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Ereignismeldung UdSSR Nr. 156

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I. Standorte und Nachrichtenverbindungen: Zeit: 16.1.1942.

Höherer SS- und Polizeiführer Nord (101): (Jeckeln), Standort: Riga.

Einsatzgruppe A: (Dr. Stahlecker), Standort: Krasnogwardeisk, N-Verbindungen: FT, FS Riga, Feldpost-Nr. 15.119.

Kommandeur d. Sicherheitspolizei u.d. SD für den Generalbezirk Estland: (Dr. Sandberger), Standort: Reval mit Dienststellen in Narwa, Dorpat, Kingisepp, Krasnoje-Selo, Luga und Pleskau, N-Verbindungen: FT Reval, FS Reval, Feldpost-Nr. 15.119.

Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD Lettland: (Dr. Lange), Standort: Riga mit Dienststellen in Libau, Wolmar und Dünaburg, N-Verbindungen: FT Riga, FS Riga und Libau, Feldpost-Nr. 15.447.

Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD für den Generalbezirk Litauen: (Jäger), Standort: Kauen mit Dienststellen in Wilna und Schaulen, N-Verbindungen: FT und FS Kauen und Wilna, Feldpost-Nr. 15.641.

Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD für den Generalbezirk Weissruthenien: (Strauch), z.Zt. vertreten durch SS-Stubaf. RR Hofmann, Standort: Minsk mit Dienststellen in Nowgorod [durchgestrichen, handschriftlich: Nowogrodek], Tschudowo, a.d. Marsch nach Cholm und Baranowicze, N-Verbindungen: FT und FS Minsk, Feldpost-Nr. 15.641.

Höh. SS- und Polizeiführer Mitte (102): (Von dem Bach), Standort: Mogilew.

Einsatzgruppe B: (Naumann), Standort: Smolensk, N-Verbindungen: FT Smolensk, Kurierverbindung über Warschau u. Fernsprecher über VD Smolensk, Feldpost-Nr. 37.857.

Sonderkommando 7a: (Steimle1), Standort: Wjasma mit Teilen in Gshatsk, N-Verbindungen: FT Wjasma, Feldpost-Nr. 05.607.

Sonderkommando 7b: (Rausch), Standort: Brjansk mit Teilen in Orel und Kursk, N-Verbindungen: FT a.d. Marsch, Feldpost-Nr. 18.555.

Einsatzkommando 8: (Bradfisch), Standort: Mogilew, Roslawl, Orscha, Gomel, Bobruisk, N-Verbindungen: Feldpost-Nr. 37.857.

Einsatzkommando 9: (Schäfer), Standort: Witebsk m. Teilen in Smolensk, N-Verbindungen: FT Witebsk, Feldpost-Nr. 37.857.

Sonderkommando Moskau: Standort: Roslawl, N-Verbindungen: FT Roslawl.

Höherer SS- und Polizeiführer Süd (103): (Prützmann), Standort: Kriwoj-Rog, N-Verbindungen: FS Lemberg.

Einsatzgruppe C: (Dr. Thomas), Standort: Kiew, N-Verbindungen: FT Kiew, FS Lemberg, von dort Kurier, Feldpost-Nr. 32.794.

Sonderkommando 4a: (Blobel) [durchgestrichen, handschriftlich: Dr. Weinmann2], Standort: Charkow, N-Verbindungen: FT Charkow, Feldpost-Nr. 22.789.

Sonderkommando 4b: (Braune) [durchgestrichen, handschriftlich: Haensch3], Standort: Kramatorsk mit Teilen in Shitomir, Rowno, Winniza, N-Verbindungen: FT Nikolajew u. Rowno, FS Rowno, Feldpost-Nr. 35.102.

Einsatzkommando 6: (Kröger4), Standort: Stalino, N-Verbindungen: FT Stalino, Feldpost-Nr. 35.979.

Höherer SS- und Polizeiführer z.b.V.: (Korsemann), Standort: Rowno.

Einsatzgruppe D: (Ohlendorf), Standort: Simferopol, N-Verbindungen: FT Simferopol, Feldpost-Nr. 47.540.

Sonderkommando 10a: (Seetzen), Standort: Taganrog, Teile in Mariupol und Melitopol, N-Verbindungen: Feldpost-Nr. 47.540.

Sonderkommando 10b: (Persterer), Standort: Stari Krim [durchgestrichen, handschriftlich: Feodosia], Teile in Sudak und [durchgestrichen] Dshankoj, N-Verbindungen: Feldpost-Nr. 47.540.

Einsatzkommando 11a: (Zapp), Standort: Bachtschissaraj mit Teilen in Alupka und [durchgestrichen] Jalta, N-Verbindungen: FT Jalta und Bachtschissaraj, Feldpost-Nr. 47.540.

Einsatzkommando 11b: (Zapp5), Standort: Simferopol mit Teilen in Aluschta, Karasubasar, Eupatoria, N-Verbindungen: FT Simferopol und Aluschta, Feldpost-Nr. 47.540.

Einsatzkommando 12: (Nosske), Standort: Fedorowka, N-Verbindungen: FT Fedorowka, Feldpost-Nr. 47.540.

II. Meldungen der Einsatzgruppen und -kommandos:

Einsatzgruppe A: Standort Krasnogwardeisk.

1.) Nach einer Agentenmeldung sind seit wenigen Tagen die Lebensmittelrationen in Leningrad spürbar erhöht worden. Genauere Feststellungen werden noch getroffen. Die Erhöhung soll propagandistisch sehr stark ausgenutzt werden. 2.) Im Rahmen der lettischen Selbstverwaltung ist im Augenblick die Besetzung des Postens eines Personalreferenten beim Generaldirektorium für Inneres und Personalfragen akut. In Vorschlag werden Anderson, ein ehemaliger Perkonkrustler, und Silins gebracht. Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen. 3.) Der Direktor für lettische Kulturangelegenheiten, Puksis, wurde ohne Genehmigung des Generaldirektors für Inneres und Personalfragen und ohne vorherige Rücksprache mit dem zuständigen Referenten beim Generalkommissar von dem Generaldirektor für Bildung und Kultur, Zelms, abgesetzt. Gegen diesen Schritt von Zelms hat das zuständige Einsatzkommando Einwendung erhoben. Die Absetzung Puksis’ wurde rückgängig gemacht. 4.) Auf Anordnung des Generalkommissars in Riga können in Zukunft Entlassungen und Neueinstellungen von Letten, auch bis zu den höchsten Stellen, nur durch den Generaldirektor für Inneres und Personalfragen erfolgen. 5.) Am 16.12.41 meldete der finnische Rundfunk in estn. Sprache: Der Generalkommissar in Reval habe eine Anordnung unterschrieben, nach welcher das enteignete Land den ehem. Besitzern zurückgegeben werden soll. Doch sei über die Art der Durchführung der Anordnung noch nichts bekannt. Im Anschluss daran erwähnte der finnische Sprecher, nach der Befreiung Litauens und Lettlands sei der Grund und Boden dieser Länder zu deutschem Reichsbesitz erklärt worden, doch sei in letzter Zeit den ehem. Besitzern die Möglichkeit gegeben worden, ihr Land zurückzukaufen. Diese finnische Rundfunkmeldung haben deutschfeindl. Kreise in Estland zu einem Gerücht ausgewertet, nach welchem die estn. Bauern ihr von den Kommunisten enteignetes Land zurückkaufen müssten. Dieses Gerücht hat begreiflicherweise unter der Landbevölkerung grosse Beunruhigung verursacht. 6.) Im Reichskommissariat Ostland soll in Kürze eine umfangreiche Metallsammlung durchgeführt werden; auch Kirchenglocken sollen durch diese Metallsammlung erfasst werden.

Spionagefunkzentrale bei Schary: Am 15. Dezember 1941 übergab der Ic eines AK dem Leiter der Dienststelle Tosno der Sicherheitspolizei und des SD fünf vom Korps aufgefangene und mit „Walja“ unterzeichnete Funksprüche an eine Leningrader Zentrale sowie deren Antwortschreiben mit der Bitte um weitere Bearbeitung. Die besondere Wichtigkeit der Angelegenheit war aus dem Inhalt des Funkverkehrs ersichtlich, der erhebliche militärische Mitteilungen zum Gegenstand hatte. Seitens der Dienststelle wurden sofort umfangreiche Ermittlungen angeordnet und eingeleitet. Die aufgefangenen Funksprüche liessen vermuten, dass die Sendestation in Uschaki, Schary oder in der Nachbarschaft eines dieser Orte stehen musste. Aus früheren Ermittlungen des Sicherheitsdienstes waren auch gewisse Anhaltspunkte hinsichtlich der Person der Funkerin, ihres Aussehens, ihrer Ausbildung usw. vorhanden. Am 16. Dezember und an den folgenden Tagen wurde mit einer systematischen Durchkämmung der Orte Uschaki und Schary begonnen. Am 30. Dezember 1941 lagen die Voraussetzungen zu folgender Konzeption vor: Die Funkstation steht im Raum zwischen Uschaki, Schary und dem Pendikowo-See; vermutlich ist sie in einer der im Walde einzeln stehenden Hütten untergebracht. Am 31. Dezember 1941 morgens wurde eine aus Angehörigen des Kommandos bestehende „Partisanengruppe“ gebildet, mit dem Auftrag, sich in den vorbezeichneten Raum zu begeben und dort die erforderlichen Feststellungen zu treffen mit dem Ziel, die Funkstation und das dazugehörige Nachrichtennetz auszuheben. Unter Hinzuziehung von Vertrauensmännern in Uschaki, später in Schary, ergab sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Wohnung einer bei der deutschen Wehrmacht in Schary beschäftigten Person zugleich der Standort der Funkstelle sein konnte. Diese Wohnung liegt in dem vom Dorf „Rote Letten“ bei Schary etwa 2 km entfernt sich befindenden Wald- und Sumpfgelände. Nach entsprechender Sicherung wurde dieses Haus besetzt. Es handelt sich um die frühere Unterkunft von Waldarbeitern, die jetzt nur noch von einem alten Ehepaar und deren Schwiegertochter bewohnt wird. In der Wohnung wurde eine alte Frau und ein jüngeres Mädchen angetroffen. In einer sofort durchgeführten Vernehmung leugneten beide, etwas von Partisanen, einer Funkstation usw. zu wissen oder gar in unmittelbarer Beziehung zu derartigen Vorgängen zu stehen. Eine Visitation des Mädchens brachte eine Taschenuhr und ein Messer zum Vorschein, die als hier bekannte Ausrüstungsgegenstände bolschewistischer Funker erkannt wurden. Des weiteren konnte ein Funkgerät mit Antenne aufgefunden werden, das unter ausserordentlich geschickter Tarnung auf dem Heuboden des Hauses untergebracht war. Schliesslich wurde der Frau ein russ. Funker gegenübergestellt, dessen Personenkenntnisse und sonstigen Darlegungen ein weiteres Leugnen seitens der jüngeren Frau ausschlossen. Nach einem abgewiesenen Versuch, sich in den Besitz der Pistole eines unserer Männer zu setzen, legte sie ein Geständnis ab. Sie wurde zusammen mit der alten Frau zum Zwecke eingehender Vernehmung nach Tosno verbracht. Gleichfalls verhaftet wurde in Schary die Schwiegertochter der alten Frau sowie eine weitere mutmaßliche Verbindungsperson der Partisanen. Der Mann der alten Frau war von einem Gang nach Uschaki noch nicht zurückgekehrt. Die örtliche Wehrmachtsstelle wurde gebeten, eine Wache in das Haus bis zur Rückkehr des Alten abzustellen, der dann am gleichen Abend ergriffen und nach Tosno überstellt werden konnte. Das Waldhaus wurde abgebrannt.

Bei der verhafteten jüngeren Frau handelt es sich um die Walja Tschebotarewa. Sie ist am 7. Juni 1923 in Leningrad geboren. Sie war früher als Laborantin in einem optischen Institut in Leningrad beschäftigt, meldete sich aber bereits vor dem Kriege zu einem vom Armeeflottenklub durchgeführten dreimonatigen Funkerlehrgang. Vom 28. August an nahm die Walja an einem Ergänzungslehrgang teil und wurde an dessen Ende mit 4 weiteren Frauen an die Funkerschule der Roten Armee in der Swenigorodskgastrasse 5 verbracht, wo sich zugleich ein Erholungsheim für Partisanen befindet. Dort und in dem drei km von Leningrad entfernt liegenden Ort Kawgolowo genoss sie theoretischen und praktischen Unterricht. Leiter dieser Lehrgänge war der Jude Wolotia Immermann. Am 3. November endlich beginnt die eigentliche Partisanentätigkeit der Walja. Sie wurde über ihren Auftrag im einzelnen informiert. Leiter dieser Instruktionsstunden war der Kapitän Iwaschtschenko. Er gab zunächst einen allgemeinen Überblick über Nachrichtentechnik und -taktik der Partisanen, insbesondere Art und Form der Vertrauensmännerwerbung sowie der Nachrichtenübermittlung. Neben den schon bekannten Methoden konnte von der Walja als neues Mittel in der Partisanenarbeit die Benutzung sogenannter „Postkisten“ in Erfahrung gebracht werden. Hierbei handelt es sich um ein an bestimmter Stelle aufgestelltes Behältnis, in das die Vertrauensmänner ihre Nachrichten ablegen. Der Funker hat nur die Aufgabe, die Postkiste, deren Standort ihm bekannt ist, in regelmäßigen Zeitabschnitten zu leeren und ihren Inhalt funktelegrafisch nach Leningrad zu übermitteln. Durch diese Einrichtung soll eine Bekanntschaft zwischen allen im roten Nachrichtendienst arbeitenden Personen ausgeschlossen werden. Anfang November wurde die Walja vom Kapitän Iwaschtschenko einer Partisanengruppe zugeteilt. Diese bestand aus fünf Männern und zwei Funkerinnen. Führer war ein gewisser Viktor Lebediew. Die beiden Frauen sollten zunächst nach Tschudowo verbracht und dort als Funkerinnen eingesetzt werden. Die Walja hat im ganzen 20 Funksprüche an die Zentrale in Leningrad durchgegeben und von hier etwa 15 Antworten erhalten. So berichtet sie über den Standort von Bäckereien und Schlächtereien in Schary und Uschaki, über Zahl und Stärke der in Uschaki untergebrachten Truppen und Pferde, über einen Flugplatz in der Nähe der Station Gorgiewskaja, über die Bewegung von Panzern nach Schary, über Batterien in Krasnyj-Latysch, über den Abtransport von Gruppen aus Uschaki, über ununterbrochene Truppenbewegungen in Richtung auf Leningrad und über offensichtliche Konzentration aller deutschen Einheiten vor der roten Metropole. Die Zentrale in Leningrad zeigt in ihren Antworten ein auffallendes Interesse gerade an dieser Funkerin, sagt ihr persönliche Hilfeleistung zu, ermahnt sie zu aktiver Arbeit und macht Mitteilungen über die angeblich günstige Lage an allen Fronten. Die Unterlagen ihrer Funktätigkeit gewann die Walja teilweise aus geschickt von ihr geführten Unterhaltungen, insbesondere mit der Schwägerin ihres Wohnungsinhabers, einer gewissen Nina Ivanova, die bei einer deutschen Bäckereikomp. in Schary beschäftigt ist, selbst aber in keinerlei Zusammenhang zu Partisanen zu stehen scheint. Den grössten Teil ihrer Nachrichten erhielt die Walja von ihrem Hausherrn, einem gewissen Wassil Sokolovo, der in ihren Funksprüchen unter der Bezeichnung „Der Alte“ erscheint. Als ausgekochter Verbindungsmann zu den Partisanen stellte er zunächst jede Betätigung im deutschfeindlichen Sinne in Abrede, gab jedoch später zu, schon über ein halbes Jahr mit Partisanengruppen zusammenzuarbeiten. Die Walja Tschebotarewa wurde, nachdem sie auch über die sonst interessierenden politischen und militärischen Fragen gehört worden war, 1. Januar 1942 erschossen. Zwei ihrer Helfershelfer wurden gleichfalls erschossen bzw. erhängt.

Versuch eines bewaffneten Aufstandes in Minsk: Am 29.12.41 wurde durch eine V-Person gemeldet, dass die Kriegsgefangenen im Kriegslazarett in Minsk eine Aufruhrbewegung vorbereiten. Die sofort und mit Vorsicht angesetzten Ermittlungen ergaben nach den bisherigen Feststellungen folgenden Sachverhalt: Am 4.1.1942 gegen 5.00 Uhr morgens sollten gleichzeitig im Kriegslazarett 1, im 2. und 3. russischen Kriegsgefangenenlazarett, im Kriegsgefangenenlager sowie im Gefangenenlager der Woroschilow-Fabrik bewaffnete Aufstände losbrechen. Zu der angegebenen Zeit sollten die bei den Offizieren als Burschen tätigen Kriegsgefangenen sich wie immer in die Offizierswohnungen begeben, als ob sie dort den Stubendienst machen wollten, sollten sich der Pistolen der Offiziere bemächtigen und dann die Offiziere und Mannschaften, die wahrscheinlich keinen Widerstand leisten würden, in einen verschliessbaren Raum zusammentreiben. Dann sollte die Telefonhauptleitung durchschnitten, die Wache überrumpelt und bereitgelegte Waffen übernommen werden. Mit Waffen ausgerüstet sollten die Aufständischen dann zuerst unter allen Umständen den Flugplatz bei Minsk überfallen und besetzen. Ferner waren Überfälle auf bestimmte Gebäude in Minsk vorgesehen. Am Abend des 4.1.42 war ein Zusammentreffen mit einer Partisanengruppe, etwa 20 km von Minsk entfernt, vorgesehen. Russische Fallschirmjäger sollten auf dem von den Aufständischen besetzten Flugplatzgelände landen. Mit diesen und den Partisanen zusammen wollten die Aufständischen sämtliche in Minsk festgehaltenen Kriegsgefangenen befreien und alsdann in einer Gesamtstärke von etwa 10.000 Mann von Minsk aus einen Durchbruchversuch auf die deutsche Front unternehmen. Zur Durchführung dieses Planes waren folgende Vorbereitungen getroffen worden: 1. Im Kriegslazarett 1 wurden während der Nachtstunden Stadtpläne und Karten der Stadt und der Umgebung von Minsk angefertigt, in denen die Objekte, die überfallen werden sollten, u.a. auch das Gebäude der Sicherheitspolizei, genau vermerkt waren. 2. Einige mit dem Beheizen der Offiziersräume beauftragte Rädelsführer benutzten diese Gelegenheit, um mit dem dort befindlichen Radiogerät ständig den Moskauer Sender abzuhören und sich über die rückläufigen Bewegungen der deutschen Truppen zu unterrichten. Nach dem daraus vermuteten rückwärtigsten Stand der deutschen Linien wurde der Termin des 4.1. festgelegt. 3. Einer der Rädelsführer, ein gewisser Osorow, hatte zwei Kurzwellengeräte zur Verfügung, mit denen er 23 Tage lang Funkverbindung mit Moskau und Leningrad aufrechterhalten konnte. Bislang steht fest, dass ein Sender aus einem Diebstahl aus der dem Kriegslazarett gegenüberliegenden Radiofabrik stammt und durch eine weibliche Hilfsperson vermittelt wurde. 4. Innerhalb der einzelnen vorgenannten Aufstandsstellen waren Waffen zusammengetragen worden. Hier befanden sich 400 teils halbautomatische Gewehre, Maschinengewehre, Pistolen, Handgranaten und 3000 Schuss Munition. Die Waffen konnten deswegen ungesehen gesammelt werden, weil vom Kriegslazarett aus unter der Strasse durch etwa 1 1/2 m hohe Heizungskanäle zu den verschiedenen Gebäuden des Kriegslazaretts und zum sogenannten Polytechnikum liefen. Ausserdem konnten sich die Gefangenen auch nachts ungehindert in allen Komplexen bewegen. 5. Durch russisches Sanitätspersonal und russische Ärzte, die die Erlaubnis hatten, sich zwischen den einzelnen Stationen und Lägern frei zu bewegen, durch Kriegsgefangene, die zu Lebensmitteltransporten herangezogen wurden usw., waren Verbindungen zu etwa 300 zuverlässigen Kriegsgefangenen hergestellt, die für das erste Losschlagen vorgesehen waren. Sicherheitspolizeilich wurden bislang folgende Maßnahmen getroffen: Einer der vorerwähnten Sender wurde sichergestellt. Leider war eine Aufrechterhaltung der Funkverbindung mit Moskau und Leningrad infolge technischer Schwierigkeiten nicht mehr möglich. Ferner wurden Karten und Pläne aus ihren Verstecken entfernt und vernichtet. Festgenommen wurden bisher 300 für den ersten Aufstandsversuch vorgesehene Kriegsgefangene. Weitere Festnahmen in grosser Anzahl werden zurzeit noch durchgeführt. Der Verbindungsmann des Haupträdelsführers (Osorow), ehemaliger russischer Nachrichtenoffizier, zu seinen Hintermännern steht namentlich fest. Ebenso ist der Name des Verbindungsmannes zu den erwähnten Partisanengruppen ausserhalb Minsk festgestellt. Die Ermittlungen laufen weiter.

Allgemeine Lage: Stimmung: Zwischen der Stimmung in Riga und in der Provinz besteht ein großer Unterschied. In Riga wurden seit jeher viele Gerüchte verbreitet. Diese haben naturgemäß während der Kriegszeit nicht abgenommen. Auf dem Lande und in den Kleinstädten dagegen verläuft das Leben ruhiger, und die Sorgen und Bemühungen sind mehr auf die Arbeit ausgerichtet. Die positive Stimmung auf dem Lande kommt auch durch die Spendensammlungen für die deutsche Wehrmacht, die auf dem ganzen Lande, vor allem aber in Semgallen, durchgeführt wurden, zum Ausdruck. Natürlich haben die Landbewohner verschiedene akute Sorgen. Im allgemeinen ist jedoch der Wille vorherrschend, die Entbehrungen des Krieges als etwas Unabänderliches auf sich zu nehmen. Eine Ausnahme bildet der Landesteil Lettgallen, wo durch die vielen dort lebenden Volksgruppen und die herrschenden religiösen Verhältnisse die innere Sicherheit fehlt, die den lettischen Bauern sonst im allgemeinen auszeichnet. Einerseits werden dort Gerüchte von der polnischen Volksgruppe und dem katholischen Klerus verbreitet, andererseits findet auch die kommunistische Propaganda bei einem Teil der dort ansässigen russischen Bevölkerung Anklang. In der zweitgrößten Stadt Lettlands – Libau –, die seit jeher den Ruf hatte, daß sie eine besonders radikale Bevölkerung beherberge, wurden am 30. Nov. in den am Strande gelegenen Parkanlagen Streuzettel gefunden. Diese Zettel tragen auf beiden Seiten mit Gummidruck hergestellte Aufschriften in lettischer Sprache und zwar „Nieder mit der deutschen Macht“ und „Fort mit den Fahnen der Hungerleider“. Auch in Libau konnte eine verstärkte Tätigkeit ehemaliger Ulmanis-Anhänger festgestellt werden. So werden Gespräche laut, in denen man die Auffassung vertritt, daß England in Kürze mit „rotweissroten Bomben“ (rotweissrot: lettische Landesfarbe) auf Deutschland schießen werde. Weiter ist eine Äusserung in diesen Kreisen bekannt, wonach es im Januar hier keinen Deutschen mehr geben wird. Das Nationalgefühl unter den Letten wächst. Man will kein Bestandteil des Ostlandes sein und wünscht wieder einen eigenen selbständigen Staat. Diese Haltung wird durch das umlaufende Gerücht gestützt, daß der deutsche Rückzug in Russland begonnen habe. Die Stadt Rostow sei von den Russen zurückerobert worden, und ebenso hätten die Deutschen vor Petersburg große Verluste erlitten. Auch in Riga konnte festgestellt werden, daß die Räumung Rostows von gegnerischen Kreisen in der Mundpropaganda ausgenutzt wird. In lettischen Arbeiterkreisen sind wieder kommunistische Tendenzen zu erkennen, die durch die neue Lohnverordnung, die entgegen den gehegten Hoffnungen keine Erleichterung der Lage der Arbeiter mit sich brachte, hervorgerufen werden. Sicherheitspolizeiliche Maßnahmen sind in allen Fällen eingeleitet.

Politische Gegner: In der Gemeinde Rauda wohnen sehr viele Polen. Die Umgangssprache in dieser Gegend ist polnisch. Die lettische Sprache steht an dritter Stelle. Im übrigen werden die Letten als Abschaum der Menschheit bezeichnet, und man ist stolz darauf, daß man Pole ist. Eine illegale polnische Organisation soll bis vor kurzer Zeit dort noch tätig gewesen sein. Die Polen gehen so weit, ihre Teilnahme an kirchlichen Veranstaltungen zu verweigern, da der dortige Pfarrer den Gottesdienst in lettischer und nicht in polnischer Sprache abhält.

Kulturelle Gebiete: Theaterwesen: Nach einer endgültigen Vereinbarung zwischen Wehrmachtsbefehlshaber Ostland und dem Reichskommissariat wird das Lettische Volkstheater in dem Gebäude des ehemaligen Russischen Theaters Riga untergebracht. Mit Genehmigung der deutschen Behörden wird das ehemalige Nationaltheater in Riga jetzt den Namen Lettisches Nationaltheater führen und beginnt seine Spielzeit Ende der nächsten Woche in den Räumen des Rigaer Lettischen Vereins mit dem Lustspiel von Rudolf Blaumann „Aus der süssen Flasche“. Die Freigabe des Lettischen Vereinshauses für die Aufführungen des Nationaltheaters hat sich stimmungsmäßig in den breitesten Kreisen des Rigaer Lettentums sehr günstig ausgewirkt. Die lettischen Künstler entfalten in letzter Zeit eine rege Kulturpropaganda, auch in der Provinz. So wurden vom Dünaburger Theater am 20. und 21.11. zwei Konzerte unter Mitwirkung der Rigaer Opernsängerin Brechmann-Stengel veranstaltet, welche einen begeisterten Beifall fanden. Die Einnahmen beider Veranstaltungen werden dem deutschen Winterhilfswerk und der lettischen Selbsthilfe überwiesen. Die national-lettischen Kreise besuchten am 30.11. ein Chorkonzert des Männerchors „Dziedonis“, das neben Chorwerken von Grieg fast ausschließlich lettische Nationallieder brachte. Das Publikum, welches sich zumeist aus Beamten und Studenten zusammensetzte, spendete den Darbietungen, aber insbesondere dem Vortrag der patriotischen lettischen Lieder reichlichen Beifall. Es ist festgestellt worden, daß die lettischen Kreise es als ihre Pflicht empfinden, diese Konzerte, welche in der Universitätsaula stattfinden, unter allen Umständen zu besuchen, um den deutschen Dienststellen zu beweisen, daß die Universität in Riga das Kulturzentrum Lettlands ist.

Kirchen: Für die Beurteilung der drei großen Konfessionen in Lettland ist deren Haltung gegenüber einer Verordnung des lettischen geistlichen Departements des Generals Dankers kennzeichnend. Der dortige Sachbearbeiter Pfarrer Birgels hatte ein Gebet verfügt, in dem auch für die großdeutsche Armee und den Führer Adolf Hitler gebetet wird. Die evangelisch-lutherische Kirche und die Sekten haben das auch in ihren Gottesdiensten durchgeführt, die römisch-katholische Kirche erbat sich (durch Bischof Ranzan) Bedenkzeit, und der Metropolit Sergius, das Haupt der orthodoxen Kirche Lettlands, reagierte vorläufig noch nicht darauf. Die evangelisch-lutherische Kirche versucht bei den deutschen Stellen eine Sonderbehandlung zu erwirken, was sich besonders in einer staatlichen Unterstützung geldlicher Art zeigen soll. Das wird damit begründet, daß die Kirche Luthers nach Westen ausgerichtet und mit der europäischen Kultur verbunden sei und im Kampf gegen die religiösen Zentren Roms und Moskaus, deren Arbeit in Lettland im polnischen und russischen Gebiet erfolgt, eingesetzt werden könne. In ihrer Geschichte und in der Ausbildung ihrer Pfarrer sei die lettische evangelische Kirche stets mit dem deutschen Geistesleben verbunden gewesen. Ob es zu einer gedeihlichen Zusammenarbeit kommen kann, erscheint aber doch sehr fraglich, da von einer nationalsozialistischen Einstellung der lettischen evangelischen Pfarrer nicht die Rede sein kann. Erst kürzlich war der Rigaer Pastor und alttestamentliche Dozent, der sein Deutschtum stets verleugnet hat und heute die Dreistigkeit besitzt, sich als Deutscher auszugeben, Felix Treu, vom Erzbischof Grünberg beauftragt worden, die Bücher für den Religionsunterricht in den Schulen durchzusehen, wobei seinerseits besonderer Nachdruck auf die alttestamentlichen biblischen Geschichten gelegt wurde. In Riga ist z.Zt. ein anderer evangelischer Pfarrer, dessen feindliche Einstellung bekannt ist und sich keineswegs geändert haben wird, Albert Frei, Dozent an der lettischen Universität. In seinem 1936 erschienenen Buch „Parsveto und labo“ bezeichnet dieser Gegner des Nationalsozialismus Alfred Rosenbergs Mythos als Gottlosigkeit und als „Narzismus“. Albert Frei genügt heute seine eigene Kirche nicht mehr; er hat es jetzt verstanden, sich in den Besitz auch der verlassenen anglikanischen Kirche zu setzen. Die evangelische Kirche Lettlands kommt mit ihren Geldern nicht aus. Es wird darauf hingewiesen, daß z.B. der Erzbischof Grünberg ein Gehalt einer Stenotypistin erhält (RM 130,–). Die evangelische Kirche beabsichtigt, die staatlichen Stellen um einen monatlichen Zuschuss von etwa RM 7000 und um eine einmalige Unterstützung von RM 100.000 bis 150.000 für den Bau der zerstörten Kirchen (ausser der Rigaer Petrikirche) zu bitten. Das Generalkommissariat Lettland hat durch Vermittlung des lettischen geistlichen Departements der katholischen Kirche sagen lassen, daß das Konkordat zwischen dem heiligen Stuhl und Lettland hinfällig sei, da der eine Partner (der ehemalige Freistaat Lettland) nicht mehr existiere. Bischof Ranzan, dem dieses mitgeteilt wurde, antwortete, daß dieses nur den päpstlichen Nuntius in Berlin angehe, der dieserhalb mit der deutschen Regierung verhandeln werde. Befragt, wie er die Beziehungen zwischen der Kirche und dem Staat gestalten wolle, antwortete Ranzan: Das Corpus juris canonici ist unsere einzige Grundlage. Bezüglich des Gebetes für die deutsche Armee und den Führer erbat sich Bischof Ranzan Bedenkzeit, da er die Einzelheiten erst mit der Kurie Lettlands und ihren Gliedern verhandeln möchte.

Wirtschaft: Da durch den Winter in der Transportlage eine weitere Verschärfung eingetreten ist, ist die Versorgungslage der größeren Städte wieder eine schlechtere geworden. Das Fehlen von Holz und Kohle für die Beheizung wirkt sich in den Städten sehr negativ aus. Die Arbeiter klagen darüber, daß sie, die schon tagsüber in den Fabriken arbeiten, ihre Freizeit in noch kälteren Wohnungen verbringen müssen. Da im allgemeinen die Ansicht besteht, daß vor den Toren Rigas Holz und Lebensmittel in genügendem Maße vorhanden sind, nimmt man die Schwierigkeiten nur sehr ungern hin. Dagegen hat in Arbeiterkreisen die Gewährung von Schwerarbeiterzulagen für Lebensmittel eine günstige Auswirkung gehabt. Die Erscheinung, daß die meisten Geschäfte schon seit Juli „Inventuraufnahme“ machen, wird mit der Zeit nicht mehr verstanden. Sowohl in Riga als auch in der Provinz ist es z.B. unmöglich, Geschäftsbücher und Schreibbedarf zu kaufen. In vielen Behörden und Betrieben fehlt sogar Tinte. Man bringt diese „Inventuraufnahmen“ in Zusammenhang mit der angekündigten Privatisierung und ist der Ansicht, daß die kommissarischen Leiter, die zu einem großen Teil die Betriebe zu erwerben hoffen, die Waren bis zu diesem Zeitpunkt zurückhalten. Daher sind sowohl die Verbraucherkreise als auch die Kreise, die ihre alten Betriebe zurückzuerhalten wünschen, beunruhigt, weil entgegen der Ankündigung bisher noch keine konkreten Schritte über die Privatisierung in der Öffentlichkeit bekanntgeworden sind.

Stand der sicherheitspolizeilichen Arbeit: Festnahmen: Es wurden festgenommen: 41 kommunistische Funktionäre oder Angehörige kommunistischer Organisationen, 11 entflohene Kriegsgefangene, 1 Person wegen Beleidigung des Deutschen Reiches, 1 Person wegen Verschiebung jüdischen Vermögens, 1 Person aufgrund der Ausschreibung im geheimen Fahndungsbuch, 2 Personen zwecks Feststellung der Personalien. 1 Politruk und 3 russische Kriegsgefangene wurden vom Stalag wegen Aufwiegelung im Lager überstellt. 13 Ausländer (Russen und Polen), die nach dem 17.6.40 in Lettland eingereist sind, wurden interniert. Im Zuge der Aktion gegen die illegale kommunistische Organisation in Riga hat sich die Zahl der festgenommenen Personen auf 115 erhöht. Bei einem der Festgenommenen wurde eine Stielhandgranate vorgefunden und sichergestellt. Besondere Vorkommnisse waren bei der Ermittlungstätigkeit nicht zu verzeichnen. Die Aktion ist noch nicht abgeschlossen. Am 1.12.41 wurde 40 km von Modohn ein notgelandeter russischer Flieger festgenommen, der den Auftrag hatte, ein günstiges Gelände für die Landung von Fallschirmspringern (Partisanen) auszusuchen. Ein weiterer Partisan wurde von der Sicherheitshilfspolizei Dünaburg festgenommen.

Erschiessungen: In der Berichtszeit wurden standrechtlich erschossen: In Libau 20 Kommunisten, 1 Jude, in Modohn 28 Kommunisten, in Jakobstadt 1 Kommunist, insgesamt 50 Personen. Das vorläufige Gesamtergebnis im Bereich des Einsatzkommandos 2 beträgt hiernach 33.970. Am 30.11.41 wurden in Riga 10.600 Juden erschossen. Die Aktion stand unter der Leitung des Höheren SS- und Polizeiführers. An der Durchführung war das Einsatzkommando 2 mit 1/20 beteiligt.6

Libau: In der Zeit vom 28.11. bis 4.12.41 sind im hiesigen Bezirk 18 aktiv gewesene Angehörige kommunistischer Organisationen festgenommen worden. Z.Zt. befinden sich in den Libauer Gefangenenanstalten 469 politische Häftlinge, davon im KZ 219. Wegen politischer Agitation an der Arbeitsstelle wurden 3 aus der Kriegsgefangenschaft entlassene Ukrainer festgenommen. Die Ukrainer arbeiten in geschlossener Arbeitskolonne. Die Festgenommenen haben kommunistische Lieder gesungen und aufrührerische Reden geführt. Im Kreise Libau ist erneut das Flugblatt „Latvija“ aufgetaucht. Das Flugblatt ist von Riga mit der Post an die Molkereigenossenschaft in Ezere gesandt worden. In Kreisen der Bevölkerung kursiert das Gerücht, daß die Amerikaner in Zusammenarbeit mit den Schweden sich darauf vorbereiten, Truppen an der kurländischen Küste zu landen, und zwar sollte dies noch vor Weihnachten geschehen. Das Gerücht rührt offenbar von jüdischer Seite her. Eine vermutliche Folge dieses Gerüchtes ist, daß nach einzelnen Meldungen Arbeiter die Arbeit verweigern mit der Begründung, es habe keinen Sinn, Geld zu verdienen, das vielleicht in Kürze wertlos sein werde.

Lagebericht über Estland: I. Beherrschende Grundsätze über Stimmung und Lage auf den Lebensgebieten: Auf die Einsetzung der Zivilverwaltung reagiert die Bevölkerung Estlands sehr langsam. Abgesehen davon, daß das Bewußtwerden dieser Tatsache im ganzen infolge der mangelhaften Verbindungen und Informationsmöglichkeiten geraume Zeit in Anspruch genommen hat, liegt es in der bedächtigen Art des Esten, bei Entscheidungen von großer Tragweite erst ihre praktischen Auswirkungen abzuwarten, um sich dann erst ein endgültiges Urteil über die durch sie angebahnte Entwicklung zu bilden. Die bereits vom Generalkommissar erlassenen Verordnungen werden von der Bevölkerung in diesem Sinne aufmerksam verfolgt, und so zeigt sich bei der hier und da bereits feststellbaren Reaktion, daß man psychologisch nicht auf das notwendigerweise langsame Tempo der Umstellung und Reorganisierung eingestellt ist, sondern fast mit einem Schlage Erfüllung aller Hoffnungen, namentlich auf wirtschaftlichem Gebiet, erwartet hat. Dies beweist erneut die Notwendigkeit einer starken Propaganda und nüchternen Aufklärungsarbeit über die durch den Krieg bedingten Gegebenheiten und Möglichkeiten. In politischer Hinsicht fassen große Teile der Bevölkerung die Einsetzung der Zivilverwaltung als äußeres Zeichen einer endgültigen Entscheidung über die politische Zukunft Estlands auf. Es werden immer noch Gerüchte verschiedenster Art laut, die eine andere Entwicklung vorspiegeln, so z.B. die bekannten Großfinnland-Tendenzen, ferner neuere Gerüchte darüber, daß die deutsche Besetzung nur bis Kriegsende vorgesehen sei. Grundsätzlich ist aber der größte Teil der Bevölkerung davon überzeugt, daß die zukünftige Verwaltung des Landes dauernd in deutschem Sinne erfolgen wird. In den Grenzgebieten Estlands und vor allem im altrussischen Gebiet nehmen in letzter Zeit bolschewistische Tendenzgerüchte zu. Diese beziehen sich auf die Rückverlegung deutscher Streitkräfte (namentlich bei Rostow) und werden mit Vorstellungen verknüpft, die sich um den wiedererhofften Einmarsch der Roten Armee drehen. Die estnische Bevölkerung zeigt sich solchen Gerüchten gegenüber immun.

1. Gemeinschaftsleben: a) Im allgemeinen ist die estnische Bevölkerung sich über die Kompetenzen der einzelnen deutschen Stellen noch nicht im klaren. Auch über die Einordnung der estnischen Selbstverwaltung ist die Bevölkerung nicht genügend aufgeklärt. Es überwiegt die grundsätzliche Auffassung, daß sie nur ein ausführendes Organ des Generalkommissars ist. b) Verwaltung, deutsche Stellen: Unter den Verordnungen der letzten Tage ist die über den durch die Sowjets enteigneten ländlichen Besitz besonders beachtet worden. Da die Hoffnungen der Altbauern auf eine sofortige Rückgabe ihres früheren Besitzes abgestimmt sind, sieht man in der nun erfolgten Verfügung des Generalkommissars über die Aufhebung bolschewistischer Maßnahmen auf dem Gebiet der Landwirtschaft eine Hinausschiebung der endgültigen Lösung. Auch befürchtet man, daß die praktische Entscheidung bei der Beurteilung der Bewährung von auf ihrem Besitz evtl. zu belassender Jungbauern örtlichen estnischen Stellen übertragen werden könnte, obwohl die Verordnung sie ausdrücklich dem Gebietskommissar vorbehält. Hier zeigt sich einerseits eine starke Skepsis des Esten den volkseigenen Stellen gegenüber, andererseits die noch herrschende Unklarheit über die Einflussmöglichkeiten übergeordneter deutscher Stellen. Grundsätzlich ist die Einstellung zu den deutschen Stellen positiv. In gewissen Grenzen macht sich eine Mißstimmung über Angehörige ziviler und rückwärtiger Heeresdienststellen bemerkbar, die ohne Rücksicht auf die geringen und rationierten Bestände ihre günstigeren Einkaufsmöglichkeiten weitgehend auszunützen versuchen. Die positive Einstellung der breiten Massen zum deutschen Frontsoldaten ist gekennzeichnet durch die Ergebnisse einer Aktion, welche der Einsammlung von Pelz- und sonstigen Wintersachen für die Truppe diente. Nach vorläufigen Angaben sind bisher 12.539 Schafspelze, 37.572 Paar Wollhandschuhe, 27.000 Lammfelle, 12.990 Paar wollene Socken usw., zum großen Teil ohne Annahme des festgesetzten Entgeltes, abgeliefert worden.

2. Volkspolitik: a) Volkstum: Bei einer Volkszählung zum 1.12.41 wurde festgestellt, daß die Bevölkerung Estlands sich gegenüber dem 1.9.40 um 9,5 % vermindert hat. Auf dem Lande wohnen 30,9 %, in der Stadt 69,1 % der Bevölkerung. Der Frauenüberschuss beträgt 130 auf 100 Männer. b) Völkische Minderheiten: Wegen der sowjetfreundlichen Haltung der Russen in den Grenzgebieten ereignen sich dort immer wieder Zwischenfälle zwischen Esten und Russen. In Narwa und Petsakur hat sich der Stimmungsaufschwung der russischen Bevölkerung im Zusammenhang mit den letzten militärischen Ereignissen (propagandistische Aufbauschung der Räumung von Rostow und Tichwin und des Kriegseintritts der USA durch die Sowjets) gehoben. In den rein russischen Gebieten wie Pleskau zeigen sich bei der jüngeren Generation ebenfalls Hoffnungen auf eine Wiederkehr der Roten Armee, während die ältere Generation sich offensichtlich mit dem derzeitigen Zustande abgefunden hat. Bombenangriffe auf Pleskau und Abwürfe von Flugblättern verstärken die Hoffnungen des dortigen deutschfeindlichen Elements.

3. Kulturelles Leben: a) Wissenschaft: An der Universität ist die Zahl der Teilnehmer an den Abschlußprüfungen auf 233 Absolventen, 12 Magistranden und 9 Doktoranden gestiegen, Von akademischen Kreisen sind neuerdings populär-wissenschaftliche Vorträge für Wehrmachtsangehörige eingerichtet worden, in denen allgemein interessierende Themen über Estland behandelt werden. Versuche der studentischen Verbindungen, sich auf Altherrenkommersen usw. zu organisieren, sind durch ein Verbot des Rektors vorläufig unterbunden worden. b) Erziehung: Der Schulbesuch, namentlich in den Volksschulen auf dem Lande, wird erschwert durch den Mangel an warmer Kleidung und tauglichem Schuhwerk, ebenso durch den mancherorts mehrere Kilometer betragenden langen Schulweg. In Dorpat sind durch die Kriegshandlungen zahlreiche Schulgebäude zerstört worden, so daß bis zu 3 Schulen in einem Gebäude zusammengefaßt werden mußten. Die Beanspruchung der Gebäude erfolgt in solchen Fällen von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends. Im Interesse einer Disziplinierung der halbwüchsigen Jugend wird die Wiedereröffnung der Gymnasien und sonstigen höheren Schulen dringlich. Im rein-russischen Gebiet sind nur vereinzelte Schulen wiedereröffnet worden, wobei hauptsächlich Frauen und Mädchen als Lehrkräfte eingestellt sind. Hierbei macht sich die völlige Unkenntnis der Lehrkräfte in Bezug auf Deutschland sowie die Benutzung sowjetischer Lehrbücher negativ bemerkbar. c) Kunst: Zwei Revaler Theater („Estnisches Dramatheater“ und die Oper der „Estonia“) haben in ihr Programm deutschsprachige Vorstellungen aufgenommen. Das Arbeitertheater zeigt durch Veranstaltungen sog. „Finnisch-Ungarischer Abende“ und durch die Aufführung eines an sich unpolitischen finnischen Schauspiels gewisse „Stammverwandtschafts“-Tendenzen, die aber bei seinem ohnehin nicht ausschlaggebenden Publikum nur laue Beteiligung finden. Ausser den Revaler Theatern hat das Unterrichtsdirektorium die Provinztheater in Werro und Wesenberg mit finanziellen Zuwendungen versehen. Auch die übrigen Theater („Wanemuine“-Dorpat, Estnisches Theater in Narwa, „Endla“-Pernau und „Ugala“-Fellin) brauchen Subsidien aus öffentlichen Mitteln. Im Kunstgebäude zu Reval wurde am 14.12. eine Kunstausstellung eröffnet, an welcher sich 56 estnische Künstler beteiligten. Die Abweichung der estnischen Kunstauffassung von der deutschen bringt es mit sich, daß deutsche Besucher wenig Einkäufe vornehmen. Eine Neuausrichtung des estnischen Kunstschaffens hat eine Vertiefung des Kontakts mit der deutschen Kunst (Studienreisen, Künstlerbesuche usw.) zur Vorbedingung. d) Presse: Im ganzen erscheinen in Estland z.Zt. 15 Zeitungen. Die letzte Führerrede wurde in der estnischen Presse mit starken Kürzungen gebracht. Dies zeigt erneut die Notwendigkeit einer Umschulung des journalistischen Personals, das noch nicht gelernt hat, so bedeutende Ereignisse dem estnischen Publikum nahezubringen. Dagegen ist das Interesse der Bevölkerung selbst am allgemeinen politischen Geschehen durchaus rege. Im Zusammenhang mit dem Kriegseintritt der USA ist ein vergrösserter Absatz verschiedener Zeitungen festzustellen. Dieser wird jedoch begrenzt durch den allgemeinen Papiermangel. e) Propaganda: Im allgemeinen ist die letzte Führerrede von der Bevölkerung wenig gehört worden. Dies ist darauf zurückzuführen, daß auf dem Lande Rundfunkgeräte und elektrischer Strom fehlen und daß die an liberale Lebensformen gewöhnte Bevölkerung sich noch nicht genügend über die richtungweisende Bedeutung der Führerreden klar ist. Über den Ausbruch des Krieges im Stillen Ozean ist noch keine einheitliche Stellungnahme zu verzeichnen. Das Vertrauen auf den Endsieg ist jedoch nicht geschwächt. Tendenzmeldungen der finnischen Funkpropaganda aus den letzten Tagen: 1.12.41: Wortlaut der Funkrede des finnischen Premierministers, in der er die kurze Selbständigkeit Estlands und die finnische Mithilfe im estnischen Freiheitskampf 1918/19 erwähnt. Ferner erklärte der Minister u.a., daß das Schicksal der stammverwandten Esten Finnland nie gleichgültig sein werde. Nach einer längeren Pause, in der Estland nicht berührt wurde, wurde am 15.12. anläßlich des 80. Geburtstages des ehemaligen Staatspräsidenten Svinhufvud in der Darstellung seines Lebens seine estlandfreundliche Politik hervorgehoben. Anschließend daran wurde ein aus Estland stammender Brief durchgegeben, der die herzlichen Gefühle der Esten und Finnen zueinander unter dem Motto „Blut ist dicker als Wasser“ betonte. An 16.12. wurde ein Aufsatz der „Helsinkin Sanomat“ zitiert, der die Rückgabe der nationalisierten Ländereien in Estland behandelt. Im gleichen Aufsatz wird behauptet, die estnische Universität Dorpat würde durch eine deutsche ersetzt werden, obgleich aus der estnischen Intelligenz noch zur Genüge Kräfte vorhanden seien. Ein anderer Zweig der finnischen Funkpropaganda (regelmäßige antisowjetische Sendungen in russischer Sprache) erregt bei der russischen Bevölkerung des Pleskauer Gebietes infolge angeblich sachlich unrichtiger Darstellung der Zustände unter dem Sowjetregime viel Kritik. Bezeichnenderweise wird der Wunsch geäußert, diese Propaganda möge von eigenen Sendern im russischen Gebiet unter deutscher Aufsicht durchgeführt werden. f) Funk, Film: Die Umstellung des Revaler Senders auf eine andere Welle hat seine Abhörmöglichkeiten im Lande verbessert. Es besteht aber immer noch Mangel an geeigneten Empfangsgeräten. Von den 17 Lichtspielhäusern Revals sind z.Zt. bereits 7 in Betrieb genommen. Nach Behebung des Strommangels der Stadt wird auch der Rest für Vorstellungen freigegeben werden. Großen Anklang haben 2 von der Propagandastaffel in Reval veranstaltete Jugendvorstellungen gefunden. g) Kirchen: Das Kirchenleben verläuft normal. Die kürzlich erlassene Verordnung über Feiertage im Jahre 1942, in welcher die gewohnten kirchlichen Feiertage beibehalten worden sind, verstärkt in der Bevölkerung das Gefühl, daß die deutschen Stellen keine Eingriffe in das kirchliche Leben planen. In Narwa und Reval ist der Wunsch nach Wiedereinführung regelmäßiger Rundfunkgottesdienste laut geworden. In Pleskau wurde nach mehr als 20 Jahren wieder der erste evangelische Gottesdienst in estnischer Sprache abgehalten, an dem etwa 250 örtliche Esten und Angehörige dort stationierter estnischer Freiwilligenabteilungen teilnahmen. Man plant die Gründung einer estnischen evangelischen Kirchengemeinde. Allgemein ist im russischen Gebiet eine verstärkte Hinneigung zur orthodoxen Kirche, vorwiegend unter der älteren Generation, festzustellen.

II. Gegner: Bolschewisten: a) Partisanen: In Estland ist das Partisanenwesen als liquidiert zu betrachten. Vereinzelt (hauptsächlich bei Narwa) kommen Fälle vor, in welchen entlaufene Kriegsgefangene Einbrüche und sonstige Delikte verüben. In der Gemeinde Tölliste (Krs. Walk) wurde ein Bauernpaar von entflohenen Kriegsgefangenen ermordet, als sie beim Fortschaffen von Lebensmitteln und Kleidung überrascht wurden. b) Funktionäre: Die kommunistische Wühlarbeit im estländischen Gebiet beschränkt sich vorwiegend auf die Verbreitung von tendenziösen Gerüchten. Die Räumung von Rostow hat eine intensive Propagandawelle entfesselt, die eine stärkere Resonanz in den russisch besiedelten Gebieten gefunden hat. In Pleskau wird kolportiert, an der Nordfront seien englische Hilfstruppen eingetroffen. Die Deutschen hätten schwere Verluste vor Leningrad und müssten sich zurückziehen. Auf der Bahnstrecke Pleskau–Krasnogwardeisk verkehrten nur noch Verwundetentransporte. Die Deutschen gäben keine Siegesmeldungen mehr durch, was auf eine steigende Aktivität der Sowjets zurückzuführen sei. Über Pleskau seien beim letzten Bombardement 8 englische Bomber erschienen. Die Partisanen würden in nächster Zeit eine gesteigerte Tätigkeit entfalten, da sie nunmehr von Flugzeugen aus mit Lebensmitteln und Ausrüstung versorgt worden seien. In Narwa wird von einer bevorstehenden englischen Luftoffensive auf Estland über Finnland gesprochen. Vereinzelt tauchen auch im übrigen Estland Gerüchte über Schwierigkeiten an der Ostfront auf. In Dorpat spricht man von einem Rückzug bei Rostow, in Fellin davon, dass die für die Winterquartiere in Estland vorgesehenen Truppen nicht von der Front zurückgezogen werden könnten. Verbreitet ist ein Gerücht über eine angeblich bevorstehende Mobilisierung der estnischen Männer, da im Stellungskrieg vor Leningrad Esten eingesetzt werden sollten. In Werro geht ein Gerücht um, russischsprechende Esten würden in die Ostgebiete versetzt werden, während ihre Plätze von zurückkehrenden Baltendeutschen eingenommen werden sollten. In Fellin wird kolportiert, daß eine Besiedlung Estlands mit deutschen Bauern bevorsteht.

Allgemeines: 1.) Im Gebiet Semgallen, das auf Anregung des dortigen Gebietskommissars schon bis zum ersten Abgabetermin zur Sammlung von Woll- und Pelzsachen recht gebefreudig gespendet hatte, sind von der nicht ganz 300.000 Menschen betragenden Einwohnerschaft jetzt weitere 6000 Pelze, 11.000 gegerbte, 5000 ungegerbte Felle und 26.000 Paar Socken gespendet worden. Die Spenden sind fast sämtlich ohne jegliche Vergütung abgegeben worden. 2.) Im Gebiet des Land- und Stadtkreises Kauen ist das Fleckfieber erheblich zurückgegangen, sodass bereits einige öffentliche Veranstaltungen wieder zugelassen werden konnten. 3.) Im Hinblick auf den bevorstehenden Besuch des Reichsministers Rosenberg verbreiten deutschfeindliche Kreise in Lettland das Gerücht, dass Rosenberg gelegentlich seines Besuches eine lettische Nationalregierung errichten werde. Der frühere lettische Staatspräsident Kviesi werde wieder Staatspräsident werden. Oberstleutnant Weiss, Leiter der lettischen Schutzmannschaften, werde das Amt des Kriegsministers und der derzeitige Leiter des lett. Generaldirektoriums für Justiz, Valdmanis, werde das eines Justizministers bekleiden. Im übrigen werde nach Ernennung der lettischen Nationalregierung die allgemeine Mobilisierung angeordnet werden. 4.) Estnische Arbeiter erzählen, dass für das Reich angeworbene Arbeiter dort sehr schlecht, beinahe wie Kriegsgefangene behandelt würden. Die versprochenen Gehälter würden nicht bezahlt, die Verpflegung sei schwach, und Möglichkeiten zur Rückkehr werden ihnen nicht gegeben. 5.) Am 8.1. ds.Js. erschien erstmals die neue deutsche Zeitung Estlands, die „Revaler Zeitung“. Estn. Journalistenkreise nehmen in Erinnerung an die frühere „Revaler Zeitung“ Anstoß am Titel der neuen Zeitung. Im Zusammenhang damit, dass die frühere „Revaler Zeitung“ als Organ des Estland-Deutschtums sich für die deutschen Interessen im Lande einsetzte, wird die neue „Revaler Zeitung“ als estenfeindliches Blatt bezeichnet. In den Bevölkerungskreisen ist das Erscheinen der „Revaler Zeitung“ verschieden aufgenommen worden. Teils begrüsst man es, nunmehr ausführliche Informationen aus dem Reich zu bekommen. Teils sieht man in dem Erscheinen dieser deutschen Zeitung ein Zurückdrängen der bestehenden estn. Zeitung. 6.) Aus der Zeitung „Soumen Kuvalehti“ gab der Finnlandsender in seiner Sendung vom 8.1. in estn. Sprache einen von Dr. Helanen verfassten, unter dem Titel „Fröhliches, zähes Estland“ erschienenen Artikel bekannt. In diesem Artikel wird ausgeführt, dass die finnisch-estnischen Beziehungen auf breiter Grundlage erst im Herbst 1918 aufgenommen wurden, aber bereits im Herbst 1939 wieder auseinandergegangen seien. Es hätten sich aber nur die Wege der Staaten, nicht die der beiden Völker getrennt, wie dies schon der Winterkrieg beweise. Das Jahr 1941 sei für die Völker finnischen Stammes günstig gewesen. Nach der Befreiung Kareliens interessiere man sich in Finnland in immer stärkerem Maße für das nunmehr gleichfalls vom Bolschewismus befreite Estland. Finnland werde bei der Entscheidung des estnischen Schicksals ein Wort mitzureden haben, denn auch finnisches Blut sei für Estland vergossen worden. Estland werde auch keinen Schwierigkeiten, gleich welcher Art, erliegen, denn man erinnere sich des fröhlichen zähen Landes. 7.) Seit der Einsetzung der Zivilverwaltung am 5.12.41 hat der Generalkommissar eine Reihe von Verordnungen erlassen, von denen erwähnt wird: Die Anordnung über Aufhebung bolschewistischer Maßnahmen auf dem Gebiet der Landbewirtschaftung. Es handelt sich um eine Anordnung, die im Auftrage des Generalkommissars für die Generalbezirke Lettland und Litauen am 9.12.41 für das Gebiet des ehemaligen Freistaates Estland in Kraft gesetzt worden ist. Der wesentliche Inhalt ist folgender: Die Bewirtschaftung der durch den Bolschewismus von bäuerlichen Betrieben abgetrennten Landflächen wird mit sofortiger Wirkung von den früheren Besitzern wieder übernommen. In Ausnahmefällen können von Bolschewisten eingesetzte Neusiedler, die eigene, von anderen abgeschlossene Wirtschaftsgehöfte besitzen, von dem Gebietskommissar als Bewirtschafter belassen werden, sofern die Bewirtschaftung durch ausreichendes totes und lebendiges Inventar, das ordnungsgemäß erworben ist, als gesichert angesehen werden kann. Kommunistische Neusiedler werden nicht zugelassen.

Von der Einsatzgruppe B liegen keine Meldungen vor.

Einsatzgruppe C: Standort Kiew.

Allgemeines über Charkow7: Hinsichtlich der NKWD-Arbeit bietet sich in Charkow wie überall das gleiche Bild eines rücksichtslosen Terrors und einer gut durchgearbeiteten Bespitzelung aller Schichten der Bevölkerung und aller Zweige des gewerblichen und industriellen Lebens. Eine der Hauptaufgaben des NKWD lag vor dem Fall Charkows in der Führung der Vernichtung aller Betriebseinrichtungen, soweit sie nicht in die Evakuierung einbezogen werden konnten. Eine totale Vernichtung der Betriebe ist jedoch dem NKWD nicht gelungen, da in einigen Fällen Teile der Betriebsbelegschaften die Maschinen abmontierten und heimlich sicherstellten. Im Rahmen der allgemeinen Evakuierung bildete die Auswahl und Evakuierung von Facharbeitern eine weitere Aufgabe des NKWD. Im Zusammenhang damit und im Zusammenhang mit dem bei dem Näherrücken der Front immer größer werdenden Abgang nach dem Osten ist die Zahl der Bevölkerung auf schätzungsweise 300–350.000 Einwohner zurückgegangen. Das Dienstgebäude des NKWD wurde vor dem Einzug der deutschen Truppen gesprengt und ist in seinen wichtigsten Teilen abgebrannt. Dabei sollen auf Grund von Gerüchten ungefähr 300 Gefangene im NKWD-Gefängnis zu Grunde gegangen sein. NKWD-Material konnte infolge dieser Vorgänge nicht mehr sichergestellt werden. Weiterhin oblag dem NKWD noch die Aufstellung von Partisanengruppen, die unter der Leitung von Parteisekretären und NKWD-Funktionären stehen. Diesen Partisanenführern sind auf Grund eines Befehls des NKWD-Gebietsleiters vom 17.10.1941 falsche Papiere ausgehändigt und Bescheinigungen ausgestellt worden, auf Grund deren sie in der Lage waren, sich als entlassene Strafgefangene oder als zurückgekehrte Verbannte auszuweisen. Seit Kriegsbeginn hatte in Charkow wie in anderen Städten eine rege Kriegspropaganda eingesetzt. In Form von Flugschriften, Plakaten, Wandzeitungen, Transparenten und Wandbemalungen aller Art wandte sie sich neben Aufrufen an die Gesamtbevölkerung an bestimmte Berufs- und Bevölkerungsschichten mit der Aufforderung, mit der Waffe in der Hand gegen die deutsche Wehrmacht zu kämpfen. Zu diesem Zwecke wurden auch in den Strassen Charkows Barrikaden, Tankfallen, Maschinengewehrnetze8 und sonstige Hindernisse aufgebaut. Hier ist die stellenweise aufflackernde antibolschewistische und antijüdische Propaganda erwähnenswert, die sich allerdings z.T. auch schon vor Ausbruch des deutsch-russischen Krieges entwickelt hatte. Obwohl von einer gegen die Russen organisierten Widerstandsbewegung nicht gesprochen werden konnte, hat doch die geheime Tätigkeit dieser Gegenrevolutionäre dem NKWD recht viel zu schaffen gemacht. Das Volkskommissariat für die Staatssicherheit sah sich daher bereits im Juli 1941 veranlaßt, in der Dienstanweisung Nr. 42, die als streng geheim bezeichnet war, alle Weisungen für die Bekämpfung der Widerstandsströmungen zusammenzufassen. In der Einleitung zu dieser Dienstanweisung wird betont, daß die bisherige Bekämpfung der Widerstandsbewegung nur sehr schwach und wenig erfolgreich gewesen wäre und daß z.B. im Laufe von 4 Tagen 71 Fälle von Verbreitung gegenrevolutionärer Flugblätter festgestellt worden wären, bei denen es nur viermal gelungen wäre, den Täter zu ermitteln. Es fiel auf, daß der Verfasser dieser Flugblätter sich in der Abfassung des Textes eng an den Inhalt der von deutschen Flugzeugen über Charkow abgeworfenen Flugschriften gehalten hatte. Leider war es den Sowjets vor ihrem Abzug gelungen, einen großen Teil der lebenswichtigen Betriebe so zu zerstören, daß ihre Inbetriebnahme voraussichtlich erst in einigen Monaten wird erfolgen können. Bis zur Überwindung dieser außerordentlich großen Schwierigkeiten ist die Stadt Charkow ohne Wasser-, Licht- und Gaszufuhr.

Partisanen im Bereich des SK 4a: Nach V-Mann-Meldungen sollen sich in einzelnen Stadtteilen von Charkow vom NKWD aufgestellte Partisanengruppen gut getarnt verborgen halten. Ihre Erfassung nimmt mit dem Aufbau eines V-Mann-Netzes mehr und mehr zu. Nach vertraulichen Mitteilungen sollen im Raum zwischen Lubny, Poltawa und Charkow eine große Anzahl von Partisanen, die sich in kleineren Trupps sowie in grösseren Gruppen bis zu 300 Mann bewegen, vorhanden sein. Solche Trupps und Gruppen wurden insbesondere in der Gegend der Ortschaften Sumy, Miropolje, Gadjatsch, Senkow, Kusenin, Achtyrka, Grajworon und Walki festgestellt. Ihr Auftreten ist geschickt und rücksichtslos. Ihre Tätigkeit erstreckt sich neben schnellen Überfällen und Anschlägen auf die Truppe und auf Verkehrsmittel auf die Beeinflussung der Bevölkerung durch irreführende Plakatierung und Flüsterpropaganda. So konnte z.B. festgestellt werden, daß die an die Bevölkerung ergangene Verordnung zur Herstellung von Ruhe und Ordnung in dem besetzten Gebiet durch Änderung des ukrainischen und russischen Textes geschickt in einen Aufruf zum Kampfe gegen den Faschismus umgefälscht worden war. In Lubny konnte das Sonderkommando 4a umfangreiches Material der Partisanenorganisation sicherstellen. Daraus ging hervor, daß diese Gruppen bereits vor Feindberührung im Hintergelände bis in alle Einzelheiten durchorganisiert und mit Waffen und mit Lebensmitteln für die Notzeiten versorgt worden waren. Aus genauen Lageplänen, die für diesen Zweck besonders getarnte Unterstände auf verschiedene Ortschaften verteilt aufweisen, war ein planmäßiges Vorgehen ersichtlich. Weiterhin gaben hierfür Bestände gestempelter und unterschriebener Blankoformulare, welche die Partisanen als harmlose Angestellte von Betrieben ausweisen sollten, Zeugnis. Jede Ortschaft und Partisanenabteilung hatte bereits für weite Zeiträume festgesetzte Parolen. Auch waren die Bevölkerung und die Arbeiter, die bei der Errichtung der Lebensmittel- und Waffenlager mitgearbeitet hatten, schriftlich auf Geheimhaltung verpflichtet worden. Auf Grund einer Besprechung mit dem Ic/AO in Poltawa wurde festgestellt, daß die Truppe allein nicht in der Lage ist, mit den vorhandenen Kräften den gestellten Aufgaben zur Bekämpfung der Partisanen gerecht zu werden. Aus diesem Grunde ist das Sonderkommando 4a in vollem Umfange mit in diese Aufgaben eingeschaltet worden. Da gerade die Räume um Charkow und die Stadt Charkow selbst wegen der Eigenart der dort vorherrschenden Verhältnisse besonders gefährdet erscheinen, hat das AOK zur Durchführung der gesamten Militärpolizeiaufgaben in Charkow die Errichtung einer Geheimpolizei unter Führung des Kommandanten der Feldgendarmerie und der GFP befohlen. Als Aufgabe dieser Geheimpolizei wird in dem vom AOK herausgegebenen Befehl die Sorge für die Sicherheit der Truppe und der gesamten deutschen Einrichtungen in der Stadt Charkow, weiterhin die Verhinderung von Geheimbündelei, Partisanentätigkeit, Sabotagen, Überfällen und die Niederhaltung antideutscher Strömungen bezeichnet. Auf die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit mit den Einsatzkommandos der Sicherheitspolizei und des SD wird darin besonders hingewiesen. Das Sonderkommando 4a hat auf Grund dieses Armeebefehls die Verbindung zu dem Militärpolizeiführer bereits aufgenommen und die Zusammenarbeit sichergestellt. Mit dem Ziel, die Erfassung aller im Armeegebiet auftauchenden Partisanen zu gewährleisten, hat das AOK durch einen Geheimbefehl vom 15.11.1941 eine Zentralmeldestelle für Partisanen in Charkow angeordnet. Diese arbeitet mit Hilfe von Meldeköpfen und bei den Dorfmilizen eingerichteten Meldestellen unter Einbeziehung eines engen V-Mann-Netzes in großem Maßstab im gesamten Armeegebiet.

Ernährungslage in der Stadt Charkow: Die Ernährungslage in Charkow ist als sehr schlecht zu bezeichnen. Mindestens 1/3 der Bevölkerung hungert bereits jetzt schon. Die Ursache hierfür liegt in erster Linie in der zwangsweisen Verhinderung der Ernteeinbringung bezw. in der durch die Roten vorgenommenen Inbrandsetzung der bereits eingebrachten Erntebestände. Als weiterer Grund ist die Verschleppung fast sämtlicher Lebensmittelvorräte durch die Sowjets anzuführen. Die zurückgebliebene Bevölkerung hatte später keine Gelegenheit mehr, sich um die Beschaffung von Lebensmitteln zu kümmern, da sie insgesamt rücksichtslos zu Schanz- und Befestigungsarbeiten herangezogen worden war. Da unter den gegebenen Umständen mit Hungersnot und Unruhen unter der Bevölkerung zu rechnen ist, hat sich der Stadtkommandant veranlaßt gesehen, die Abwanderungsabsichten grosser Teile der Bevölkerung zu begünstigen. Hierbei werden Beschränkungenin der Abwanderungsrichtung nicht auferlegt. Die abwandernden Personen werden einer eingehenden Überprüfung durch das Sonderkommando 4a unterzogen und mit einer zeitlich begrenzten Bescheinigung über Reiseweg und Reiseziel aus dem Stadtgebiet entlassen. Hierbei tritt die Häufigkeit von gefälschten Ausweisen bei Juden in Erscheinung. Zur Erfassung der Passfälschungsstelle sind entsprechende Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den Dienststellen der Wehrmacht durch das Sonderkommando 4a eingeleitet worden.

Judenfragein Charkow:Zu dieser Frage werden gegenwärtig Überlegungen zu einer möglichst generellen Erfassung aller Juden geführt. Nach den bisherigen Erfahrungen werden die Verbindungen zu den Saboteuren und Partisanen in erster Linie durch die jüdischen Bevölkerungsteile Charkows aufrecht erhalten. Man verspricht sich von der Erfassung sämtlicher Juden eine wesentliche Beihilfe zur Beseitigung des Partisanenunwesens in diesem Raum. Im Einvernehmen mit dem zuständigen Generalstab und der Feldkommandantur werden die Vorbereitungsarbeiten zu einer größeren Judenaktion durch das SK 4a eingeleitet, sobald die Einrichtungsarbeiten für die Unterkunft des Kommandos erledigt sind.9

Tätigkeit des Teilkommandos SK 4a in Poltawa: Das Teilkommando Poltawa des SK 4a übernahm am 17.11.1941 die Bearbeitung der vom SK 4b zurückgelassenen Vorgänge. Mit der in Poltawa aufgestellten Miliz wurde in einer Besprechung die zukünftige Zusammenarbeit mit SD, GFP, Feldgendarmerie, Schutzpolizei und Ortskommandantur festgelegt. In diesem Zusammenhang wurde die sogenannte politische Abteilung bei der ukrainischen Miliz in Poltawa aufgelöst. An den Tagen bis zum 20.11.41 wurde eine ganze Reihe von überstellten Kommunisten vernommen, die zum größten Teil erschossen wurden. Die Durchführung einer größeren Judenaktion erfolgte am 23.11.41, nachdem am Tage zuvor durch Plakatanschlag die jüdische Bevölkerung zur Meldung aufgefordert worden war. Dabei wurden insgesamt 1538 Juden erschossen. Die angefallenen Kleidungsstücke wurden dem Bürgermeister von Poltawa überlassen, der bei der Verteilung die Volksdeutschen besonders berücksichtigte.

Tätigkeit des Teilkommandos SK 4a in Lubny: Das Teilkommando des SK 4a in Lubny übernahm am 18.10.41 die Auswertung des vom Vorkommando zurückgelassenen NKWD-Aktenmaterials und die Erledigung der laufenden Vorgänge. Gemeinsam mit der in Lubny aufgestellten ukrainischen Miliz konnten auf Grund des gesicherten Materials eine ganze Reihe von NKWD-Agenten und mehrere führende Kommunisten festgenommen werden. Es wurden 34 Agenten und Kommunisten und 73 Juden erschossen. Die Gesamtziffer der durch das Sonderkommando 4a Erschossenen betrug am 30.11.1941: 59.018.

Das Einsatzkommando 5 hat bis zum 7.12.41 insgesamt 36.147 Erschießungen vorgenommen.10 Davon wurden in der Zeit vom 23. bis einschl. 30.11.41 64 pol. Funktionäre, 46 Saboteure und Plünderer und 2615 Juden erschossen. In der Zeit vom 1. bis einschl. 7. Dez. 41 erschoss das EK 5: 60 pol. Funktionäre, 47 Saboteure und Plünderer und 1471 Juden. Ein Teilkommando des EK 5 überholte am 26.11.41 die Orte Alt-Darniza, Neu-Darniza und Nikolska-Slabotka ostwärts des Dnjepr. Es fiel auf, daß in diesen kleinen Ortschaften eine relativ große Anzahl von Kommunisten und politischen Funktionären erfaßt werden konnte. Bei dieser Aktion wurden 24 Juden, 20 Parteikommunisten und Partisanen und 9 politische Funktionäre, ausserdem noch 3 Politruks erschossen. Unter ihnen befanden sich u.a. ein Milizpolitruk aus Kiew, dem nachgewiesen werden konnte, eine ganze Reihe von Ukrainern dem Revolutionstribunal in Kiew ausgeliefert zu haben, ferner der Politrukstellvertreter der 1. Kompanie eines zur 37. Armee gehörenden motorisierten Pionierbataillons, der seit 1932 Komsomol- und später KP-Mitglied war. Fernerhin befanden sich darunter der Betriebspolitruk einer Schuhfabrik und enge Mitarbeiter des NKWD, Nikolai Boico, der Chef des Arbeiterkomitees in Darniza, Sebeon Wertoheilo, ein Mitglied der Partisanenabwehrgruppe 16 ostwärts des Dnjepr, weiter der als antideutscher Propagandist bekannte Alex Demaschef, der seit dem Jahre 1921 der komm. Partei angehörende Sekretär einer Partisanengruppe, Jakowiwitsch, der auf Grund seiner langen Parteizugehörigkeit mit besonderen Aufträgen für Sabotagezwecke in Darniza zurückgelassen worden war. Es wurden weiter erfaßt der Kommandeur einer Verteidigungsabteilung und Verbindungsmann zur Roten Armee, Peter Klewtschon, der 23 Personen erschossen hatte, die nicht gegen die deutsche Wehrmacht kämpfen wollten, weiter der enge Mitarbeiter des NKWD-Führers Petrenko mit Namen Alphanasi Masajew, der Parlamentärinstrukteur und Vorsitzende des Räteausschusses [unleserlich], der in seiner Eigenschaft als sowjetischer Richter viele Ukrainer nach Sibirien verschickt hatte, der Führer einer Parteiabwehrgruppe, Iwan Kusmin, dem die Beteiligung an der Zerstörung des Bahnhofes und des Fleischkombinates in Darniza nachgewiesen werden konnte. Weiterhin befanden sich unter den Erschossenen der Führer der Abwehrabteilung Nr. 17, Gregori Tschetwikow, der sich an der Verminung der Eisenbahnstrecke beteiligt hatte, der Kommunist Georgi Husak, in dessen Besitz Infanteriepatronen gefunden wurden, der Kommunist Michaeli Berdowski, der seit 1929 der KP als Mitglied angehört und in den ersten Tagen des November 1941 in seiner Wohnung Partisanen versteckt gehalten hatte, der geheime Mitarbeiter des NKWD und kommunistische Propagandist Pakowki Gripas, das Mitglied einer Partisanengruppe Alexej Kasakoff, der Politführer Iwan Arkadazki, seit 1929 KP-Mitglied, der Führer einer 30 Mann starken Sabotageabteilung, Wassil Kornienkow, die geheime Mitarbeiterin des NKWD und Vertraute des bekannten NKWD-Führers Tscherniawski mit Namen Anna Doruschko sowie eine ganze Reihe weiterer Kommunisten. Bezeichnend ist, daß verschiedene von ihnen mit dem Ruf „Heil Stalin“ den Weg zur Erschießung antraten.

Tätigkeit der OUN: Das Einsatzkommando 5 richtete ein besonderes Augenmerk auf die illegale Tätigkeit der Bandera-Anhänger. Die Vernehmung mehrerer von der Milizschule in Klewan entlassener Ukrainer ergab in Bezug auf die Revolutionspläne der OUN neues Material und bestätigte die Richtigkeit der früher getroffenen Feststellungen. In Kiew befinden sich z.Zt. mindestens 2 wichtige Mitglieder der OUN, von denen der eine mit dem Decknamen Saporoshetz oder Kossar angeblich für einen Ministerposten im Bandera-Staat vorgesehen sein soll. Die Beziehungen der OUN reichen in Kiew bis in die an sich von Melnik-Leuten geführte Miliz hinein. Sie waren immerhin schon so stark, daß es den Bandera-Leuten gelang, mehrfach von der Miliz festgenommene Angehörige der Partei zu befreien. Es ist gelungen, einen Teil der für diesen Zustand verantwortlichen Mittelsmänner zu erfassen. Die aus Klewan und anscheinend auch aus weiteren Stützpunkten der OUN einreisenden Bandera-Leute bedienen sich verschiedener Decknamen. So z.B. verfügte der Leiter einer Gruppe, die ausgehoben werden konnte, über 3 verschiedene Decknamen. Die Bandera-Anhänger bewegen sich sehr vorsichtig, und es ist nur bei Kenntnis ihrer Geheimparolen möglich, an die Verbindungsmänner heranzukommen. Z.T. bedienen sie sich jüngerer Leute, die gar nicht wissen, zu welchem Zweck sie ausgenützt werden. Über die Milizschule Klewan konnte folgendes in Erfahrung gebracht werden: Leiter der Schule ist entweder ein gewisser Ostap oder ein in der Schule als Instrukteur tätiger Mann namens Slawko. Ostap kennt die Verbindungsleute in Kiew und ist auch über die Parolen genauestens informiert. Er muss auch wissen, wo die für die Erhebung vorgesehenen Waffen versteckt sind und ebenso, an welchen Stellen in Klewan oder in Rowno die Druckschriften der OUN verborgen liegen. Der in Kiew festgenommene Instrukteur der Milizschule Klewan, Wassil Scherbak, gab die Namen von 13 Bandera-Anhängern an, in deren Besitz sich Waffen befinden sollen. Nach übereinstimmenden Angaben der hier festgenommenen Bandera-Leute ist ein fester Termin für den Ausbruch der geplanten Revolution nicht genannt worden. Das Signal zur Erhebung soll durch Bandera gegeben werden, mit dessen Freilassung man bei der OUN rechnet. Die Waffenbestände stammen aus aufgefundenen Lagern oder aus gefallenen Rotarmisten abgenommenen Ausrüstungen. Den von den Sowjets zurückgelassenen Waffenbeständen hat die OUN in Voraussicht der kommenden Aktion die gleiche Aufmerksamkeit gewidmet wie den Banken. Die Gelder der Banken waren nicht nur zur Finanzierung der OUN, sondern vor allem für die Kosten der Leute bestimmt, die mit und im Auslande arbeiten sollten. Hieraus erklärt sich auch die Erscheinung, daß die Bandera-Leute immer wieder versuchen, mit der kämpfenden Truppe oder gleich hinter ihr ins Land vorzustossen. Die hier festgenommenen Bandera-Leute bestätigten, daß bei Ausbruch des Aufstandes geplant war, Brückensprengungen vorzunehmen.

Das Sonderkommando 4b: Das SK 4b musste sich wiederum in seiner Tätigkeit auf die in den beim Vormarsch auf Kramatorsk berührten Ortschaften anfallende Arbeit beschränken. Nach den bisherigen Feststellungen ist in dem Gebiet des neuen Standortes mit reger Partisanentätigkeit zu rechnen. Während kommunistische Elemente in beachtlichem Umfange vorhanden zu sein scheinen, konnte im allgemeinen die Feststellung getroffen werden, dass die Juden zum grössten Teil vor Eintreffen des Kommandos die Flucht ergriffen hatten. Die Zahl der in den vom SK 4b besetzten Städten in der Gegend um Kramatorsk vorhandenen Juden wird auf nicht mehr als 1500 geschätzt. Im Zug der Überholung verdächtiger Elemente wurde der Bürgermeister von Krementschug, Senitza Werschowsky, festgenommen und erschossen. Er hatte es verstanden, seine Anordnungen vielfach im schroffen Gegensatz zu den ihm bekannten deutschen Befehlen und Wünschen zu treffen. In seiner Anordnung vom 28.9.1941 hat er die Behandlung des Judenproblems dadurch zu sabotieren gewusst, dass er eine grosse Anzahl von Juden der Taufe zuführen liess, um sie auf diese Weise der deutschen Kontrolle zu entziehen.

Das Einsatzkommando 6: Das EK 6 führte in der Zeit vom 24. bis 30.11.41 274 Erschiessungen durch. In dieser Zahl sind eingeschlossen: 19 Pol. Funktionäre, 29 Saboteure und Plünderer u. 226 Juden. Bis zum 12.11.41 erschoss das EK 6 800 von insges. 1160 Geisteskranken in der Irrenanstalt Igrin bei Dnjepropetrowsk.

Verschleppung von Volksdeutschen im Raum des EK 611: 1.) Dreieck Saporoshje–Melitopol–Mariupol: Im Dreieck Saporoshje–Melitopol–Mariupol liegen etwa 60 rein deutsche Dörfer. Ihre Einwohnerzahl betrug im Jahre 1941 mehr als 50.000. Die Sowjets waren bemüht, die Volksdeutschen restlos zu verschicken. Die Zwangsumsiedlung ist offenbar nur deswegen nicht völlig gelungen, weil die Organisation versagte und häufig die dazu notwendigen Verkehrsmittel fehlten. Die Organisation der Evakuierung oblag dem NKWD unter der Leitung von Juden. Die Umsiedlung begann bereits am 4.9.41, und zwar wurde die männliche Bevölkerung zwischen 16 und 60 Jahren aus den Dörfern Heidelberg, Grünthal, Neu-Montal und Anderberg in mehreren Abteilungen zu je 200 Mann zu Fuss in Richtung Stalino–Charkow in Marsch gesetzt. Eine kleinere Anzahl derselben Jahrgänge der Männer aus den Dörfern Friedrichsfeld, Marienheim, Alexanderheim, Reichsfeld und Kronsfeld mit insgesamt


Nr. 4: Auspeitschung im Lager Salaspils bei Riga

273 Mann wurde über Pologi und Lasowaja nach Charkow in Marsch gesetzt. Die Männer der Dörfer Neu-Nassau und Hochstedt wurden in Güterzüge verladen und in einer Stärke von etwa 7000 Mann über Woronesh und Pensa nach dem Osten abtransportiert. Ein Flüchtling aus dieser Kolonne berichtet, daß bei dem Bahnhof Mitrofanowka andere Güterzüge mit etwa 3000 Frauen und Kindern von Sowjetflugzeugen bombardiert worden sind, wobei eine große Zahl der Verschickten ums Leben kam. Auf seiner Flucht sah er in Milerowo mehrere Züge mit Volksdeutschen aus der Krim, dem Kaukasus und aus dem Bezirk von Stalino den Bahnhof passieren. In der Zeit vom 22.–25.9.41 hat man aus den Orten Tiefenbrunn, Waldorf, Karlsruhe, Kostheim und Reichsfeld in Form von Einzelvorladungen an das Kriegskommissariat insgesamt 2300 Mann „rekrutiert“ und sie über Wolnowacha nach Rostow marschieren lassen. Totale Aussiedlungen fanden erst in den Tagen vom 28.–29. Sept. 1941 statt, wobei aus den Dörfern Hochstedt, Friedrichsfeld, Rosenthal und anderen Siedlungen etwa 6000 Personen mit Güterzügen in Richtung Stalino verladen wurden. Die auf dem Bahnhof Tokmak zusammengetriebenen Bewohner der Dörfer Tiefenbrunn, Blumenthal, Tiefenhagen und Petershagen in Stärke von 2000 Personen wurden durch das schnelle Vordringen der deutschen Truppen vor dem Abtransport gerettet. Die Behandlung der Volksdeutschen war, angefangen bei der Zwangsaussiedlung aus den Wohnungen bis zu den Strapazen der Fahrt oder des Fussmarsches roh und unmenschlich. Marschverpflegung mitzunehmen wurde nur in wenigen Fällen gestattet. Die Verpflegung bestand aus Wasser und Brot. Weder auf Kranke noch auf Wöchnerinnen wurde Rücksicht genommen. Einzelne Männer unternahmen erfolgreiche Fluchtversuche, jedoch hat nur ein ganz geringer Teil davon bisher die Heimat erreichen können. 2.) Besiedlungskolonie 40 km nordwestlich Stalino: An der Strasse Stalino–Grischino etwa 40 km nordwestlich Stalino befindet sich ein aus 10 Dörfern bestehendes geschlossenes rein deutsches Siedlungsgebiet. Diese Kolonie wurde im Jahre 1884 durch Aussiedlung aus dem alten Malotschnaia-Siedlungsgebiet (südöstlich Saporoshje) auf bestem Schwarzerdeboden gegründet. Die Siedler, die die plattdeutsche Mundart ihrer holländischen Vorfahren unverfälscht bewahrt haben, bekennen sich fast ausnahmslos zur Sekte der Mennoniten, wobei jedoch die jetzige Generation den Gebrauch der Waffe nicht mehr ablehnt. Die auf günstigen natürlichen Gegebenheiten beruhende hohe Bodenkultur wurde sogar von den Sowjets erkannt. Im Jahre 1930 fasste man jeweils 3–4 Dörfer zu großen Kolchosenbetrieben von 4–5000 Hektar zusammen und zog sie als Musterbetriebe auf. Trotzdem wurde jeder Volksdeutsche von jeher als Feind des Staates angesehen. Dieser Hass steigerte sich seit dem Beginn des ersten Fünfjahresplanes (1926–1927), als die Juden sich die führenden Stellen im Staate sicherten und besonders seit der Säuberung der Partei im Jahre 1937 bis ins Unerträgliche. Am 31.8.1941 wurde der größte Teil der wehrfähigen Männer zu Schanzarbeiten 200 km nordöstlich von Kiew mobilisiert. Am 3.5.1941 [sic] wurden führende Männer der deutschen Dörfer nach Stalino gebracht und mit den dort festgenommenen Volksdeutschen erschossen. Am 5.–7.10.41 wurden mit Ausnahme von 1–2 kranken Familien sämtliche Einwohner in Güterzügen verladen, wobei als Ziel der Fahrt die Tomsker Eisenbahn angegeben wurde. Einzelne Flüchtlinge aus diesen Kolonien erzählen, daß von den 200 kg Gepäck, die pro Familie mitgenommen werden durften, sämtliche Lebensmittel auf dem Bahnhof Jasinowatowo von der Roten Armee gestohlen wurden. Die Züge passierten am 9.10.41 Woroschilowgrad. Das gesamte lebende und tote Inventar wurde verschleppt oder blindlings zerstört. Ausser einem halben Dutzend Männern je Dorf, die sich durch die Flucht der Verschleppung entziehen konnten, und ausser den zurückgebliebenen kranken Familien sind die Dörfer menschenleer. Die blinde Zerstörungswut in den Wohnungen, die selbst vor Wandbildern aus dem Familienkreise nicht Halt machte, hat hier das bolschewistische Untermenschentum deutlich gekennzeichnet.

Einsatzgruppe D: Standort Simferopol.

Am 23.11.41 gegen 16 Uhr beschossen Partisanen 9 km nordwestl. Aluschta eine Fahrzeugkolonne der Wehrmacht, die in Richtung Jalta fuhr, mit Gewehren und Granatwerfern. Die Wehrmacht hatte dabei 3 Tote und 6 Verwundete zu beklagen. Ausserdem wurden 3 Lkw so schwer beschädigt, dass sie abgeschleppt werden mussten. Als Vergeltung wurden am 24.11.32 Kommunisten und 30 Juden aus Bium-Lambat und Aluschta erschossen. Am 26.11. unternahm das in Aluschta liegende Panzerjägerbatl., verstärkt durch eine Flakabteilung und ein rum. Batl. einer Gebirgsbrigade, eine weitere Aktion gegen diese Partisanen. Das Kommando 10b hatte für diese Aktion durch seine Nachrichtentätigkeit das notwendige Erkundungsmaterial geliefert. Der Hauptsitz der Partisanengruppe wurde umstellt und angegriffen. Die Partisanen, die sich mit Gewehren und Granatwerfern verteidigten, versuchten, bei den Rumänen die Umzingelung zu durchbrechen. Einer Gruppe von etwa 200 Mann gelang es auch, über das Gebirge zu entkommen. Dabei erbeuteten diese Partisanen 2 rum. Minenwerfer. Insgesamt wurden bei dieser Aktion 60 Partisanen getötet und 20 gefangengenommen. Ausserdem wurden 3 grosse Lebensmittellager und die Lager der Partisanengruppen restlos zerstört. Die vorgefundenen Waffen und die Munition wurden unbrauchbar gemacht. Bei der Aktion ist auf deutscher Seite ein Oberfeldwebel und Zugführer gefallen, ein Leutnant und ein Schütze wurden schwer verwundet. Das rum. Bat. hatte 16 Tote, darunter 1 Offizier und 14 Verwundete. Die übrigen Einheiten hatten keine Verluste. Unter den Gefangenen befand sich ein Kurier mit einem Brief, der an Oberstleutnant Makroussow in Eskurijurt adressiert war und folgende Meldung enthielt: „Am 23.11. wurden von meiner Partisanengruppe 2 deutsche Lkw angegriffen und vernichtet. Dabei sind 11 deutsche Soldaten erschossen worden.“ Die Adressierung dieses Briefes ist eine erneute Bestätigung der Feststellung, dass Oberstleutnant Makroussow der oberste Führer der Partisanen ist und sich im Raum von Eskurijurt aufhält.

III. Reich und besetzte Gebiete:

D. Kdr. d. Sipo u.d. SD i.d. Untersteiermark meldet: Am 5.1.1942 erschienen bei einem Bauern 10 bewaffnete Kommunisten. Sie zwangen den Vater des Bauern, sie in seinem Gehöft aufzunehmen und bedrohten die Bewohner des Gehöftes mit dem Tode, falls der Versuch gemacht würde, Polizei zu verständigen. Die Banditen haben dann im Stall und in der Scheune Quartier bezogen, nachdem sie das Gehöft durch Posten gesichert hatten. Gegen Morgen zwangen die Kommunisten den Bauern, ihnen Essen zu kochen und erklärten dabei, sie hätten schon seit über 1 Woche kein warmes Essen gehabt. Als der Bauer gegen 09.00 Uhr versuchte, das Haus zu verlassen, wurde er zurückgehalten. Trotzdem gelang es ihm, einen Boten zu den Nachbarn zu schicken, welche die Polizei verständigten. Um 10.30 Uhr wurde eine Streife, bestehend aus Schutzpolizei, Gendarmerie und Staatspolizei, ausgeschickt. Die Streife wurde sofort bei ihrem Eintreffen von der Scheune aus beschossen und musste sich infolgedessen darauf beschränken, ein Entweichen der Banditen zu verhindern. Die Scheune stand frei, sodass die Banditen nach allen Richtungen schiessen konnten. Die Banditen hatten Gewehre und MG. Während der Aktion gelang es 3 Banditen, aus einem der Nebengebäude auszubrechen und in den Wald zu entkommen. Ein 4. Bandit wurde bei diesem Fluchtversuch durch einen Angehörigen der Geheimen Staatspolizei mit Maschinenpistole erschossen. Die Einsatzgruppe forderte Verstärkung an, welche um 15.00 Uhr eintraf. Auch diese Polizeikräfte wurden sofort beschossen. Ein Versuch, sich bis auf 60 man die Scheune heranzuarbeiten, musste infolge Gewehr- und MG-Beschuss aufgegeben werden. Um zu verhindern, dass die Banditen in der Dunkelheit entkommen, wurde ein Stosstrupp gebildet, dem es trotz starken Feuers gelang, sich an eines der Nebengebäude heranzuarbeiten und dieses in Brand zu stecken. Der Brand griff bald auf die von den Banditen besetzte Scheune über. Als die Scheune in Flammen stand, konnte beobachtet werden, dass die 6 eingeschlossenen Banditen ein Lied sangen. Kurz darauf hörte man mehrere Schüsse. Es muss daher angenommen werden, dass die Banditen in der brennenden Scheune Selbstmord verübten. Bei weiterer Entwicklung des Brandes hörte man aus der Scheune zahlreiche Detonationen, deren Stärke darauf schliessen lässt, dass mehrere Handgranaten und geballte Ladungen neben der sonstigen Munition explodierten. Die Sprengwirkung betrug etwa 150 m.

Eine Untersuchung des erschossenen Banditen ergab, dass es sich um einen aus Eichtal bei Trifail stammenden Kommunisten handelt. Bei einem der verbrannten Banditen konnten Dokumente gefunden werden, aus denen hervorging, dass er ebenfalls aus Eichtal stammt. Daher ist die Annahme berechtigt, dass die gemäß obiger Schilderung vernichtete Bande auch den Überfall auf das Werk Eichtal am 26.12.1941 verübt hat, bei dem 1 Werkschutzangehöriger und 2 Wehrmänner ermordet wurden. Aufgrund des Vernehmungsergebnisses der bei der letzten Aktion gegen die kommunistische Partei festgenommenen Funktionäre und Mitarbeiter wurde am 11. und 12.1.42 neuerlich eine Aktion gegen die KP in der Untersteiermark gestartet, die erfolgreich verlief. Bis jetzt wurden insgesamt über 50 Personen, die der kommunistischen Betätigung überführt oder den kommunistischen Terrorbanden als Mitglieder angehörten, festgenommen. Ein Bandenmitglied sowie ein kommunistischer Funktionär, die sich der Festnahme durch ihre Flucht entziehen wollten, wurden dabei erschossen. Unter den Festgenommenen befinden sich wiederum mehrere Funktionäre und ein praktischer Arzt, der die Bandenmitglieder ärztlich betreute. Im Zuge der Aktion wurden weitere 9 neue kommunistische Anlaufstellen bekannt und ausgehoben.

BAB, R 58/220

1 Falsch, kommissarisch geführt durch Kurt Matschke.

2 Dr. Erwin Weinmann, geb. 1909, Medizinstudium, 1931 NSDAP u. SA, Oberarzt Universitätsklinik Tübingen, 1936 SS u. zum SD-OA Südwest, 1937 Stabsfhr. SD-OA Ost, 1939 Ostubaf., 1940 Fhr. SD-LA Berlin, dann Gruppenleiter IV D im RSHA, Anfang 1942 Kdr. SK 4a, ab 1943 BdS Böhmen u. Mähren, 1944 Oberf., angeblich gest. 1945 in Prag; BAB, BDC, SSO Dr. Erwin Weinmann; BAL, ZK: Dr. Erwin Weinmann.

3 Dr. Walter Haensch, geb. 1904, Jurastudium, 1930 Referendarexamen, 1931 NSDAP, 1933 SA, 1934 Assessorexamen, 1935 zum SD-OA Elbe, 1936 SS u. als Untersuchungsfhr. zum SD-HA, 1939 Dr.jur., Stubaf. u. Referatsleiter I D 2 (SS-Dienststrafsachen) im RSHA, Anfang 1942 Kdr. SK 4b, Juni 1942 zurück zum RSHA, Juli 1943 zum Reichsbevollmächtigten in Dänemark, 1948 im Nürnberger EG-Prozeß zum Tod verurteilt, 1951 zu 15 Jahren Haft begnadigt, 1955 entlassen; BAB, BDC, SSO Dr. Walter Haensch; BAL, ZK: Dr. Walter Haensch.

4 Falsch, längst Robert Mohr.

5 Falsch, längst Dr. Werner Braune.

6 Damit wurde dieses Massaker zum dritten Mal – allerdings mit jeweils unterschiedlichen Mordziffern – erwähnt; vgl. EM 151 u. 155.

7 Charkow, die größte Stadt der Ostukraine, war zwar bereits am 23.10.1941 durch die 6. Armee eingenommen worden, hatte bislang jedoch noch keine Thematisierung in den EM gefunden. 1939 hatten die 130.200 Juden in der Stadt ein Sechstel der Gesamtbevölkerung gestellt, waren allerdings zum größten Teil im Sommer 1941 nach Osten geflohen; vgl. Dieter Pohl: Schauplatz Ukraine. Der Massenmord an den Juden im Militärverwaltungsgebiet und im Reichskommissariat 1941–1943, in: Norbert Frei/Sybille Steinbacher/Bernd C. Wagner: Ausbeutung, Vernichtung, Öffentlichkeit. Neue Studien zur nationalsozialistischen Lagerpolitik, München 2000, S. 146–149.

8 Wahrscheinlich: MG-Nester.

9 Ähnlich wie im Fall von Riga berichtete auch hier das SK 4a deutlich post festum: Bereits bei der Einnahme Charkows hatte das zuständige AK festgestellt: „Aufsässige Elemente, Saboteure u. Partisanen, die fast ausschließlich in Judenkreisen zu suchen sind, sind mit dem Tode zu bestrafen“, Gen.Kdo. LV. AK v. 23.10.1941: Richtlinien für die Behandlung der Zivilbevölkerung, BA-MA, RH 24–55/13. Vorerst allerdings mußte man sich noch in Geduld üben: „Da Juden grossenteils noch versteckt, Aktion gegen die Juden erst in einiger Zeit vorgesehen“, notierte der Ib-Offizier der 57. Inf.Div. über eine Besprechung bei der FK Charkow am 4.11., ebd., RH 26–57/113. Auch Major Rudolf Paltzo, der Ic der 6. Armee, klagte: „Festsetzen u. weitere Behandlung dieser Elemente wäre Aufgabe des SD, der aber selbst zu schwach ist u. deshalb der Unterstützung durch die Truppe bedarf“, Befehlsentwurf AOK 6/Ic/AO v. 6.11.1941, ebd., RH 20–6/494. Erst nachdem das gesamte SK 4a u. bald darauf auch die 1. Komp. des RPB 314 in Charkow angekommen waren, klang Paltzo optimistischer: Der SD plane nunmehr eine „Aktion“ gegen 30–50.000 Juden in der Stadt, von der sich die Wehrmachtsdienststellen eine Verbesserung der Bestände an Bettwäsche für die Lazarette versprächen; Bericht über die Fahrt OB AOK 6 nach Charkow am 25.11.1941, ebd., RH 20–6/143. Am 14.12. befahl der Stadtkommandant die Sammlung der Juden auf dem Gelände des örtlichen Traktorenwerkes. In einer nahegelegenen Schlucht begann einige Tage später die Erschießung der dort internierten 12–15.000 Menschen, die sich bis zum 7.1.1942 hinzog; Bericht RPB 314 v. 24.1.1942, BAB, R 2104/25; Urteil LG Darmstadt v. 29.11.1968, BAL, B 162/14.436–14.438; vgl. Andrej Angrick: Das Beispiel Charkow: Massenmord unter deutscher Besatzung, in: Christian Hartmann/Johannes Hürter/Ulrike Jureit (Hrsg.): Verbrechen der Wehrmacht. Bilanz einer Debatte, München 2005, S. 117–124; Hamburger Institut für Sozialforschung (Hrsg.): Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944, Hamburg 2002, S. 328–346.

10 Obwohl das EK 5 bereits seit Anfang Jan. 1942 aus der Aufstellung der Standorte verschwunden u. stationär geworden war, wurde hier eine abschließende Bilanz vorgelegt.

11 Vgl. Meir Buchsweiler: Volksdeutsche in der Ukraine am Vorabend und Beginn des Zweiten Weltkrieges, Gerlingen 1984.

Deutsche Berichte aus dem Osten

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