufsucht und der Verkehr auf der Strasse seinen Fortgang nimmt, obgleich die Einwohner der unter Beschuss liegenden Stadtgebiete jeweils durch die öffentlichen Lautsprecher gewarnt werden. Die Verluste unter der Zivilbevölkerung sind demgemäß auch stark angestiegen. Trotzdem dürften die Verluste durch Artillerie und Bombeneinwirkung nach übereinstimmenden Schätzungen aufs Ganze gesehen gering sein und nur einige Tausend Personen betragen. Demgegenüber sollen in der letzten Zeit sich die Fälle von Hungertod beträchtlich gemehrt haben und in den letzten Wochen etwa das Vierfache der Verluste durch Artilleriebeschuss ausmachen. So wurde beispielsweise am 17. Dezember von einer Person auf der Statschekstrasse, zwischen Narwa-Tor und Stadtrand, also auf einer Strecke von 5 Kilometer, beobachtet, dass allein 6 Personen entkräftet zusammenbrachen und liegenblieben. Diese Fälle häufen sich bereits derart, dass sich niemand mehr um die liegengebliebenen Personen kümmert, zumal bei der allgemeinen Entkräftung auch die Wenigsten in der Lage sind, tatkräftige Hilfe zu leisten. Unter der Zivilbevölkerung, die bereits zum grössten Teil Hungerschwellungen aufweisen soll, fallen die Juden durch bessere Kleidung und gesünderes Aussehen sofort auf. In den Lebensmittelverkaufsläden findet man unter dem Personal fast nur noch Juden. Sie haben es verstanden, die Russen fast überall aus diesen zur Zeit begehrtesten Stellungen hinauszudrängen.

Stimmung der Bevölkerung: Die in der letzten Novemberdekade vorgenommene Herabsetzung der Brotrationen hat sich auf die Stimmung der Bevölkerung stark ausgewirkt, indem jetzt mit einer Besserung der Ernährungslage nicht mehr gerechnet wird. Eine starke Verbitterung hat der allgemein bekanntgewordene Plan, die Offiziersfamilien bevorzugt zu evakuieren, hervorgerufen. Es wird darin wie auch in der bevorzugten Verpflegung der Offiziersfamilien eine unkommunistische Handlungsweise gesehen. In der letzten Zeit hört man in der offiziellen Parteipropaganda als neue Losungen: „Tod den faschistischen Okkupanten“ und „Wir geben unser Leben für unsere Heimat“. Der Name Stalins wird auffallend wenig in Aufrufen benutzt. In den Lichtspielhäusern – es sind noch etwa 10 in Betrieb – laufen ausgesprochene Spielfilme; Propagandafilme werden, wohl wegen einer gewissen Propagandamüdigkeit der Bevölkerung, weniger gezeigt. In den Wochenschauen und in den Zeitungen werden immer wieder besondere Arbeitsleistungen von Stachanow-Rüstungsarbeitern gerühmt. In den Wochenschauen sind Bilder vom Kriegsschauplatz nicht zu sehen. Neuerdings wird versucht, die Beheizungsfrage durch eine genaue Erfassung aller Wohnungen und Einwohner neu zu regeln. Es soll dann nach Wohnfläche und Einwohnerzahl Brennmaterial zugewiesen werden. Bisher hat sich die Neuregelung noch nicht ausgewirkt, und es besteht nach wie vor Mangel an Brennholz, da das durch Abbruch gewonnene Heizmaterial meist von Behörden und der Armee in Anspruch genommen wird. Petroleum ist nicht mehr zu haben. Seit dem 6. Dezember wird elektrischer Strom für die Beleuchtung von Privatwohnungen nicht mehr abgegeben. Strom erhalten nur Behörden und einige kriegswichtige Betriebe. Die Strassenbahn verkehrt nur noch auf 4 Linien.

Tätigkeit der Partei und ihrer Organe: In verstärktem Maße wird wieder für den Eintritt der Frontsoldaten in die Partei bzw. in die Kom-Jugend Propaganda gemacht. In den Zeitungen wird immer wieder unter Namensnennung von Soldaten berichtet, die den Wunsch geäussert hätten, in die Partei aufgenommen zu werden, um wenigstens als Parteimitglieder sterben zu können. Es finden immer noch Parteiversammlungen statt. Die Überwachungstätigkeit des NKWD ist weiter verstärkt worden. In die Miliz werden immer mehr Frauen aufgenommen. So waren in einem Milizbezirk im Hafen bereits 90 % sämtlicher Milizionäre Frauen. Die Frauen sind mit kanadischen Gewehren bewaffnet worden. Die Spionagezentralen schicken nach wie vor Agenten mit Ausspähaufträgen in die besetzten Gebiete, nur dass sie dieselben nicht mehr wie früher fast ausschliesslich durch die Linien schleusen, sondern der grösste Teil mittels Flugzeug und Fallschirmabsprung an den Bestimmungsort gebracht wird. Den Flug müssen die Agenten auf den Tragflächen sitzend mitmachen. Als Transportmaschinen werden meist die Doppeldeckerzerstörer vom Typ „Tschaika“ benutzt, die eine Besatzung von 1 Flugzeugführer und einem Bordschützen haben. Es werden jeweils 2 Mann mit einem Fluge befördert, und zwar sitzen dieselben am Ende der unteren Tragfläche mit dem Rücken zur Flugrichtung und stützen sich an die Verstrebung. Auf ein Zeichen des Flugzeugführers mit einer Taschenlampe müssen sie sich umdrehen, so dass sie mit dem Gesicht zur Flugrichtung zu sitzen kommen. Auf ein weiteres Zeichen müssen sie dann den Fallschirmabzug auslösen, woraufhin sich ein kleiner Fallschirm öffnet, der den grossen Fallschirm herauszieht, welcher wiederum die Person von der Tragfläche wegzieht. Dadurch ist der Absprung aus geringen Höhen möglich. Sofort nach dem Absprung der Personen werden Verpflegung und Ausrüstungsgegenstände, oft auch ein Sende- und Empfangsgerät, in einer besonderen Hülle mit einem Gepäckfallschirm abgeworfen. Ausser verschiedenen Bekleidungs- und Gebrauchsgegenständen wird Verpflegung für ca. 15 Tage abgeworfen.

Rote Armee: Da die meisten Rüstungswerke wegen Strom- und Kohlenmangel ausgefallen sind und zurzeit angeblich nur ein einziges kleineres Munitionswerk in Rshewka noch voll in Betrieb ist, ist der Munitionsmangel bei der Artillerie in letzter Zeit besonders fühlbar geworden. Die an sich schon bescheidenen Munitionsanforderungen der Abteilungen und Batterien werden mit grosser Verzögerung und bestenfalls mit 25–30 % befriedigt. So erhält eine Batterie im Durchschnitt etwa 12 Schuss für 3 bis 4 Tage. Der Batteriechef hat über jeden abgegebenen Schuss genauestens Rechenschaft abzulegen, über Ziel, Zeit der Feuereröffnung und Erfolg Buch zu führen. Bei der Anforderung von neuer Munition muss über die Verwendung der letzten Munitionsanlieferung abgerechnet werden. Vor einem Angriff, der sowjetischerseits mit Unterstützung von Panzern durchgeführt werden sollte, wurde der bereits gestellten Panzerabteilung mitgeteilt, dass sie nach einer starken Artillerievorbereitung und mit gleichzeitiger Flugzeugunterstützung anzugreifen hätte, um gemeinsam mit den besten verfügbaren Infanteriekräften einige Dörfer zu nehmen. Wer zurückginge, würde erschossen. Die Artillerievorbereitung bestand aber aus etwa 15 Schuss. Darauf musste der Angriff ohne Artillerie- und Flugzeugunterstützung beginnen. Die meisten Panzer blieben bereits vor den ersten deutschen Linien liegen, ebenso die Infanterie. Die durchgebrochenen Panzer setzten stur ihren Weg fort, obgleich ihr weiteres Vorrücken völlig sinnlos war, da die Besatzungen fürchteten umzukehren, weil sie mit ihrer Erschiessung rechnen mussten.

Meldungen der Einsatzgruppen B, C u. D liegen nicht vor.

III. Reich und besetzte Gebiete:

Der Kommandeur d. Sipo u.d. SD Untersteiermark meldet: Am 9.1. hat ein Feuergefecht zwischen einer Polizeistreife, bestehend aus Mannschaften der Schutzpolizei, Gendarmerie, Geheimen Staatspolizei und des SD einerseits, und einer bewaffneten kommunistischen Bande andererseits stattgefunden. Das Gefecht hat sich im Gebiet der Heiligenalm bei Trifail abgespielt. Durch Meldung eines Bauern war zur Kenntnis der Polizei gelangt, dass sich eine kommunistische Bande in diesem Gebiete aufhielte. Es wurden mit Gewehren und Handgranaten bewaffnete Kommunisten angetroffen, die sich in einem Schuppen aufhielten. Bei dem Feuergefecht wurden 3 Kommunisten erschossen, der 4. wurde verletzt und ist geflüchtet. Er wird noch durch Skistreifen der Schutzpolizei verfolgt. Einer der Erschossenen hatte einen falschen Ausweis bei sich, wurde jedoch identifiziert. Er stammt aus Trifail.

BAB, R 58/220

1 Damit wurde der deutsche Ortsname „Kauen“ anstelle des russischen „Kowno“ u. des litauischen „Kaunas“ auch in den EM etabliert.

2 Falsch, kommissarisch geführt durch Kurt Matschke.

3 Das EK 5, aus dem damals die KdS-Dienststellen in Kiew u. der westlichen Ukraine gebildet wurden, entfällt von hier an in den EM.

4 Falsch, längst Robert Mohr.

5 Falsch, längst Dr. Werner Braune.

6 Allgemein dazu: Marc Raeff: Russia Abroad. A Cultural History of the Russian Emigration, 1919–1939, New York 1990; Michael Glenny/Norman Stone: The Other Russia. The Experience of Exile, New York 1991; Karl Schlögel (Hrsg.): Der große Exodus. Die russische Emigration und ihre Zentren. 1917 bis 1941, München 1994; ders. (Hrsg.): Die russische Emigration in Deutschland 1918–1941. Leben im europäischen Bürgerkrieg, Berlin 1995; Johannes Baur: Die russische Kolonie 1900–1945. Deutsch-russische Beziehungen im 20. Jahrhundert, Wiesbaden 1998; Michael Kellogg: The Russian Roots of Nazism. White Emigrés and the Making of National Socialism, 1917–1945, Cambridge 2005.

7 Vgl. Birn: Die Sicherheitspolizei in Estland 1941–1944, S. 28–41.

8 Oskars Dankers, geb. 1883, wurde am 21.8.1941 als Generaldirektor der einheimischen lettischen Landesverwaltung eingesetzt. Ihm beigeordnet waren Sekretäre u. zwar mit Pastor Dr. Visvaldis Sanders u. Oberstleutnant Arturs Freimanis 2 Parteigänger von RMO Rosenberg sowie zum Ausgleich der Pērkonkrustler Anderson. Die landeseigene Verwaltung – zuständig für die Regelung von Alltagsdingen des öffentlichen Lebens – gliederte sich in 6 Direktorien, war aber faktisch vom Wohlwollen des deutschen Generalkommissars abhängig. In der Agoniephase des Dritten Reiches rief Dankers die lettischen Männer der Jahrgänge 1906–1914 gegen das deutsche Zugeständnis der Eigenstaatlichkeit zur Musterung auf. Der mittlerweile in Potsdam Ansässige flog im Febr. 1945 in den Kurlandkessel, um dort dieses Programm umzusetzen, wurde jedoch unter Aufsicht der SS gestellt. Anfang April erfolgte Dankers’ Rückkehr nach Deutschland u. wanderte nach 2 Jahren Internierung in die USA aus; biographisch dazu: Seidler: Die Kollaboration 1939–1945, S. 150–154.

Deutsche Berichte aus dem Osten

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